Vlieland und Groningen (10.09.-17.09.)

Den nächsten Tag verbringen wir ganz gemütlich an Bord, weil das Wetter nicht zu Aktivitäten einlädt, aber am Tag drauf können die Fahrräder endlich wieder zum Einsatz kommen und wir erkunden die Insel. Viel Neues gibt es nicht zu entdecken denn dafür waren wir schon zu oft hier, aber immer wieder schön ist es definitiv. Da Vlieland recht klein ist, kann man auch zu Fuß ganz gut losziehen und natürlich nutzen wir auch diese Gelegenheit, streifen durch die Dünen, lassen uns am Strand den Wind um die Nase wehen und stärken uns im kleinen und immer wieder reizenden Ort mit Kibbeling von der Fischbude. Bei unseren Touren über die Insel fallen uns auch immer wieder Schilder in der Landschaft auf, die die Erntesaison für die Cranberries in wenigen Tagen ankündigen. Ja, ganz recht: Cranberries. Eigentlich sind diese Beeren ja auf der anderen Seite des Atlantiks heimisch, haben sich aber auf Vlieland und Terschelling irgendwann angesiedelt und wachsen nun in nicht kleiner Zahl überall auf den Inseln und gedeihen wohl recht prächtig. So ist es tatsächlich authentisch und nicht etwa nur einem Trend zuzuschreiben, dass man auf beiden Inseln immer wieder Cranberryspezialitäten aller Sorten (Marmeladen, Liköre, Cremes, Tees
etc.) angeboten bekommt und selbst der typisch holländische Apfelkuchen mit Cranberrysoße serviert wird.

Reiche Beute

Wir sind von der Vorstellung recht angetan, selbst Cranberries ernten zu können und so steht der Plan sehr schnell, dass wir mindestens bis zum Beginn der offiziellen Erntefreigabe bleiben werden. Bis dahin verbringen wir schöne und schön unspektakuläre Tage auf der Insel und lassen es uns einfach gut gehen. Und am 13. September ist es dann soweit: die Jagd ist eröffnet. Wir ziehen bei herrlichstem Wetter los und und suchen uns ein schönes Eckchen zum Pflücken … und dann geht es los: die Beeren wachsen im offenen, sandigen Land zwischen den alten Dünen ganz flach am Boden und sitzen in großer Zahl an den Sträuchern. Und so ist es fast wie im Schlaraffenland und wir können die reiche Beute ganz entspannt sammeln, während uns ein lauer Wind um die Nase weht und die Sonne für perfekte Temperaturen sorgt – und das ganz ohne gebücktes Kriechen, Zecken oder Mücken. In kurzer Zeit haben wir mehrere Kilo zusammen und zwingen uns zum Aufhören, denn verbrauchen müssen wir die Schätzchen ja schließlich auch noch!

Der Abend bringt ein weiteres Highlight in Form eines kleinen Konzertes (Klavier und Geige) in der örtlichen Kirche, das ein junges japanisch-chinesisches Ehepaar wohl in regelmäßigen Abständen gibt. Sie haben sich – wen überrascht’s – in Vlieland verliebt und kommen immer wieder zurück. Die Stimmung in der Kirche ist wunderschön und wir freuen uns über den rundum gelungenen Tag.

Nun muss es aber so langsam wieder weitergehen mit uns, denn zurückkommen müssen wir ja schließlich auch noch. Und so brechen wir am 15. September wieder auf und machen uns auf den Weg nach Westen. Diesmal wollen wir für den Rückweg etwas Neues ausprobieren und werden in Lauwersoog einschleusen, um den Rest des Rückweges binnen zurückzulegen. Wir sind uns noch nicht so sicher, wie das mit unserem Tiefgang von 2 m so passen wird, aber laut Infos und Karten müsste dieser Teil der Stehenden-Mast-Route für uns passierbar sein. Nun, wir sind gespannt!

