Rund Stadlandet (01.08. – 15.08.)

Prächtiges Segeln gen Südwest

Der August beginnt mit viel Sonne und auch noch brauchbarem Wind; wir verlassen Grip und segeln an Kristiansund vorbei Richtung Südwest – von nun an nähern wir uns langsam aber sicher Stadlandet, welches wir im Mai bei Starkwind überwunden haben. Wie wird es dort wohl auf dem Rückweg sein?

Nächstes richtiges Ziel ist die Insel Ona, welche wir schon auf dem Hinweg besucht haben; für heute ist uns das aber zu weit, wir wollen lieber früh ankommen und legen nach nur 17 Seemeilen am Gästesteg in

Kråkholmen

an. Den sonnigen Nachmittag nutzen wir für eine Fahrradtour in den nahegelegenen Ort Vevang, wo es auch einen Supermarkt gibt. Der Hafen gehört einem Sportbootverein und ist recht klein und verschlafen, aber auch ganz sympathisch.

Donnerstagmorgen brechen wir auf und fahren an der – etwas berüchtigten weil ungeschützten – Küste vor Bud entlang; bei fast gänzlicher Abwesenheit von Wind stellt sich dieser Abschnitt aber recht harmlos dar und wird von uns unter Motor abgefahren. Nach 23 Seemeilen erreichen wir wieder

Ona

wo es uns auf dem Hinweg gut gefallen hat; nun zieht sich aber pünktlich mit unserer Ankunft der Himmel zu, und es beginnt zu regnen – kein Ausflugswetter. Wenigstens gibt es zur Abwechslung mal wieder eine heiße Dusche …

Austnes / Haramsøya

Der Freitag bringt Westwind um 4 Beaufort und damit endlich wieder Segelwind für uns; wir legen unter Segeln ab, fahren aber genau in der engen Hafeneinfahrt der Schnellfähre direkt vor den Bug – da muss doch mal kurz der Motor ran. Dennoch kommen wir nach knapp 20 Seemeilen auf Haramsøya mit deutlich unter einer Stunde Motorbetrieb an – so muss das!

Hier gibt es mal wieder eine Einkaufsmöglichkeit, sonst ist es aber recht unspektakulär. So verlassen wir Austnes am nächsten Morgen wieder und nehmen Kurs Richtung Süden.

Borgarøya / Ulsteinfjorden

Gegen Mittag fahren wir an Ålesund vorbei, und der (Gegen-)Wind frischt immer mehr auf; das letzte Stück durch den Breidsund bis Flø wird ganz schön mühsam, 20 Knoten Wind und 2 Meter hohe, kurze Wellen bremsen uns ganz schön aus, wir brauchen 2 Stunden für 6 Seemeilen.

Entsprechend froh sind wir, als wir Richtung Ulstein abbiegen und nach kurzer Zeit am Schwimmsteg vor Borgarøya festmachen können. Dieser bietet nicht nur kostenloses und sicheres Liegen vor der Kulisse einer historischen Ansiedlung, sondern auch noch – ebenso kostenlosen! – Landstrom. Da das Wetter am folgenden Sonntag noch schlechter werden soll, beschließen wir gleich zwei Nächte hier zu bleiben – und so hören wir den größten Teil des Sonntags den Wind um den Mast heulen und den Regen aufs Deck prasseln.

Volda

Montagmorgen ist es wieder halbwegs trocken, brauchbaren Wind gibt es aber wieder keinen, als wir den Ulsteinfjord Richtung Süden durch ein Gewirr von Inseln und Passagen verlassen. Auf Einladung von Jonny von der ‘Fri’, den wir in Mausundvær kennengelernt haben, besuchen wir Volda und verbringen einen sehr schönen Tag mit ihm und seiner Freundin Guro; wir machen zusammen einen Autoausflug ins Hinterland – welches man ja sonst als Segler nie zu sehen bekommt. Dabei besichtigen wir das Union Hotel in Øye, ein prächtiger Holzbau von 1891, dessen Gästeliste sich wie das Who’s Who des frühen 20. Jahrhunderts liest; obwohl das Hotel nach wie vor in Betrieb ist, kann man die nicht vermieteten Zimmer anschauen, und jedes davon ist eine Sehenswürdigkeit für sich!

Gerne würden wir noch bleiben, aber es zeichnet sich ein gutes Wetterfenster für die Rundung von Stadlandet ab; so verlassen wir am frühen Dienstagnachmittag Volda wieder und fahren 20 Seemeilen bis

Bringsinghaug / Kvamsøya

einem der letzen Häfen vor dem Kap. Damit erschöpft sich auch die Bedeutung des Ortes – falls von einem solchen überhaupt die Rede sein kann.

Am Mittwochmorgen brechen wir also auf; Wind ist nur wenig angesagt, aber die Wellenhöhe soll immer noch bis zu drei Metern betragen. Das mag auch zutreffen, es handelt sich jedoch nur um die lange Dünung, die vom Atlantik auf das Kap rollt, und bereitet uns nicht die geringsten Schwierigkeiten. Was für ein Unterschied zur Umrundung im Mai …

Zielhafen hinter dem Kap ist

Klostervågen / Selja
Die Klosterruine auf Selja

welches wir am frühen Nachmittag erreichen. Hier befinden sich die Ruinen eines ab etwa 1100 erbauten Benediktinerklosters; in alten Zeiten bedeutende Pilgerstätte zu Ehren der heiligen Sunniva, die hier der Legende nach Zuflucht in einer Höhle suchte (und darin umkam).

