Nördliche Sporaden (17.06. – 07.07.)

Skyros / Ormos Renes
Skyros voraus!

Nachdem uns am Ende der Kaphireas-Straße der Wind verlassen hat, motoren wir die ganze Nacht gen Norden über die spiegelglatte See; etwa 60 Seemeilen sind es bis Skyros, der südlichsten Insel der Nördlichen Sporaden. Mit Sonnenaufgang zeichnet sich die Insel mit ihren sanft geschwungenen Formen am Horizont ab; beim Näherkommen sehen wir Büsche und Bäume – aber keinerlei Straßen oder Häuser. Dafür riechen wir etwas: der Rest des nächtlichen Landwindes weht uns einen intensiven Kräuterduft entgegen! Aber über zwei Seemeilen, das kann doch eigentlich gar nicht sein …

Ormos Renes, der Kräutergarten von Skyros

Doch als wir in der einsamen und wild-romantischen Bucht Ormos Renes den Anker geworfen haben, erkennen wir die Ursache: die gesamten umgebenden Hügel sind mit Thymian- und Salbeipflanzen bedeckt! Nicht hier und da eine, wie es hier ja häufig vorkommt, sondern wirklich Abertausende, mehrere Quadratkilometer Kräutergarten! Als dann auch noch wilde Ponys am Strand auftauchen, sind wir endgültig überzeugt, den richtigen Ankerplatz ausgesucht zu haben 🙂

Pinien und Olivenbäume bestimmen die Landschaft

Wir erholen uns von der schlaflosen Nacht beim Schnorcheln, Sonnenbaden und Grillen; und auch den folgenden Tag bleiben wir gerne noch hier und unternehmen eine mehrstündige Wanderung durch die Umgebung (wobei wir feststellen, dass die Kräuterdichte langsam auf ein ‘normales’ Niveau absinkt – so extrem ist es nur um unsere Bucht herum; zahllose Bienenvölker wissen das ebenfalls zu schätzen, rundherum summt es überall).

Am Abend gibt es leider noch eine unschöne Überraschung, die so gar nicht zum gelungenen Tag passen will: die Bordtoilette versagt den Dienst. Bis zwei Uhr in der Nacht dauern die Reparaturarbeiten an, in deren Verlauf sich herausstellt, dass die Toilette selbst unschuldig ist, im Zweiwegehahn vorm Abwassertank lag eine Verstopfung vor – nun, wenn man Segler so erzählen hört, muss wohl jeder mal durch diese berühmt-berüchtigte Reparatur durch …

Skyros / Linaria

Am Samstag sind wir also schon wieder etwas übernächtigt, als wir nach 10 Seemeilen Motorfahrt (der Wind scheint sich in dieser Gegend nicht mehr blicken lassen zu wollen) die Marina von Linaria erreichen; über diese haben wir aus diversen Quellen nur das Allerbeste gehört, es sei die bestgeführte Marina Griechenlands.

Der Hafen von Linaria

Wir haben nun bislang nur Kalamata zum Vergleich (Marinas in unserem Sinne gibt es ja hier nicht gerade an jeder Ecke), können aber den Eindruck schnell nachvollziehen: der Hafen ist klein und von einem sehr hübschen Örtchen mit Cafés und Restaurants (aber ohne lärmende Partyschuppen!) umgeben, der Hafenmeister ist äußerst nett und hilfsbereit, es gibt Duschen (allein schon bemerkenswert genug!), und deren Zustand ist äußerst landesuntypisch: voll funktionsfähig, perfekt und ansprechend gefliest, und das Wasser fließt dahin ab wo es hingehört 😉 Zwischen 19 und 20 Uhr gibt es ein besonderes Erlebnis: Licht aus, Diskokugel an, und 80er-Jahre-Hits aus der Musikanlage – klingt schräg, ist es auch, aber total nett und lustig! Und das Gesamtpaket gibt es inklusive Strom, Wasser und WLAN für knapp 19 Euro pro Tag – bezieht man das Preis/Leistungs-Verhältnis mit ein, würden wir auch von der besten Marina des Mittelmeers sprechen!

