Um die Finger der Peloponnes ( 21.09. – 14.10. )

Am Montagmorgen holen wir nochmal die neuesten Wettervorhersagen ein, die aber keine großen Neuigkeiten bringen, und so lichten wir dann gegen 9 Uhr den Anker (ganz sportlich unter Segeln) und verlassen die Bucht von Portopalo am Südostzipfel Siziliens. Eigentlich sollte gleich am Vormittag ein kräftiger Westwind einsetzen, der zum Nachmittag hin dann auch bis zu Windstärke 6 erreichen soll – nun, diese Wettervorhersage geht als erstes über Bord, als wir nach kaum einer Stunde beschließen, doch den Motor anzuwerfen, um wenigstens nicht länger die Mole von Portopalo anschauen zu müssen …

Zwei Stunden später bessert sich die Lage aber etwas: Westwind kommt auf, und unter Gennaker können wir zufriedenstellende Fahrt machen. Aus den vorhergesagten 20-25 Knoten wird aber auch für den Rest des Tages nichts, aber solange wir vorwärts kommen ist ja alles gut, und so genießen wir den Nachmittag Leichtwindsegeln bei ruhiger See und strahlendem Sonnenschein.

Als die Sonne aber tief im Westen steht, sehen wir, wie sich dort dicke Gewitterwolken aufbauen, wie so häufig in letzter Zeit. Und natürlich kommen die direkt auf uns zu – also erst mal schnell den Gennaker runter. Auf dem Radar beobachten wir, wie die Gewitterzellen Jagd auf uns machen; zwei erwischen uns auch und spülen das Boot gründlich mit Süßwasser. Erst nach Mitternacht beruhigt sich das Wettergeschehen, dafür hält uns das Schiffsaufkommen auf Trab: ein unaufhörlicher Strom von Containerschiffen und Tankern hält genau auf Gegenkurs auf uns zu. Tja, alles was aus den Suezkanal kommt peilt eben auch den südlichsten Punkt Siziliens an … Dank AIS können wir meistens entscheiden wie die Passage ablaufen soll, aber in einem Fall müssen wir per UKW Kontakt aufnehmen und eine beidseitige Kursänderung nach Steuerbord vereinbaren, um nicht frontal zusammenzustoßen – was das 300-Meter-Schiff wohl weniger beeinträchtigen würde als uns …

Der Dienstag bringt zunächst Flaute, am frühen Morgen muss der Motor wieder ran; gegen 11 Uhr kommt aber Wind auf, und den Rest des Tages können wir wieder segeln. Die leichten und wechselhaften Winde bedeuten aber eine Menge Arbeit, weil wir laufend versuchen, die Segelauswahl und -stellung zu optimieren. Davon abgesehen wird es aber ein entspannter Tag – und ein besonderer ist es noch dazu, denn heute ist Äquinoktium, der Tag ist genauso lang wie die folgende Nacht; das muss selbstredend – obwohl auf See – mit einem Glas Wein zum Abendessen gewürdigt werden.

Mittwoch kommt endlich mehr Wind – und dann natürlich gleich reichlich, wie sollte es sonst sein. Es legt immer mehr zu, bis es am Nachmittag 5-6 Beaufort sind, in den Böen sehen wir auch mal die 7. Aber der Wind kommt raum, die Welle ist moderat, die Sonne strahlt – nichts vermittelt ein Schlechtwettergefühl, und das Geschehen ist im Einklang mit den über NAVTEX erhaltenen Wetterberichten, also reffen wir mal nicht und fahren mit vollem Großsegel, Kutter und Klüver, schließlich haben wir was aufzuholen. Der Stundenmittelwert der Fahrt über Grund übersteigt die 5 Knoten, erreicht die 5.5 … na da gehen doch auch 6.0! Tatsächlich, und 6.5 werden es auch noch – im Mittel, wohlgemerkt: zeitweise rauscht die ‘Orion’ mit 7.5 Knoten durchs Wasser. Das ist ungewohnt, meistens sind wir doch langsamer unterwegs, aber so macht es schon gewaltig Spaß, gerade auch wegen der großen Masse und des schlanken Rumpfes: wir haben geradezu das Gefühl das Wasser zu zerschneiden und im hohen Bogen wegzuschleudern, wenn wir in eine Welle fahren, ohne dass man auch nur die geringste Bremsbeschleunigung spürt.