Bis Lauwersoog ist es mit über 60 NM recht weit, so dass die Planung durchaus knapp ist. Da wir allerdings kaum Gegenwind haben, kommen wir unter Motor schon am Nachmittag in Lauwersoog an, können gleich einschleusen und uns noch im Lauwersmeer ein Plätzchen zum Übernachten suchen. Dabei machen wir eine sehr lehrreiche Erfahrung: der Schlamm hier ist völlig anders als wir es aus der Ems gewohnt sind, sehr viel dichter und fester. Und so stecken wir auch bei der vorsichtigen Annäherung an einen der Liegeplätze im Wasser auch prompt fest (außerhalb des Fahrwassers wird es schnell flach und die Karte verrät nicht immer präzise, wo die Tiefenlinien verlaufen) – und kommen auch ohne Hilfe nicht mehr los, während wir es von “zu Hause” ganz gewohnt sind, uns mit Motorhilfe durch Emsschlamm zu pflügen. Das geht ja gut los … Zum Glück fährt hinter uns ein gut motorisiertes Boot, das mit uns geschleust hatte und hilft uns aus unserer misslichen Lage. Ab jetzt sind wir noch vorsichtiger und weitere Zwischenfälle bleiben aus. Am nächsten Anleger können wir dann bei komfortablen 2,50 m Wassertiefe festmachen und den langen Tag bei einem wunderschönen Abendhimmel ausklingen lassen.

Am 16. geht es durch das Reitdiep weiter nach Groningen. Wir wissen dank ausgiebigem Kartenstudium sehr wohl, dass das in Sachen Wassertiefe wohl die haarigste Etappe wird und in der Tat wird das eine ganz schöne Zitterpartie, denn nach unserer Erfahrung vom Abend zuvor wissen wir nun auch, dass wir uns durch diesen Schlamm am Boden nicht mit Motoreinsatz durchpflügen können, falls die Wassertiefe nicht ausreichen sollte. Und umkehren zu müssen, weil die Route für uns unpassierbar ist, ist auch keine schöne Vorstellung. Aber … trotz teilweise nicht so erfreulichen Anzeigen vom Tiefenmesser kommen wir (gerade so?) durch und bis Groningen, wo wir auf dem Weg zu unserem designierten Hafen im Osten der Stadt (Oosterhaven) noch einige Brücken passieren müssen. Das Öffnen funktioniert selbst bei den Hauptverkehrsadern insgesamt ausgesprochen gut, was vielleicht auch daran liegen könnte, dass um diese Jahreszeit nicht mehr viele Boote unterwegs sind, so dass wir eigentlich nie lange warten müssen. Ausnahme sind nur die Pausenzeiten der Brücken (wir vermuten, dass der Berufsverkehr nicht aufgehalten werden soll) und so warten wir am Nachmittag eine ganze Weile, bis es weitergehen kann. Macht nichts, dann verproviantieren wir uns so lange im Jumbo um die Ecke!

Um 18:30 dann liegen wir im Oosterhaven, mit dem wir gut zufrieden sind und erkunden die Stadt noch ein wenig zu Fuß, denn am nächsten Tag geht es gleich weiter und wir wissen nicht, ob wir Groningen so schnell wiedersehen werden.

Und so ist am 17. September Endspurt angesagt! Die Wassertiefe ist ab jetzt überhaupt kein Thema mehr und so legen wir den Rest der Strecke bis Delfzijl ohne Zwischenfälle zurück, machen dort auch diesmal nicht Halt, sondern fahren gleich bis Papenburg durch. Und da sind wir dann wieder nach unserem kleinen Herbsttörn und sind froh, dass das Wetter es so gut mit uns gemeint hat. Ganz viel Sonne, (leider) nicht viel Wind. Aber immerhin konnten wir die Aries erfolgreich testen und noch einmal Sonne für die dunkle Jahreszeit tanken, die noch viele weitere Arbeiten am Boot mit sich bringen wird.