Der lange Weg nach Norden (30.05. – 11.06.)

Am Mittwoch den 30. Mai verlassen wir am Morgen Ålesund; bis zu den Lofoten sind es immer noch 400 Seemeilen – Luftlinie. Da der Wind uns nach wie vor nicht gut gesonnen ist (NO 3 nachlassend), muss der Motor ran; wir fahren bis zur Insel Ona und legen dabei 32 Seemeilen zurück.

Ona

ist recht weit draußen vor der Küste gelegen, eine alte Fischersiedlung; hier gefällt es uns sehr gut, und wir nehmen uns noch Zeit für einen Inselrundgang und genießen dann den Sonnenuntergang direkt an der Mole hinter dem Gästesteg.

Auch wenn wir hier gerne bleiben würden, machen wir uns am nächsten Tag auf den Weg nach

Kristiansund
Kristiansund

Knapp 40 Seemeilen fahren wir bei strahlendem Sonnenschein und Flaute unter Motor. Da die Sonne ja bis 23 Uhr scheint, ist es auch noch nicht zu spät für einen Stadtrundgang; so richtig kann uns die Stadt aber nicht für sich einnehmen, trotz der tollen Lage um ein Kreuz aus Wasser – da hat uns Ålesund besser gefallen. So fällt es uns am nächsten Tag leichter, gleich wieder aufzubrechen; wieder weht kaum Wind, nur für eine Stunde kann der Motor schweigen. Wir fahren durch die Trondheimsleia, ein durch große, vorgelagerte Inseln geschütztes Fahrwasser Richtung Trondheim, eine wichtige Schiffahrtsroute seit alter Zeit. Nach  42 Seemeilen erreichen wir unser Tagesziel

Magerøya

Hier machen wir Station an der Magerøya Gjestgiveri, die seit 1684 eine königliche Zulassung als Handelsplatz  für den Schiffsverkehr in der Trondheimsleia hat – und sicher schon Jahrhhunderte länger ein beliebter Stopp auf der Route war. Das alte Gasthaus strahlt wohlrenoviert in leuchtendem Weiß in der Sonne, und der kleine Hausberg dahinter bietet – mal wieder – einen beeindruckenden Ausblick!

Samstag gibt es endlich wieder Wind – Nordost natürlich … wir sind aber froh segeln zu können und kreuzen sportlich auf, schaffen so aber natürlich nur 22 Seemeilen und werfen am Abend Anker in der Bucht der Insel Kråkvåg.

Und es gibt sie doch: Wolken verhängen den Himmel

Hier schlägt am nächsten Vormittag das Wetter um; es kommt kräftiger Wind von 5 bis 6 Beaufort  aus West auf, den wir nutzen, um 52 Seemeilen Richtung Nordosten gut zu machen. Am frühen Abend dreht der Wind aber immer nördlicher, außerdem hat sich der Himmel zugezogen und es regnet ab und an; wir machen Station in Bessaker, wo wir am nächsten Morgen noch im Supermarkt einkaufen, um dann gleich wieder auszulaufen.

Bei unverändertem NNW 5-6 fahren wir größtenteils durch geschützte Inselfahrwasser, das letzte Stück durch die wirklich verwinkelte ‘Flatangerleia’. In den kurzen, offenen Passagen merken wir aber, dass es draußen ganz ordentlich weht, große Wellen laufen herein. Daher vermeiden wir auch die letzte, offene Passage vor Rørvik und übernachten nach 35 Seemeilen noch einmal in der Hamnvika bei Utvorda, bevor wir am Dienstag endlich Rørvik passieren. Hier beginnt das Trollfjell, eines der attraktivsten Segelreviere Norwegens, und erstreckt sich bis zu den Lofoten. Der Wind hat im Mittel deutlich abgenommen, es sind nur noch um die 4 Windstärken; nur wenn eine Regenwolke durchzieht gibt es auch schon mal für ein paar Minuten Windstärke 7. Nach 45 Seemeilen erreichen wir am Abend den Gästehafen von Skei.