Überhaupt hat man hier einen Sinn für schrägen Humor: wenn sich die (im Besitz der Inselgemeinde befindliche) Fähre nähert, schallen dramatische Fanfaren von Richard Strauss (den meisten aus Stanley Kubricks Film ‘2001’ bekannt) aus den Lautsprechern … wir amüsieren uns köstlich!

Das Kastro von Skyros – und da sollen wir hoch?

Am Sonntag wollten wir gerne die Insel mit dem Mietwagen erkunden, doch leider ist bei allen 6 Autovermietungen nichts mehr zu bekommen: es ist Pfingsten (orthodoxer Kalender!), und da platzt die Insel vor griechischen Besuchern aus allen Nähten. Also machen wir uns mit dem Fahrrad auf den Weg in die 10 Kilometer entfernte Chora – bergauf und bergab unter sengender Sonne!

Aber die Aussicht belohnt für die Mühe!

Aber der Ausflug lohnt sich, die weißen Häuser mit ihren zum Teil winzigen Treppen und Gassen, die sich die steilen Hänge des Burgbergs heraufziehen, sind wirklich ein Erlebnis, und vom Kastro aus hat man eine überwältigende Aussicht über den Ort, die Berge und die Nordküste der Insel – nachdem man wieder zu Atem gekommen ist nach dem Aufstieg …

In der Chora …

In den breiteren Straßen der Altstadt, in denen sich auch die Geschäfte und die Gastronomie befinden, ist auch entsprechend viel los – aber unangenehm voll ist es noch nicht, und sobald man in die Seitenstraßen geht (speziell bergauf!) ist man schnell allein; auch bis hoch auf die Burg verlaufen sich nur wenige Touristen.

… ist eine Ecke schöner als die andere

Wir freuen uns jedenfalls, die Strapazen der Radtour auf uns genommen zu haben, können auch in den kleinen Geschäften noch frisches Obst erstehen und erholen uns in einem reizenden Café bei einem Freddo Cappuccino, dem griechischen Sommergetränk Nr. 1. Gerne wären wir auch noch in die Bergregionen gefahren, aber mit dem Fahrrad ist das einfach keine Option kurz vor der Sommersonnenwende: zwar erreicht die Sonne hier ‘nur’ eine Mittagshöhe von etwa 75°, aber das fühlt sich schon ganz schön senkrecht an!

Skyros / Paralia Pevkos

Da sich auch am Montag keine Entspannung an der Mietwagenfront abzeichnet und uns die Nächte im – ja ansonsten ganz tollen! – Hafen von Linaria zu stickig sind, verholen wir uns drei Seemeilen vor den nächsten Strand zum Ankern – wieder unter Motor, es will einfach kein Wind aufkommen.

Schön grün: Paralia Pevkos

Der Strand vom Pevkos ist etwas abgelegen, dementsprechend selbst am Feiertag nicht sehr überlaufen; es gibt eine Taverna und ein Café, einige Sonnenschirme mit Liegen, und das war’s – abgesehen von der herrlich grünen Umgebung! Endlich mal wieder Bäume – die umgebenden Hügel sind saftig grün, mit pinkfarbenen Oleanderflecken durchsetzt, und bilden einen reizvollen Farbkontrast zu den beige-rot-braunen Felsen. Das Wasser geht auf 28 Grad, und ist bei doch ziemlicher Hitze der vorzuziehende Aufenthaltsort; hier warten wir erst mal auf Wind …

Ab Dienstag leistet uns dabei die ‘Aino’ aus Finnland Gesellschaft, die wir schon auf Andros kennengelernt haben; wir verbringen nette Stunden miteinander und warten ansonsten auf Wind und Abkühlung – beides vergeblich. Am Freitag gibt die ‘Aino’ auf und verlässt Skyros unter Motor; wir haben noch genug von der letzten langen Motorfahrt und wollen weiter abwarten, verholen uns aber noch einmal in den netten Hafen von Linaria, um Einkäufe zu ergänzen – wenn es doch nur nicht so heiß wäre, es wird mit jedem Tag schlimmer, mittlerweile sind es am Abend fast 38 Grad unter Deck, und bei völliger Flaute ist es unmöglich, in der Nacht einen nennenswerten Luftaustausch zu erzielen – das macht keinen Spaß!