Nun schmelzen die verbleibenden Seemeilen nur so dahin, der Punkt auf der Karte bewegt sich endlich; am Abend lässt der Wind etwas nach, aber über die ganze Nacht bleibt es noch brauchbar. Erst am Donnerstagmorgen ist es schlagartig vorbei: völlige Flaute. Aber wir sind kaum noch 30 Seemeilen von der griechischen Küste entfernt, und so motoren wir nochmal ein, zwei Stunden, bis wieder neuer Wind – diesmal aus Nordwest – aufkommt und uns am frühen Nachmittag (die Uhren haben wir eine Stunde vorgestellt, Griechenland liegt in der Osteuropäischen Zeitzone) nach 338 Seemeilen und 78 Stunden in die Bucht von Methoni schiebt.

Methoni

Am Donnerstagabend feiern wir noch die geglückte Überfahrt, aber ansonsten ruft erst mal die Koje; erst am Freitag erkunden wir unsere Umgebung. Wir sind am äußersten Finger der Peloponnes (Insel des Pelops, eine Sagengestalt) gelandet. Auf dieser Halbinsel liegen so geschichtsträchtige Städte wie Olympia, Sparta und Korinth – dreitausend Jahre Geschichte liegen vor uns.

In Methoni

Wir setzen mit dem Dinghi über und finden erst mal einen einladenden – und so gar nicht überlaufenen – Badestrand, der die ganze Bucht mit ihrem blaugrünen Wasser einrahmt. Dahinter ein malerischer, kleiner Ort mit so vielen gepflegten alten Häusern – hier vornehmlich aus Naturstein gebaut und nicht verputzt oder gestrichen – wie wir es sonst kaum je gesehen haben; die zahlreichen Tavernen sind äußerst einladend, und selbst das einzige als Strandhotel erkennbare Gebäude hat ganze zwei Stockwerke und ist gut anzusehen. Sind wir etwa endlich jenseits des Massentourismus angekommen?

Wir finden eine ziemlich schicke Konditorei mit unglaublich verführerischen Auslagen – natürlich ohne Preise … in Deutschland hätten wir uns kaum hineingetraut, aber hier müssen wir das Risiko ja mal eingehen, und siehe da: das Preisniveau liegt weit unter dem, was das Ambiente vermuten lässt.

Blick über Methoni, die Ankerbucht und teile der Festung
Das Zugangstor zur inneren Festung

Einzige Attraktion Methonis – wenn man den liebenswerten Ort selbst mal bei Seite lässt – ist die ausgedehnte Festungsruine auf der Südspitze der Halbinsel. Deren Anfänge liegen in unergründlicher Vergangenheit, schließlich wird Methoni schon in der Ilias erwähnt, hier verschwimmen Geschichte und Sagen; sicher ist aber, dass der Ort 620 v. Chr. unter die Herrschaft der Spartaner kam. Viel später, während des römischen Bürgerkrieges, bastelte auch mal Markus Antonius an der Anlage herum; es folgten Zeiten byzantinischer und venezianischer Herrschaft. Vor allem die Venezianer bauten die Festung stark aus – vergeblich aber, 1498 eroberten die Ottomanen Methoni. Erst 1827 wurde die Stadt in Folge des griechischen Unabhängigkeitskrieges wieder Teil des Königreichs Griechenland.

Blick von Süden auf das Seetor

Innerhalb der Festung ist nicht viel erhalten, aber die Anlage ist sehr umfangreich, es gibt viele Wälle, Türme und Mauern zu erklettern – und vor allem erlaubt sie einen hinreißenden Ausblick über die ganze Umgebung und das leuchtend blaue Meer! Wir verbringen einen schönen ersten Tag in Griechenland und nehmen einen sehr guten ersten Eindruck mit – so kann es gerne weitergehen 🙂

Nisos Sapientza

Am Samstagmorgen warten wir erst mal auf eine angekündigte Winddrehung, die uns helfen sollte, unser nächstes Ziel zu erreichen; leider bleibt diese aus: während die aktuellen Wettermodelle behaupten, dass vor Methoni Westwind weht,  haben wir merkwürdigerweise Südost … das ist wohl mehr als knapp daneben 🙂 Irgendwann verlieren wir die Geduld und beschließen, den Motor zu Hilfe zu nehmen, schließlich sind es nur 5 Seemeilen, die wir uns vorgenommen haben.