Hier ist nicht viel los, und so brechen wir am nächsten Morgen gleich wieder auf; nach so vielen langen Tagen hintereinander haben wir uns aber am Mittwoch eine kürzere Strecke vorgenommen, nur 23 Seemeilen sind es bis

Møyhamna / Torghatten

so dass wir uns sogar den Luxus erlauben können, die Distanz selbst bei schwächerem Westwind unter Segeln zurückzulegen.

Am nächsten Vormittag kommt die Sonne hervor, und wir machen eine Wanderung nicht nur um, sondern auch durch den Berg Torghatten – dieser hat tatsächlich ein Loch in der Mitte. Aus der Nähe ist es gar nicht mehr so klein, sieht aus wie eine gewaltige Höhle mit 50 Meter hoher Decke; schon etwas unheimlich, über die herumliegenden, riesigen Felsbrocken hindurchzuklettern und unzählige Tonnen mehr davon über den Köpfen schweben zu wissen …

Aber der Berg stürzt auch an diesem Tag nicht ein, und wir fahren am Abend noch bis

Brønnøysund
Norwegen ist lang …

Die kleine Stadt bietet – neben allen Einkaufsmöglichkeiten – vor allem mal wieder eine heiße Dusche. Wie ein Schild verrät, liegt Brønnøysund genau auf der Hälfte der norwegischen Küstenlinie von Lindesnes im Südwesten bis zum Nordkapp – und wir dachten, wir wären schon weit gekommen! Aber glücklicherweise liegen die Lofoten ja auch etwas näher …

Also machen wir uns am nächsten Morgen wieder auf den Weg, Ziel ist die Ankerbucht Hjartøya. Der Wind weht erfreulicherweise  inzwischen aus Südwest, aber mit kaum mehr als 10 Knoten; dennoch versuchen wir zu segeln, und werden auch zeitweise mit einigen Knoten mehr Wind belohnt. Am Abend haben wir 34 Seemeilen auf der Logge – und mit der Schleppangel zwei Dorsche gefangen, die gleich das Abendessen abgeben. Hjartøya ist eine wild-romantische Insel, von der aus man bei entsprechendem Wetter einen guten Blick auf die Gebirgskette der ‘Sieben Schwestern’ haben soll – wir sehen nur Wolken …

Wolken verhüllen die Berggipfel

Samstag ist zwar kein Regen angesagt, aber auch kein Wind; nun steht also der schon gestern befürchtete und dann doch ausgebliebene Motortag an.  Dennoch hält der Tag noch ein besonderes Ereignis für uns bereit: wir passieren den Polarkreis! Auf einer kleinen Insel (passenderweise direkt am Fahrwasser der Hurtigroutenschiffe) weist ein Monument darauf hin; ab hier geht die Sonne um Mittsommer herum nicht mehr unter.

Am Polarkreis

Am Abend steuern wir Selsøyvik an, auch wieder ein seit Jahrhunderten genutzter Handelsplatz entlang der Schiffahrtsroute nach Norden; 41 Seemeilen liegen hinter uns.

Der Ort besteht nur aus wenigen Häusern, in der Saison gibt es ein Café – aber die fängt erst am 15. Juni an, das Wochenende vor Mittsommer …

Am Sonntag den 10. legen wir ein letztes Stück Strecke entlang der Richtung Nordost verlaufenden Küste zurück und erreichen nach 38 Seemeilen Fugløya – wie der Name andeutet ein beliebter Brutplatz für Seevögel. 99% der Inselfläche bestehen aus einem steil aufragenden, unzugänglichen Felsmassiv, davor eine kleine, flache Landzunge, auf der sich die gesamte Besiedlung findet , und sogar – welch Seltenheit hier – ein Stück Sandstrand.

Fugløya: Sandstrand und Felsen

Am Montag pausieren wir auf Fugløya, der Wind ist ungünstig für eine Überfahrt auf die Lofoten, und die gut 400 Seemeilen, die wir in den vergangenen 12 Tagen zurückgelegt haben, lassen einen Pausentag auch äußerst attraktiv erscheinen. Wir sind jetzt im Eiltempo durch ein faszinierndes Segelrevier gefahren und hoffen sehr, auf dem Rückweg mehr Zeit hier verbringen zu können …