Skyros / Ormos Oros

Ab Samstag ist eine langsame Windzunahme angekündigt; wir visieren den Montag zum endgültigen Verlassen von Skyros an und wollen und bis dahin in kleinen Schritten von Ankerbucht zu Ankerbucht vorarbeiten. Nach dem Verlassen des Hafens weht es tatsächlich mit rund 10 Knoten – nicht viel, aber nach den letzten 10 Tagen schon eine Sensation! Natürlich exakt auf die Nase, aber es ist ja nicht weit, also beschließen wir zu kreuzen; leider dreht der Wind in den kommenden drei Stunden langsam mit, so dass wir unserem Ziel noch nicht ernsthaft nähergekommen sind, als urplötzlich der Wind auf mittlere 25 bis 30 Knoten auffrischt – damit hat nun niemand gerechnet! Das Boot ist nach ewigem Flautengedümpel nicht unbedingt auf 7 bis 8 Windstärken eingerichtet (vorsichtig ausgedrückt …), uns fliegen alle möglichen Dinge um die Ohren, und so starten wir doch den Motor und stampfen die letzten zwei Seemeilen im Schneckentempo gegen die plötzlich aufgewühlte See – das hätten wir auch drei Stunden früher bei viel weniger Wind mit deutlich mehr Fahrt haben können!

So viel Grün haben wir lange nicht gesehen: Ormos Oros

So erreichen wir das eigentlich nur 5 Seemeilen entfernte Ziel Ormos Oros an der Nordwestküste von Skyros nach gut 11 Seemeilen Fahrt in vier Stunden, von denen anderthalb der Motor lief – eine desaströse Bilanz für den ersten Segeltag seit langem! Aber unser Ankerplatz tröstet uns darüber hinweg: hier wächst üppiger Wald, hohe Klippen ragen aus türkisblauem Wasser, Marmorfelsen leuchten blendend weiß aus dem satten Grün – und das völlig ohne Straßenzugang und Spuren menschlichen Wirkens! Ein ganz toller Ankerplatz, der auch so guten Schutz vor dem unverändert blasenden Starkwind bietet, dass sich unmittelbar unter den Klippen die Windrichtung umkehrt und eine sanfte Brise in die Bucht hineinweht. Wir sind froh, diese Bucht nicht verpasst zu haben!

Skyros / Skyropoula

Sonntag geht es wieder ein kleines Stück weiter: 6 Seemeilen sind es bis zu der vorgelagerten Insel Skyropoula. Diesmal klappt es besser mit dem Segeln: wir können unter Klüver den Anker lichten und die ganze Strecke bis zum Einlaufen in die angepeilte Bucht bei 12 bis 15 Knoten halbem Wind auch nur unter Vorsegel zurücklegen – bequem und dennoch halbwegs zügig. Aus der Nähe erweist sich auch das aus größerer Entfernung recht felsig wirkende Skyropoula als recht grün, auch wenn es hier eher Buschwerk als Bäume gibt. Aber dann der Blick in die Bucht: endlos viel rein weißer Sandgrund, der dem Wasser eine hinreißende Farbe verleiht!

Schorchelparadies: die Bucht Limani auf Skyropoula

Die Ufer bestehen aus stark zerklüfteten Felsen – ein Paradies zum Schnorcheln, wie wir wenig später feststellen dürfen: viele bunte Fische beleben die bizarr geformte Unterwasserwelt, zahllose Seeigel bewohnen die Unterwasserhänge; und auf einem kleinen Stück tief in der Bucht weichen sogar die Felsen zurück und der feine Sandgrund reicht bis zum Strand. Schon die zweite Ankerbucht in Folge ein Volltreffer!