Die Ankerbucht von Sapientza, Port Longos

Gleich südlich der Bucht von Methoni liegt nämlich die Insel Sapientza, die uns schon am Donnerstag bei unserer Ankunft in Griechenland mit ihren sanften Hängen und tiefgrünen Vegetation begrüßt hat – da müssen wir doch hin! Für den Nachmittag und Abend ist auch mal wieder Starkwind angesagt, doch die Insel bietet dafür eine hervorragend geschützte Bucht – wie wir später feststellen müssen, ist der Schutz gegen Westen fast zu gut: es kommt so wenig Wind über die Berge, dass sich unser Bug eher gegen die Windrichtung nach Osten ausrichtet, was natürlich immer dann, wenn es doch mal ein 30-Knoten-Windstoß bis zu uns schafft, für etwas Verwirrung vor Anker sorgt. Problematisch ist das aber nicht, und wir genießen die völlig einsame Umgebung.

Am nächsten Morgen hat das Wetter sich beruhigt, und wir können einen Landausflug unternehmen. Die etwa 7 Kilometer lange Insel ist unbewohnt und – bis auf einen Leuchtturm – auch völlig unbebaut. Die Hügel sind von dichtem Buschwerk überzogen, alles ist sehr, sehr grün – hier regnet es offenbar doch häufiger als an unseren letzten Aufenthaltsorten. Wir erklimmen den steinigen Pfad zum Leuchtturm mit der Gewissheit, die Insel für uns zu haben (von einer Menge wilder Bergziegen mal abgesehen) – am einzigen Bootssteg liegt nur unser Dinghi.

Blick vom Leuchtturm über Sapientza

Der Leuchtturm stellt sich als aufgegeben heraus, man kann das Gebäude betreten und die Wendeltreppe erklimmen; im letzten Stück geht diese allerdings in eine Stahlkonstruktion über, der der Rost so sehr zugesetzt hat, dass wir uns ihr doch lieber nicht anvertrauen wollen … das macht aber nichts, das Panorama über Insel, Land und See von hier ist umwerfend, die Farben überwältigend – jeder Meter Kraxelei hierher hat sich gelohnt!

Koroni
Segeln bei Traumbedingungen vor Akrotirio Akritas

Kaum zurück vom Landgang, machen wir uns gleich auf den Weg, denn über Mittag soll etwas Wind aufkommen, und heute wollen wir immerhin noch 20 Seemeilen zurücklegen. Wir können noch am Anker das Groß setzen und uns vom Wind aus der Bucht wehen lassen – so fangen Segeltage schon mal gut an! Und es geht auch bestens weiter: die Sonne strahlt, das Meer glitzert dunkelblau, und wir haben schönsten Halbwind um 4 Beaufort, die ‘Orion’ zeigt sich von ihrer besten Seite – da wird auch mal der Weg zum Ziel!

Blick vom Ankerplatz auf Koroni und die Festungsmauern

Wir runden Akrotirio Akritas, den südlichsten Punkt des westlichsten ‘Fingers’ des Peloponnes, und fahren damit in den Messenischen Golf ein. Für den morgigen Montag ist eher schlechtes Wetter mit südöstlichen Winden angesagt, wofür wir am Nachmittag Schutz hinter der Landzunge von Koroni und der Hafenmole des Ortes suchen; erst mal aber genießen wir den Abend, und das schon wieder mit Blick auf die Ruinen einer (wenigstens zuletzt) venezianischen Festung: wie schon in Methoni unterhielten die Venezianer hier einen Stützpunkt, um ihre Handelsrouten nach Konstantinopel zu schützen, bis sie diesen an die Osmanen verloren.