Rugsund Handelsstad
Der alte Handelsplatz Rugsund

Am Donnerstag machen wir uns wieder auf dem Weg gen Süden; wir fahren nun in den geschützten Fahrwassern zwischen zahlreichen, großen Inseln, die der eigentlichen Fjordküste vorgelagert sind bzw. in diese übergehen – ohne einen Blick in die Karte ist nämlich selten klar, was hier Festland und was Insel ist.

Wir machen einen Einkaufsstop in Måløy und erreichen am Nachmittag Rugsund, wo wir am Gästesteg der alten Handelsstation festmachen. Dazu kommt sogar kurz die Sonne heraus; für den kommenden Tag ist aber Sturm und Dauerregen angesagt, so dass wir beschließen, hier gleich bis Samstag zu bleiben.

Auch am Samstag brechen wir erst spät auf, nach einer guten Seemeile liegt nämlich ein Hindernis im Weg: die Rugsund-Brücke, laut Karte 15 Meter über Hochwasser – etwa anderthalb Meter zu wenig für die ‘Orion’. Also warten wir aufs Niedrigwasser, ehe wir aufbrechen – nur um dann feststellen zu müssen, dass dies nicht nötig gewesen wäre, die Brücke erweist sich nämlich als deutlich höher (wir schätzen etwa 17 Meter über Hochwasser). Die Einheimischen behaupten das auch, nur wäre es schön, wenn das nach etlichen Jahren mal in der Karte korrigiert worden wäre …

Direkt nach dieser spannenden Passage passieren wir den Hornelen, mit 860 Metern die höchste Seeklippe Europas; unmittelbar darunter fühlt man sich sehr, sehr klein, und selbst ein passierendes Seeschiff von 100 Metern Länge wird zu einer Spielzeugausgabe seiner selbst …

Ansonsten bietet der restliche Tag hauptsächlich Gegenwind und bedeckten Himmel, so dass wir ganz froh sind, nach 19 Uhr endlich das Tagesziel zu erreichen: einen kleinen Naturhafen auf der Insel Hovden, den der Bootsclub Florø mit einem soliden Schwimmsteg und einer kleinen, liebevoll eingerichteten  Schutzhütte versehen hat – zur freien Benutzung durch jeden Reisenden!

Svanøybukta

Am Sonntag geht es weiter, und endlich scheint mal wieder die Sonne – dafür gibt es nur äußerst schwachen Wind, ein bis zwei Windstärken aus Südwest. Viel ist das für die schwere ‘Orion’ nicht gerade, aber dafür ist die Tagesdistanz mit 16 Seemeilen auch gering, und wir haben den ganzen Tag Zeit … also dümpeln wir 7 Stunden unter Gennaker an Florø vorbei bis Svanøya. Die Insel erweist sich als nur mäßig hügelig, aber dafür mit ungewöhnlich dichtem Wald bedeckt – als sattgrüner Flecken erscheint sie am Horizont.

Der Gästeanleger in Svanøybukta gehört zum Landhandel und bietet allerlei Annehmlichleiten: Einkaufsmöglichkeit, Strom, Dusche und Benutzung von Waschmaschine und Wäschetrockner. Unbezahlbar allerdings ist der vom Liegeplatz aus gebotene Abendhimmel …

Bulandet

Dennoch verlassen wir die schöne Insel gleich am nächsten Morgen wieder, denn für den Montag ist endlich mal wieder brauchbarer Segelwind angesagt: mit gut 10 Knoten aus Nordost soll es wehen … wieder raus auf die kleinen, vorgelagerten Inseln soll unser Weg führen, gut 23 Seemeilen, da kann man schon wenigstens etwas Wind gebrauchen. Die Realität sieht leider anders aus: Windstärke 1 wird nicht überschritten, und die Richtung ist eher Nordwest … mal wieder muss also der Motor ran. Zwischendurch gönnen wir uns zwar drei Stunden lang die Ruhe unter Segeln, schaffen in dieser Zeit aber nur 5 Seemeilen … so wird das nichts.

Etwas frustriert über das ewige Motoren erreichen wir schließlich Bulandet, die westlichste, dauerhaft bewohnte Inselgruppe des Landes, welche sich selbst gerne als ‘Venedig Norwegens’ bezeichnet – wegen der vielen Brücken, die die unzähligen Inselchen verbinden. Ansonsten hält sich die Ähnlichkeit aber in Grenzen: das Wasser ist kristallklar und stinkt nicht, überall unberührte Natur, keine Touristen, und statt Tauben gibt es Möwen und Seeadler … hier bietet es sich an, am nächsten Tag die Fahrräder auszupacken und eine ausgedehnte Radtour zu unternehmen. Wir können die ganze Inselgruppe entlang bis Værlandet im Osten fahren, und das lohnt sich: tolle Ausblicke alle paar Meter, durchweg hübsche und gepflegte Häuser und vielerlei liebevolle Dekoration in Vorgärten und an Wegkreuzungen … schön hier!

Bulandet, Inselreich weit draußen im Meer

Der anhaltende Sonnenschein trägt dazu natürlich viel bei – und am Mittwoch ist es vorbei damit. In der Nacht beginnt es zu regnen und mit 20 bis 25 Knoten aus Süd zu wehen, und den Wettervorhersagen nach wird sich daran auch in den nächsten Tagen nichts ändern; wir verkriechen uns also unter Deck, trinken Tee und warten auf besseres Wetter …