Die Sonne brennt zwar  unverändert unbarmherzig vom Himmel, aber der leichte Wind hält sich den ganzen Tag und macht das Leben etwas erträglicher – wenigstens geht Luft durchs Boot …

Skantzoura / Prasso

Am Montagmorgen verlassen wir den Skyros-Archipel, nachdem wir seit 10 Tagen dem dafür angekündigten Wind entgegengesehen haben. Aber die Realität bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück: statt der angekündigten 9 Knoten Nord gibt es 5 Knoten Nordwest – also zu wenig und auch noch genau gegenan! Natürlich kreuzen wir tapfer auf; als wir aber nach 6 Stunden auf See ganze 7 Seemeilen in die richtige Richtung gutgemacht haben, müssen wir einsehen, dass es so nicht weitergehen kann – bis Alonnisos sind es noch 25 Seemeilen … also muss schon wieder der Motor ran.

Abendstimmung auf Skantzoura

Weitere drei Stunden später sind wir vom Lärm so zermürbt, dass wir beschließen, eine Übernachtung auf der Skantzoura-Inselgruppe einzulegen; diese gehört zu einem Naturschutzgebiet, und eigentlich ist Ankern dort nur tagsüber erlaubt. Da wir aber gründlich die Nase voll vom Motoren haben und außerdem den Sinn dieser Einschränkung nicht wirklich erkennen können, beschließen wir, erst mal bis Sonnenuntergang zu ankern und zu sehen, ob uns jemand vertreiben kommt – was natürlich nicht der Fall ist. Wir verbringen also eine ruhige Nacht vor dem Inselchen Prasso und brechen gleich am nächsten Morgen wieder auf.

Alonnisos / Marpounda

Endlich meint es der Wind etwas besser mit uns: zwar ist er mit 6 bis 8 Knoten immer noch recht schwach, aber er weht halbwegs beständig und kommt aus Nordost (wie es hier eigentlich vollkommen normal ist). Außerdem gibt es praktisch keinen Schwell, so dass selbst mit dem wenigen Wind der Gennaker problemlos steht und wir zwei bis drei Konten Fahrt machen können – nicht schnell, aber wunderschön ruhig und entspannt!

Sehr entspannt geht es nach Alonnisos

So kommt man auch zum Ziel, und gegen Mittag liegt die Passage zwischen den Inseln Skopelos und Alonnisos vor uns. Gleich hinter der Südwestspitze von Alonnisos finden wir einen hübschen Ankerplatz direkt an einer farbenprächtigen Steilküste mit einem kleinen Strand davor und weißen Ferienhäusern zwischen den Bäumen – wir fühlen uns etwas an die Algarve erinnert. Das Wasser hat 29 Grad, und – wie eigentlich inzwischen jeden Tag – springen wir erst mal herein. Die felsigen Ufer bieten reichlich Lebensraum für Fische, wir schwimmen inmitten von Schwärmen hunderter Minifische, und in größerer Tiefe stehen auch zahlreiche größere Exemplare; nur wie wir die auf unseren Teller bekommen sollen wissen wir leider nicht …

Ankern, wo andere Urlaub machen: Marpunda / Alonnisos
Skopelos

Am letzten Tag des Monats Juni verlassen wir Alonnisos auch schon wieder – aber nur vorübergehend; wir wollen und die westliche Nachbarinsel Skopelos anschauen, und da zum Wochenende Westwind angesagt ist, sollten wir vorher dort hinsegeln, um dann mit Rückenwind nach Alonnisos zurückkehren zu können.

Einladend: Skopelos begrüßt seine Gäste

Eigentlich verspricht die Wettervorhersage auch für den Hinweg noch schwachen Rückenwind, praktisch ist es aber sehr schwacher Gegenwind, so dass wir zwar noch unter Segeln den Anker aufholen können, aber nach einer guten halben Stunde aufgeben und den Motor starten müssen. Wenigstens ist es nicht weit, nach 6 Seemeilen laufen wir in den geräumigen Hafen des Hauptortes von Skopelos ein, der praktischerweise genauso heißt. Der Anblick von See ist einladend: zwischen grünen Bergflanken schmiegen sich die weißen Häuser des Ortes an die Hänge über dem Hafen. Platz genug gibt es auch – allerdings ist es gut, dass wir so früh sind, später am Tag wird sich der Hafen mit einer Unmenge riesiger Charteryachten füllen.

