Auf dem Weg in die schwedischen Schären (12.-17.05.)

So, genug ausgeruht, jetzt geht es weiter Richtung Norden – schließlich wollen wir in zehn Tagen in den Schären sein. So machen wir uns auf den Weg mit Ziel Grönhögen auf Öland. Zunächst scheint die Überfahrt unter keinem guten Stern zu stehen, denn Wind haben wir keinen und der Motor röhrt und röhrt … das passt nicht so wirklich zu den vorhergesagten 4-5 Bft. und wir ärgern uns. Gegen Mittag jedoch kommt doch noch eine Brise auf, die wir erst unter “Passatbesegelung” (beide Vorsegel im Schmetterling gesetzt – so ein Kutterrigg ist schon etwas praktisches), später bei wieder nachlassendem Wind unter Gennaker fahren. Endlich Stille!

Der Regenbogen ist wieder da, und die schwedische Gastlandflagge ist auch schon gesetzt
Der Regenbogen ist wieder da, und die schwedische Gastlandflagge ist auch schon gesetzt

Und tatsächlich schaffen wir es, per Gennaker bis Grönhögen zu kommen – und nach 14 Stunden unterwegs wollen wir auch nur noch ankommen. Doch natürlich gibt es zum Schluss noch einmal Ärger: beim Bergen des Gennakers verheddert sich das Segel irgendwie mit dem Bergesack und lässt sich beim besten Willen nicht einholen, so dass uns letztlich nichts anderes bleibt, als es langsam über das Fieren des Falls herunterzulassen und aus dem Wasser zu bergen. Sehr ärgerlich das Ganze. Irgendwann haben wir es aber geschafft und können endlich in Grönhögen festmachen.

Dieser Hafen war als Station fest eingeplant, weil wir hier schon einmal in einem früheren Urlaub waren und schöne Erinnerungen an einige eingeregnete Tage haben. An sich sind sowohl Hafen als auch Ort recht unspektakulär, aber alles ist klein, verschlafen und einfach sympathisch. Und ganz wichtig: der lokale ICA-Supermarkt führt das beste Müsli, das es gibt! Wir decken uns am nächsten Morgen mit den wichtigsten schwedischen Spezialitäten ein und brechen gleich wieder auf – hoffen jedoch, auf dem Rückweg hier noch einmal vorbei zu kommen und zwar mit etwas mehr Zeit im Gepäck.

Eigentlich haben wir vor, für den nächsten Schlag so weit wie möglich an Öland hoch oder sogar über Nacht bis Visby auf Gotland zu kommen, doch die Dinge laufen überhaupt nicht nach Plan: zunächst schiebt uns ein anständiger halber Wind ganz ordentlich durch den
Kalmarsund und wir können unser nasses Gennaker setzen und trocknen.

Die Brücke über den Kalmarsund; darüber ein unheilvoller Himmel, der uns bald schon zur Umkehr zwingen wird
Die Brücke über den Kalmarsund; darüber ein unheilvoller Himmel, der uns bald schon zur Umkehr zwingen wird

Leider verschlechtert sich das aber Wetter zusehends; Regen setzt ein, der Wind schläft ein und so muss der Diesel wieder ran. Das ist zwar kein Vergnügen, doch immerhin kommen wir voran. Dann jedoch kommt der Wind wieder, und zwar nicht etwa aus SW, wie vorhergesagt, sondern aus NO – schön von vorne. Mittlerweile sind wir an der engsten Stelle im Kalmarsund, die zu allem Überfluss auch noch von unzähligen Unterwasserfelsen übersät ist und hier entsteht durch den Gegenwind auch ein nicht unerheblicher Gegenstrom. Nachdem wir stundenlang gegenangebolzt haben, ohne nennenswert von der Stelle zu kommen, muss auch ich einsehen, dass das keinen Sinn hat. Widerwillig drehen wir ab und laufen nach Kalmar zurück. Da wir spät dran sind, ist kein Hafenmeister mehr aufzutreiben (es ist ja noch Vorsaison), also liegen wir wenigstens für lau, dafür aber ohne Zugang zu Sanitäreinrichtungen und WLAN. Nun ja, wir wollen ohnehin nicht bleiben.

Am nächsten Tag ist das Wetter wie ausgewechselt, statt grauer Regenwolken und Gegenwind erwartet uns heute ein strahlend blauer Himmel mit Flaute. Wie gut, dass wir einen großen Dieseltank haben. Segelspaß sieht anders aus aber wenigstens kommen wir so voran.

Nach 10 Stunden ununterbrochenem Geröhre haben wir aber genug vom Krach und machen in Byxelkrok im Norden Ölands fest anstatt nach Visby durchzufahren. Dort liegt man gerade jetzt in der Vorsaison sehr nett und günstig (im Sommer ist es sicher ein sehr belebter Hafen) und durch die vielen Sonnenstunden am Tag kommt regelrechte Sommerstimmung auf. Wir geben uns Mühe, einen gemütlichen Abend zu verbringen und das Beste aus der Situation zu machen.