Die Klosterkirche innerhalb der Festung

Am Dienstag ist es wie angekündigt grau und regnerisch, der Wind hält sich aber sehr in Grenzen, und wir verbringen einen ruhigen Tag vor Anker; am Mittwochmorgen aber präsentiert sich der Himmel wieder blau und sonnig, und wir setzen mit dem Dinghi über, um den Ort und die Burg – Kastro Koronis – anzuschauen. Nach einem nicht ganz unbeschwerlichen Aufstieg finden wir im Inneren der beeindruckenden Festungsmauern ausgedehnte Olivenhaine, eine Kirche mit angeschlossenem Friedhof und eine Klosteranlage; diese steht Besuchern offen (angemessene Kleidung vorausgesetzt, d.h. bedeckte Knie und Schultern), und man wird von recht betagten orthodoxen Nonnen aufs Freundlichste begrüßt (die in ihrem schwarzen Ornat offenbar keinerlei Probleme mit den Temperaturen haben). Der Klostergarten ist schön angelegt und verströmt zeitlose Ruhe, und von der Akropolis, dem höchsten Punkt der Festung, hat man einen tollen Ausblick über Koroni, den Hafen und den ganzen Messinischen Golf.

Aussicht von der Akropolis über Koroni
Petalidi
Blick vom Ankerplatz vor Petalidi auf die Berge der Mani-Halbinsel im Abendlicht

Kurz nach unserer Rückkehr an Bord frischt der Wind auf – also schnell die Segel gesetzt und hoch mit dem Anker! Bei etwas wechselhaftem aber insgesamt frischen Wind fliegt die Küste nur so vorbei, und nach gerade zwei Stunden sind wir schon am Ende des Messenischen Golfes angekommen, wo wir vor der Kleinstadt Petalidi ankern. Eigentlich wollen wir ja nach Kalamata, aber die dortige Marina verlangt ab Oktober – also übermorgen – nur noch die Hälfte, und da können wir und doch gut noch etwas gedulden 🙂 Das Wetter ist weiter herrlich, und bei Nordwestwind der Ankerplatz so sicher und ruhig, dass wir hier einen schönen Tag verbringen, den wir mit einem köstlichen Abendessen in einer kleinen Taverne abschließen.

Kalamata

Am Donnerstag den 1. Oktober legen wir die letzen 10 Seemeilen bis Kalamata zurück; es wehen gerade mal sechs bis sieben Knoten Wind, und wir befürchten schon motoren zu müssen, aber siehe da, mit dem neuen Code 0 machen wir bei völliger Abwesenheit von Welle immer noch gut 3 Knoten Fahrt – prima! In Kalamata angekommen, machen wir in der Marina fest – keine Selbstverständlichkeit, denn anders als im westlichen Mittelmeer gibt es in Griechenland nur sehr wenige Marinas, also speziell auf Sportboote ausgelegte Häfen mit entsprechender Infrastruktur. Hier werden knapp 24 Euro Liegegeld pro Nacht fällig – auch das eine andere Größenordnung als in Spanien und Italien üblich.

Der Empfang ist freundlich und unkompliziert; da wir ja nicht nach Tunesien fahren konnten brauchen wir auch dringend Diesel, und die örtliche Bootstankstelle ist seit Jahren außer Betrieb, und so fürchten wir schon Probleme – aber die gibt es nicht, der Hafenmeister zückt sein Mobiltelefon und eine Stunde später steht ein Tanklaster auf der Pier. Mit € 1,19 pro Liter kommen wir auch noch wesentlich günstiger davon als in Spanien (€ 1,40) oder Italien (€ 1,60, jeweils Bootstankstellenpreise – Aufschläge von 50% auf den Straßenpreis sind nicht ungewöhnlich), wenn auch nicht so günstig wie es in Tunesien gewesen wäre. Aber daran ist nichts zu ändern, die ‘Orion’ hat nun wieder 400 Liter Diesel im Bauch und ist damit für viele Monate gerüstet.