Lichte Wälder lassen einen in der Hitze durchatmen

Für den Donnerstag mieten wir uns ein Auto – um die Insel zu erkunden natürlich, aber der Nebeneffekt, einige Stunden die Klimanlage genießen zu dürfen, spielt auch eine gewisse Rolle; es ist einfach unerträglich heiß (der sehr nette junge Mann von der Autovermietung bestätigt einmal mehr: nein, normal ist das nicht, selbst im August wäre das noch außergewöhnlich, so heiß wird es normalerweise nicht – da haben wir ja mal wieder richtig Glück gehabt!). Verfahren kann man sich schwerlich, es gibt nur eine Hauptstraße, die die verschiedenen kleineren Orte der Insel verbindet.

Postkartenmotiv: Küste bei Amarandos

Wir sind zunächst einmal begeistert von den waldigen Bergen, durch die wir fahren: so einen richtigen Wald haben wir lange nicht gesehen! Einigen Stichstraßen folgen wir zu besonders spektakulären Küstenlandschaften, Stränden oder Sehenswürdigkeiten – dazu ist anzumerken, dass auf Skopelos 2008 Teile des Musicalfilms ‘Mamma Mia!’ gedreht wurden, und diese Drehorte üben offenbar eine gewaltige Anziehungskraft auf internationale Besucher aus; an der Kapelle Agios Ioannis ist es noch nicht einmal mehr möglich, einen Parkplatz zu finden.

Toll gelegen, aber zu voll: Agios Ioannis

Wir machen fortan einen Bogen um diese Rummelplätze und genießen die 99% der Insel, die still und beschaulich sind – und ebenso schön. Besonders die Wälder haben es uns angetan; nahe des nördlichen Inselendes lassen wir das Auto stehen und wandern eine Stunde einen Küstenweg entlang zum Leuchtturm von Gourdouni, immer abwechselnd durch Wald und offene Abschnitte – mit dem leichten Seewind lassen sich auch diese aushalten.

In Loutraki

Auch die Dörfer sind sehenswert; wir besuchen Glossa und Loutraki, wo wir uns in einem netten Café erholen. Dort kommt ein Polizist an unseren Tisch und bittet sehr freundlich darum, das Auto umzuparken – wir haben ein gut verstecktes Halteverbotsschild übersehen; der Beamte entschuldigt sich fast dafür, dass es da steht. In Deutschland hätte man das Problem mit einem Strafzettel gelöst …

In der Chora

Die Altstadt des Hauptortes besticht wie üblich durch schattige Gassen und weiße Häuser mit überquellender Blütenpracht. Bei den herrschenden Temperaturen zeigen sich die Vorteile dieser Architektur: zwischen den Häusern ist es vergleichsweise kühl, und es geht immer ein leichter Windhauch. Ganz anders an Bord: am Abend sind es 40 Grad unter Deck, und auch als gegen Mitternacht endlich der angekündigte Westwind einsetzt, gibt es eher eine böse Überraschung: dieser ist noch heißer, die Temperaturen steigen wieder! Völlig absurd, um zwei Uhr in der Nacht in kräftigem Wind von 20 Knoten zu stehen, der glühend heiß aus einem riesigen Fön zu kommen scheint …

Alonnisos / Chrisi Milia

Völlig übernächtigt verlassen wir am frühen Freitagmorgen den Hafen von Skopelos – es soll am Vormittag noch etwas Nordwestwind geben, und den wollen wir nutzen.