Am Tag drauf dann sind wir endlich in Visby, Gotland angekommen. Leider wieder durch viele Stunden Motoreinsatz, denn von Wind kann nach wie vor keine Rede sein. Wir können es kaum abwarten, endlich in den Schären zu sein, wo wir ohne lange Schläge auskommen – wenn schon kein Wind weht, muss man sich dann wenigstens nicht 10 Stunden und mehr das Gedröhne anhören. Nun ja, erst einmal aber schauen wir uns Visby an und planen auch einen Hafentag mit Radtour ein.

Gotland gefällt uns sehr gut, auch wenn der Flieder nicht wie erhofft schon blüht (das war einer Hauptgründe, Gotland auf dem Weg in die Schären einzuplanen). Die Raukas, Kalksteinsäulen, sind dafür wirklich beeindruckend und wir würden auch gerne noch einmal mit mehr Zeit wiederkommen.

Auch Visby gefällt uns, besonders der wirklich in beeindruckendem Umfang erhaltene alte Stadtkern, vom Hafen mitten in der Stadt sind wir aber nicht so angetan: überall wird man auf Schildern als Gast ermahnt, ja nicht zu spät nach der Ankunft einzuchecken und am Abreisetag auch ja nicht zu lange zu bleiben – doch bei unserer Ankunft ist es unmöglich, einen Hafenmeister aufzutreiben, auf dem Steg funktioniert der Strom nicht, die meisten Sanitäreinrichtungen sind in der Vorsaison nicht nutzbar und die vorhandenen Duschen sind eine ziemliche Enttäuschung (bestenfalls lauwarm, kaum Wasser). Für uns steht fest, dass wir bei einem weiteren Besuch auf Gotland einen anderen Hafen anlaufen werden.

Angekommen in der Ostsee – Dänemark (07.-11.05.)

Da uns für die nächsten Tage westliche Winde versprochen sind, halten wir uns gar nicht lange in Kiel auf – Skandinavien ruft. Der erste Schlag soll uns so weit in den Osten Dänemarks bringen, wie es möglich ist. Für Dänemark selbst nehmen wir uns diesmal keine Zeit, hauptsächlich sind wir mit Schweden verabredet und wollen deshalb so schnell wie möglich dort sein.

Der erste Schlag bringt uns bis Rødby, bei Wetter, das ausnahmsweise besser als vorhergesagt ist und Wind von hinten. So können wir auch zum ersten Mal in dieser Saison den Gennaker setzen, dessen Regenbogen immer wieder schön anzuschauen ist.

In Rødbyhavn liegen wir zwar ziemlich trostlos, aber dafür wenigstens mit Strom, und da wir nicht bleiben wollen, stört uns das schmucklos-industrielle Hafenbecken auch nicht sonderlich.

Am Tag drauf brechen wir eigentlich mit Ziel Hesnæs auf, doch wir kommen in Christiansø an – nach unserer ersten Nachtfahrt. Die Bedingungen waren günstig, so dass wir gleich durchgefahren sind. Und erfreulicherweise verläuft unsere Nachtfahrt recht ruhig und ereignislos. Das AIS ist uns eine große Hilfe dabei, in den Verkehrstrennungsgebieten auch nachts den Überblick zu behalten, nur ziemlich kühl ist es draußen im Cockpit und der Autopilot steuert nicht zuverlässig genug, dass man ihn alleine lassen könnte (zu dumm, dass der eingebaute Kompass auf einem Stahlschiff nur äußerst mäßig seinen Dienst tut).

Unterwegs bekommen wir nicht viel zu sehen, hier Møns Klint im Vorbeifahren
Unterwegs bekommen wir nicht viel zu sehen, hier Møns Klint im Vorbeifahren

Wir wechseln uns regelmäßig mit den Wachen ab, so ist die Nacht schnell vorbei – aber Schlaf bekommen wir beide nicht wirklich. Der nächste Tag ist nicht ganz so erfreulich, denn der Wind verlässt uns ziemlich gründlich und so läuft den ganzen Tag der Motor. Und das Geröhre wenn man ohnehin todmüde ist macht so gar keinen Spaß. Entsprechend froh sind wir, endlich auf Christiansø anzukommen. So früh in der Saison (falls man überhaupt schon von Saison sprechen kann) ist der sonst gerne überfüllte kleine Hafen fast leer und wir freuen uns darauf, hier erst mal eine kleine Pause einzulegen. Die haben wir nach den letzten langen und anstrengenden Tagen unterwegs auch nötig und die kleine Inselgruppe, die man eigentlich nur als lebendiges Museum bezeichnen kann, ist sowas von charmant, dass man auch gerne einen Tag länger bleibt.