Detail einer der vielen orthodoxen Kirchen

Am nächsten Tag erkunden wir Kalamata; berühmt ist die Stadt für die gleichnamigen Oliven, und natürlich decken wir uns auch mit denen sowie einem 5-Liter-Kanister Olivenöl ein, Grundzutat der griechischen Küche. Obwohl die Stadt natürlich uralt ist wie alles hier, gibt es wenig historische Gebäude zu sehen – zu viel ist wohl bei diversen Kriegen und Erdbeben zerstört worden. In der jüngeren griechischen Geschichte aber hat sich Kalamata einen zentralen Platz gesichert, hier nämlich wurde am 23. März 1821 der Beginn des Unabhängigkeitskampfes gegen die türkischen Besatzer erklärt, der schließlich zu Wiedergeburt Griechenlands als selbstständiger Staat führte.

In der Altstadt von Kalamata

Wir finden eine offene, freundliche und lebendige Stadt vor, mit großzügig angelegten Hauptachsen und kleinen, hübschen Sträßchen in der Altstadt. Mit der frischen, klaren Luft aus dem umgebenden Bergen und der sehr warmen Sonne fühlt es sich eher wie Frühling als wie Herbst an – uns gefällt es hier, auch ohne großartige Attraktionen.

In der Nähe des Hafens gibt es auch richtig große Supermärkte, so dass wir auch noch mehrere Einkaufstouren unternehmen – wer weiß, wann sich solche Möglichkeiten wieder bieten …

Am Samstag verlassen wir Kalamata wieder; es weht kaum Wind, aber irgendwo viel weiter im Süden gibt es wohl welchen, weswegen ein beachtlicher Schwell von anderthalb Metern Höhe in den Messenischen Golf rollt. Schutz gegen Süd ist in dieser Bucht kaum zu finden; die Hafenmole von Koroni, unser vorletzter Stopp vor Kalamata, ist das noch das beste Angebot, und so segeln und motoren wir in sieben Stunden die 13 Seemeilen dorthin. Den ganzen Sonntag ankern wir dort bei gutem Schutz gegen den Schwell und völliger Flaute, bevor wir am Montagmorgen zur Überquerung des Meeresarms aufbrechen.

Diros
Die ‘Orion’ in der Bucht von Diros

Gegenüber liegt die Halbinsel Mani; mit ihren bis 2400 Meter hohen Gebirgszügen ist sie sehr unzugänglich, weswegen sich Fremdherrscher seit Jahrtausenden die Zähne an ihren als streitbar bekannten Bewohnern ausgebissen haben. Wirklich geschützte Ankerbuchten gibt es auch keine, zu steil fallen die Berge ins Meer ab. Nun kommt uns aber zu Gute, dass seit Tagen kein Wind weht: die See ist fast still, die Windrichtung umlaufend bei 0-5 Knoten; es nervt zwar gehörig, dass wir den größeren Teil der 24 Seemeilen langen Überfahrt motoren müssen, aber so können wir in der nach Westen völlig offenen Bucht von Diros ankern.

Hierhin zieht uns nämlich die größte Attraktion der Mani-Halbinsel: die Höhlen von Diros. Wir brauchen nur ein paar Ruderschläge mit dem Dinghi, um das Eingangsgebäude zu erreichen; um ein Ticket zu erweben, muss man dann aber dennoch 200 Meter den Berg herauflaufen …

Der Eintritt ist mit 10 Euro nicht gerade geschenkt, die Höhlen aber wirklich spektakulär: zunächst wird man mit einem kleinen Kahn einige hundert Meter durch den überfluteten Teil der Höhle gestakt, dann steigt man wieder aufs Trockene und geht den Rückweg zu Fuß. Der Weg mit dem Boot ist toll: die kühle Luft, der Geruch des Kalksteins, das völlig unbewegte, kristallklare Wasser, die Stille … und überall die tollsten Tropfsteinformationen! Schade aber, dass wir nur eine drastisch verkürzte Version zu sehen bekommen – Corona-Auflagen … weswegen es signifikant gefährlicher ist, mit der selben Anzahl (maskentragender) Menschen 20 statt 5 Minuten in dem selben Boot zu sitzen, entzieht sich – wie so oft beim Thema Corona – der spontanen Einsicht …

Tropfsteinformationen

Selbst wenn man sich für den Fußweg viel Zeit lässt, ist man aufgrund der verkürzten Bootsroute nach 20 Minuten wieder draußen – die Höhle ist zwar mit einer Gesamtlänge von über 15 Kilometern das längste Höhlensystem Griechenlands, aber nur der geringste Teil liegt über dem Meeresspiegel. Dennoch, was man zu sehen bekommt, ist toll, und die Stimmung geradezu magisch!