Abwechslung am Ankerplatz: weiße Klippen vor Chrisi Milia, …

Tatsächlich weht auch eine leichte Brise, die sich in der Passage zwischen den Inseln sogar noch etwas verstärkt. Da wir nicht weit kommen müssen, können wir nur unter Klüver langsam dahingleiten, bis wir gegen Mittag nach 10 Seemeilen unser Ziel erreichen, die Ankerbucht vor Chrisi Milia auf Alonnisos. Diese ist von weißen Klippen umgeben, an deren Saum es sich hervorragend schnorcheln lässt – und das Wasser ist erfreulicherweise ‘nur’ 28 Grad warm, so dass man sich sogar etwas darin abkühlen kann 🙂

Alonnisos / Kokkinokastro

In der Nacht ziehen Gewitter über die nördliche Ägäis; wir bekommen davon auf Alonnisos nichts mit, aber die Luft kühlt sich etwas ab – welch unbeschreibliche Wohltat! Erstmals seit Wochen können wir eine Nacht richtig schlafen – leider ist aber laut Wettervorhersage das Vergnügen nicht von Dauer, die nächsten Nächte sollen schon wieder stetig wärmer werden.

… rote Klippen vor Kokkinokastro, …

Wir beschließen, den Tag zur Erholung zu nutzen, und fahren nur eine Viertelstunde unter Motor um die Ecke in die übernächste Ankerbucht (ja, kein Tippfehler: auf einer Strecke von 1.2 Seemeilen haben wir eine weitere Ankermöglichkeit auf ausgedehnten Sandflächen vor langem Strand links liegen lassen), um eine etwas andere Aussicht genießen zu können: hier sind die Klippen rot! Abgesehen davon ist das Programm identisch: schwimmen, schnorcheln, gekühlte Melone essen, und ansonsten vor der Sonne verstecken so gut es eben geht …

Peristera / Paralia Vasiliko
… und auf Peristera alles im grünen Bereich

Sonntag kommt tatsächlich ein wenig Wind auf; diesen lassen wir nicht ungenutzt, und segeln die beeindruckende Strecke von 5 Seemeilen auf die direkt östlich von Alonnisos liegende Insel Peristera. Der Ankerplatz vorm kleinen Strand von Vasiliko hat relativ tiefes Wasser, wir müssen auf fast 15 Metern Tiefe ankern, da der einzige Platz näher am Strand bereits von einem Motorboot besetzt ist; das hat den Nachteil, dass man beim Schnorcheln den Grund kaum mehr erkennen kann, halten tut das Grundgeschirr aber auch hier bestens. Am Nachmittag füllt sich die Bucht weiter: zwei Segler und zwei Charterkatamarane leisten uns Gesellschaft. So voll haben wir es ja schon lange nicht mehr erlebt! Aber es sind ruhige Zeitgenossen, und so verbringen wir einen entspannten Abend in grüner Umgebung.

Alonnisos / Steni Vala

Am Montag hat es sich mit dem Wind wieder völlig erledigt; das ist uns aber mal ganz recht so, denn unser Tagesziel liegt nur gut zwei Seemeilen entfernt genau gegenüber auf Alonnisos, und gilt als ziemlich problematisch in der Ansteuerung, da möchten wir nicht bei viel Wind reinfahren: der kleine Fischerhafen von Steni Vala hat vorm Kai nur sehr unzureichende Wassertiefen. Die großen Charterboote, die hier mit Buganker und Heck voraus anlegen, müssen mindestens zwei Meter vorm Ufer aufstoppen, sonst bohrt sich die empfindliche Ruderanlage in die Felsen; ein unmögliches Manöver, wenn nicht jemand an Land die Leinen fängt, denn springen kann so weit niemand.

Der nette, aber nicht sehr tiefe Fischerhafen von Steni Vala

Wir sind sehr froh um die klassische (um das Wort ‘altmodisch’ zu vermeiden) Rumpfform der ‘Orion’ und ihre Skandinavienausrüstung: völlig entspannt lassen wir den Heckanker fallen und schieben den endlos langen Bug bis über die Kaimauer. So ein undramatisches Anlegemanöver sieht man hier nicht alle Tage – wer weiß, wie viele Kautionen dieser Hafen schon gekostet hat!

Der winzige Ort besteht nur aus ein paar Cafés und Restaurants, die sich auch auf die Versorgung von Seglern spezialisiert haben: es gibt einen gut sortierten Supermarkt, und man kann sich an eine garantiert nicht VDE-konforme Elektroinstallation anstöpseln sowie Wasser aus dem Schlauch nehmen, wenn man bei dem Lokal, vor dem man angelegt hat, einkehrt – eine gute Regelung, finden wir!