Ob dies der Fluss Styx sein könnte, welcher in der griechischen Mythologie in die Unterwelt, das Reich des Hades, führt? Immerhin liegt der Eingang der Sage nach auch auf dieser Halbinsel, allerdings weiter südlich. Unser Fährmann hat sich nicht vorgestellt, aber vielleicht hieß er Charon … 😉

Gerolimenas

Nach der Höhlenbesichtigung machen wir uns gegen Mittag wieder auf den Weg; es ist nicht viel Wind angesagt, deshalb nehmen wir uns mit 15 Seemeilen auch keine lange Strecke vor, aber selbst diese stellt unsere Geduld auf die Probe … wir nutzen unter Code 0 jeden Knoten Wind, aber zwischenzeitlich treiben wir sogar rückwärts wieder auf die Bucht von Diros zu. Schließlich müssen wir gegen 18 Uhr doch für die letzten Seemeilen den Motor starten, um nicht im Dunkeln ankern zu müssen.

Gerolimenas: sympathisch am Abend …

Dies erweist sich als gute Entscheidung, den der Ankerplatz vor dem kleinen Fischerdorf Gerolimenas erweist sich als recht beengt, und natürlich kommt pünktlich zur Ankunft der erste nennenswerte Wind des Tages auf; da wir alleine sind, finden wir aber einen akzeptablen Platz, wenn auch in Rufweite der Tavenas am Pier – was den Vorteil hat, dass für (durchaus geschmackvolle) musikalische Untermalung gleich gesorgt ist.

… wie am Morgen

Überhaupt überrascht uns Gerolimenas mit der Anzahl der bewirtschafteten Gebäude (die der Gesamtanzahl der Gebäude recht nahe kommt): hier, kurz vorm Ende der Mani-Halbinsel, gibt man sich einige Mühe, den Touristen diesen doch sehr abgelegenen  Ort schmackhaft zu machen, man hat sogar Scheinwerfer installiert, welche die imposante Felswand auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht anstrahlen – kein schlechter Platz, um hier am Wasser seinen Wein zu genießen.

Porto Kagio
Ákra Taínaron

Am nächsten Morgen besuchen wir noch kurz den kleinen Minimarkt, bevor wir unter Segeln den Anker lichten – es weht nämlich Wind aus der Bucht! Das Vergnügen hält aber nicht lange vor – und der kaum vorhandene Wind kommt auch noch (genau entgegengesetzt zur Vorhersage) von vorne! Wir kreuzen tapfer gegen die Flaute an, bis wir schließlich (nach 5 Stunden und ebensovielen Seemeilen) Ákra Taínaron, die südliche Spitze der Mani-Halbinsel und zugleich den südlichsten Punkt des griechischen Festlands sowie – nach dem spanischen Tarifa – das zweitsüdlichste Kap Europas (und, nicht zu vergessen, den vermeintlichen Eingang zum Hades) umrunden und damit vom Messenischen in den Lakonischen Golf wechseln. Normalerweise gilt die Rundung als nicht gerade einfach, weil die hohen Berge der Mani-Halbinsel für kräftige Winde sorgen – nun, heute scheint eine Ausnahme zu sein … wieder müssen wir den Motor zu Hilfe nehmen, um nicht vor dem Kap für die Nacht einzuparken.

Vor Porto Kagio

Nur wenig nördlich finden wir einen Ankerplatz in der Bucht von Porto Kagio; statt wie die anderen Boote vor dem kleinen Ort zu ankern, entscheiden wir uns aber für einen einsamen Strand an der Westseite. Im zweiten Anlauf hält auch der Anker, aber ein Tauchgang enthüllt die ganze Wahrheit: der vermeintliche Sand ist nackter Fels, und die Spitze des Ankers hat sich hinter einer faustgroßen Felsnase verhakt … nun ja, es gefällt uns hier, also hoffen wir darauf, dass sich der Zugwinkel der Kette nicht ändert und wir nicht mitten in der Nacht vom Ankeralarm unsanft geweckt werden 🙂

Elafonisos

Nach einer etwas angespannten Nacht – der Anker hat zwar gehalten, aber darauf zu warten, dass er es nicht tut, ist doch nicht so entspannend – brechen wir am Donnerstagmorgen zur Querung des Lakonischen Golfs auf; knapp 30 Seemeilen liegen vor uns, und heute soll es endlich mal Wind geben!

Die Ostseite von Elafonisos ist schon toll …

Den gibt es auch tatsächlich – je weiter wir uns von den schützenden Bergen der Mani-Halbinsel in unserem Rücken entfernen, desto mehr legt es zu, und entsprechend höher werden die Wellen. Aber dafür sind wir – nur unter Klüver – recht schnell, und schon gegen 15 Uhr liegt unser Ziel, die kleine Insel Elafonisos vor der Südspitze des dritten ‘Fingers’ der Peloponnes, vor uns. An ihrer Südseite finden sich zwei außerordentlich schöne Ankerbuchten, aber die inzwischen ein bis zwei Meter hohe Windsee läuft zu sehr hinein, so dass wir die Südostpitze der Insel noch runden und vorm Strand von Leukes an der Ostseite trotz 30 Knoten Wind einen ruhigen Ankerplatz finden.

… aber die Ankerbucht an der Südseite stellt das noch in den Schatten!

Auch hier ist es schon sehr schön, aber wir wollen doch auch die Doppelbucht im Süden erleben, und so verholen wir uns am nächsten Morgen, als der Westwind sich gelegt hat, drei Seemeilen zurück in die Bucht von Akra Elena. Diese kleine Halbinsel trennt einen viele Kilometer langen Sandstrand in zwei ungleiche Teile, und in der Tat ist es toll hier: das Wasser ist perfekt klar, und der endlose weiße Sandgrund lässt es in allen Blau- und Türkistönen leuchten. Herrliche Strände erstrecken sich so weit das Auge reicht, und gerade mal eine Handvoll Menschen bevölkern dieses kleine Paradies – keine Hotels, keine lärmende Musik, nichts! So etwas gibt es wohl nur noch in Griechenland: karibische Traumstrände, und niemand ist da … auch keine anderen Yachten, wir sind allein – und bleiben es die nächsten zwei Tage.

Hinreißend: die Doppelbucht im Süden von Elafonisos

Wir landen am Strand an und erwandern die Umgebung der Bucht; von der höchsten Erhebung der Halbinsel bietet sich ein unvergesslicher Anblick: Elafonisos hat sich spontan den Spitzenplatz unserer besten Ankerbuchten erobert!

Ormos Kamili

Am Sonntagmorgen verlassen wir schweren Herzens unsere Traumbucht, für die übernächste Nacht zeichnet sich nämlich ein Frontendurchzug mit Starkwind aus Süd ab, und da wäre es ganz schnell vorbei mit dem Paradies …

Akrotirio Maleas querab

Wir segeln mit noch sehr gemächlichem Wind unter Gennaker gen Osten; nach einigen Stunden runden wir Akrotirio Maleas, das Kap am Südende der Lakonischen Halbinsel – und damit sind wir nun nicht mehr im Ionischen Meer, sondern in der Ägäis! Ein tolles Gefühl, nach weit mehr als 5000 Seemeilen das (inoffizielle) Ziel im Mittelmeer erreicht zu haben 🙂