Kyra Panagia / Agios Petros

Am Dienstagmorgen verlassen wir aus Steni Vala, nachdem wir noch etwas Hafenkino genießen durften: die große Charteryacht rechts neben uns holt zusammen mit ihrem Anker gleich auch den unseres linken Nachbarn hoch – sehr zu dessen Begeisterung, versteht sich. Das kann passieren, wenn es so eng ist – befremdlicher ist, wie ungeschickt sich die vielköpfige Crew anschickt, die fremde Kette von der eigenen Fluke herunterzuziehen; das dauert locker 10 Minuten, während dessen unser Nachbar keinen Halt gegen die Kaimauer hat … gut, dass es nicht windig ist.

Wir segeln im Sund zwischen Alonnisos und Peristeri gen Nordosten zur gut 10 Seemeilen entfernten Insel Kyra Panagia; diese ist unbewohnt und gehört zur Schutzzone A des Alonnisos Marine Park, wie auch schon Skantzoura; im Unterschied zur letzteren Insel darf man hier aber über Nacht ankern. Der hier vorkommenden Mönchsrobbe begegnen wir leider nicht, wohl aber finden wir eine traumhaft schöne Ankerbucht, ganz geschlossen mit einem kleinen Inselchen in der Einfahrt, reinem weißen Sandgrund und 5 bis 6 Meter türkisfarbenem Wasser darüber – und vielen andere Yachten, die sich das auch anschauen wollen. An Land darf man nicht, aus Naturschutzgründen, wohl aber stundenlang mit dem Jetski durchs Ankerfeld düsen – das verstehe, wer will.

Agios Petros auf Kyra Panagia: nach Abzug der Jetskis eine wahre Idylle
Kyra Panagia / Ormos Planitis

Bevor wir Kyra Panagia und damit die Nördlichen Sporaden verlassen, wollen wir uns noch die zweite Ankerbucht im Norden anschauen; Wind gibt es keinen, also motoren wir einmal um die Insel herum. Dies gestaltet sich kurzweiliger als gedacht, die zerklüftete Felsenküste mit ihren zahlreichen Aushöhlungen bietet viel zu sehen.

Die zerklüftete Küste Kyra Panagias

Nach anderthalb Stunden erreichen wir die ausgedehnte Bucht Ormos Planitis, welche durch eine schmale und nur wenige Meter tiefe Einfahrt von der See getrennt ist; dahinter öffnet sich eine ausgedehnte Wasserfläche mit angenehmen Wassertiefen und gutem Halt auf schlammigem Grund – hier können dutzende Yachten Schutz finden. Wir sind ein wenig an die Bucht Vathy auf Astypalaia erinnert, in der wir im Winter einige Male Zuflucht gesucht haben; auch diese vertieft sich nach einer flachen Durchfahrt und weist durch die Kesselform eine ähnliche Bodenbeschaffenheit auf, ebenso wie eine milchig-türkise Farbe des Wassers – das ist zwar zum Schnorcheln nicht so spannend, aber im strahlenden Sonnenschein ein toller Anblick. Da Ormos Planitis aber eine unregelmäßigere Form hat und damit für jede Windrichtung das ideale Fleckchen bereit hält, ist sie unser neuer Spitzenreiter auf der Liste der natürlichen Sturmzufluchten 🙂

Platz für alle: Ormos Planitis

Auch hier leiten uns einige andere Yachten Gesellschaft, aber bei den Ausmaßen der Bucht fühlt es sich nicht voll an; vielleicht schreckt der Ort auch ein bestimmtes Publikum ab, es gibt nämlich absolut keinen Mobilfunkempfang 😉 Wir verbringen einen entpannten Nachmittag mit dem üblichen Abkühlungsprogramm und ohne Jetski, sowie eine ruhige, wenn auch etwas kurze Nacht – am nächsten Morgen wollen wir nämlich früh aufbrechen und Richtung Chalkidiki segeln, es ist tatsächlich endlich etwas Wind angesagt!