Wie so häufig frischt es direkt ums Kap etwas auf, aber das Schicksal von Odysseus, der hier auf der Heimreise von einem Sturm 9 Tage gen Süden vertrieben wurde, bleibt uns erspart; wir erreichen am Abend die wenig frequentierte Ankerbucht Ormos Kamili. Zunächst fragen wir uns, warum hier kaum jemand ankern mag, landschaftlich hat sie doch alles zu bieten; erst in der Nacht, als plötzlich Fallwinde aus den Bergen auftreten, erkennen wir ihre Nachteile: der ganze Grund besteht aus PKW-großen Felsplatten mit kaum mal einem Sandflecken dazwischen. Wir haben uns zwar alle Mühe gegeben den Anker in einem solchen zu platzieren, aber mit den einsetzenden Böen schrubbert die Kette über die Felsen, bleibt immer mal wieder in den Kanten hängen, löst sich dann schlagartig – was das Boot mit kleinen Bocksprüngen quittiert. Da der Wind auch stundenlang nicht nachlassen will und mit 5 bis 7 Windstärken auf uns einprügelt (die Wettervorhersage sprach von Windstärke 2 …), wird die Nacht (mal wieder) äußerst unergiebig.

Monemvasia

Dafür sind wir am nächsten Morgen in einer guten Startposition, um uns einen Liegeplatz im nur noch 10 Seemeilen entfernten Stadthafen von Monemvasia zu sichern, wir erwarten nämlich in Anbetracht des angesagten Frontendurchzugs noch einigen Andrang. Der Hafen bietet perfekten Schutz: stabile Betonpiers, teilweise sogar mit Strom- und Wasseranschlüssen, und ein freies WLAN gibt es auch noch – und das alles kostenlos! Unsere Begeisterung wird etwas gedämpft, als jemand auf einem Roller vorgefahren kommt und uns mitteilt, wir dürften hier auf keinen Fall längsseits liegen, nur vor Buganker und Heckleine – in Griechenland ja durchaus üblich, aber wenn 50 Knoten Seitenwind drohen keine allzugute Idee; selbst wenn noch andere Boote kommen, sollten die sich lieber hinter uns einreihen und schließlich Päckchen bilden. Ein anderer Segler rät uns aber, das zu ignorieren, das sei nur ein selbsternannter Ordnungshüter ohne jede Befugnis.. Um sicher zu gehen rufen wir bei der zuständigen Hafenbehörde an, und siehe da, wir können uns auf Englisch verständigen (undenkbar in Spanien!), und man hat auch überhaupt kein Problem mit unserem Ansinnen – warum auch, der Hafen ist halb leer und bleibt es auch zum Abend.

Monemvasia – das bedeutet ‘nur ein Zugang’ …

Die Nacht wird wie erwartet stürmisch, aber am nächsten Morgen ist die Welt wieder in Ordnung, und wir machen uns auf den Weg, das alte Monemvasia zu erkunden. Die byzantinische Gründung liegt am Hang und auf der Spitze einer steil aufragenden Insel, die mit dem Festland nur mit einer kleinen Brücke verbunden ist. Mehrere Befestigungsreihen halten unerwünschte Besucher ab, und das – aufgrund der besonderen Lage – so erfolgreich, dass der Ort als das ‘Gibraltar des Ostens’ bezeichnet wurde. Was nutzt es aber, eine kleine Festung zu halten, wenn alles drumherum erobert ist – und so durchlief auch Monemvasia die üblichen Phasen osmanischer und venezianischer Herrschaft.

Die Unterstadt ist heute ein wirklich sehenswertes Touristenziel …

Nach der griechischen Unabhängigkeit 1821 wurde der Ort nach und nach verlassen – was den großen Vorteil mit sich bringt, dass bis zu seiner touristischen ‘Wiederentdeckung’ praktisch nichts verändert worden ist. Die von steilen Mauern geschützte Unterstadt ist ein Gewirr winziger Gassen zwischen den völlig unregelmäßig in den steilen Hang gebauten Häusern, von denen viele liebevoll restauriert sind und Cafés, Restaurants und kleine Hotels beherbergen.

… der Weg auf die Festung beschwerlich …

Eine endlose Treppe führt ganz hinauf in die eigentliche Festung; hier ist viel mehr verfallen, aber dennoch bekommt man noch einen guten Eindruck von der ursprünglichen Anlage – und die Ausblicke von hier oben sind begeisternd! Leicht kann man sich beim Blick herab auf die steile, gewundene Treppe vorstellen, dass dieser Ort praktisch uneinnehmbar war – und die Bewohner ziemlich sportlich, denn schließlich musste ja auch alles und jedes hier heraufgeschleppt werden!