Nachdem wir uns ordentlich ausgeschlafen haben, beginnen wir den nächsten Tag mit einem ganz ausgiebigen Bordfrühstück – selbstgebackene Brötchen inklusive. Eine so gut ausgestattete Pantry macht einfach Spaß!

Straßen gibt es keine, dafür eine Menge urwüchsiger Häuschen
Straßen gibt es keine, dafür eine Menge urwüchsiger Häuschen

Den Rest des Tages verbringen wir mit kleineren Arbeiten am Boot und Inselerkundung. Da keine Hunde und Katzen auf der Insel erlaubt sind, sind die im Mai überall brütenden Vögel (hauptsächlich Eiderenten, aber auch einen Schwan sehen wir) so etwas von tiefenentspannt, dass sie einfach überall ihre Nester gebaut haben – in Hecken, am Wegesrand, selbst mitten auf den Fußwegen. Und das eine oder andere Mal passiert es uns beinahe, dass wir über eine brütende Ente stolpern. So hautnah bekommt man so etwas nur selten zu Gesicht und es überrascht nicht, dass die Inseln auch eine beliebte Anlaufstation für Vogelbeobachter und Ornithologen sind.

Der Hafen-Basstölpel
Der Hafen-Basstölpel

Besonders kurios ist außerdem der einsame Basstölpel, der offenbar besonders enge Freundschaft mit einer Stromsäule am Hafen geschlossen hat und diese bei Annäherung auch energisch verteidigt.

Da die Wettervorhersage nicht so einladend ist (Starkwind, Regenschauer, Windböen), beschließen wir auch einen zweiten Tag zu bleiben, um dann ganz ausgeruht Richtung Öland aufzubrechen.

Übrigens: einen Geldautomaten gibt es auf der Insel nicht, also sollte man nicht ohne dänische Kronen kommen. Hafengebühren und eine Duschkarte kann man aber immerhin an einem Automaten auch mit Plastikgeld bezahlen.

Aufbruch – Papenburg bis Kiel-Holtenau (01.-06.05.)

Endlich ist es soweit, unser lange geplanter und ersehnter Ostseeurlaub beginnt! Die letzten Wochen waren noch einmal besonders hektisch, denn wir wollen mit einem Boot los, das möglichst wenig Ähnlichkeit mit einer Baustelle haben soll.

Am 1. Mai geht es (tidenbedingt) am frühen Nachmittag los bei nicht allzu frühlingshaften Bedingungen; pünktlich zum Aufbruch wird das Wetter natürlich schlechter nach einigen Wochen bei lauen Temperaturen und schönstem Sonnenschein. Nun aber bibbern wir ganz ordentlich – aber so ist das mit dem Wetter eben, man nimmt was man kriegt.

2014_Sommer_003
Immerhin ist das Wetter an diesem Tag schön und der Borkumer Leuchtturm sieht vor blauem Himmel prächtig aus

Immerhin haben wir Wind aus NO, so kann man emsabwärts sogar die Segel setzen und nach guten 7 Stunden erreichen wir Borkum und machen im Schutzhafen fest. Da der Wind am folgenden Tag aus der ganz falschen Richtung weht, bleiben wir einen Tag auf Borkum und erkunden die Insel.

Die Orion rauscht durch das Wasser bei knackigem (und kaltem) Wind

Am nächsten Tag aber, ganz früh schon (um halb 7) brechen wir Richtung Helgoland auf, denn sonst ist der lange Schlag kaum zu schaffen. Wind weht ganz ordentlich und auch aus einer brauchbaren Richtung, so dass wir den größten Teil der Strecke unter Segeln am Wind zurücklegen können; bis auf die letzten Stunden, da muss der Motor mitschieben, wenn wir es bis zum Abend noch schaffen wollen. So kommen wir nach 14 Stunden durchgefroren und ziemlich erschlagen an, aber Hauptsache wir sind da! Von Helgoland ist es fast nur noch ein Katzensprung in die Elbe und der Nord-Ostsee-Kanal ruft.

Der nächste Tag ist dann spannend: wir haben vor, heute in den NOK einzuschleusen. Schon die Fahrt über die Elbe bei starkem Strom und ebenso starker Berufsschifffahrt ist nicht ohne, doch immerhin sind wir dank Flutstrom schon vor der geplanten Zeit vor der Schleuse Brunsbüttel.

Immer wieder sehen wir die gewaltigen Containerschiffe auf dem Weg Elbeinwärts
Immer wieder sehen wir die gewaltigen Containerschiffe
auf dem Weg Elbeinwärts

Da wir das erste Mal hier schleusen wollen, sind wir natürlich ein wenig aufgeregt – wird auch alles ohne Zwischenfälle klappen? Erfreulicherweise haben wir Glück: als wir uns dem Wartebereich nähern wird offensichtlich, dass bereits 3 weitere Boote auf eine Schleusung warten, und wie es scheint machen wir das Maß für die benötigte Menge an Booten voll, denn kaum, dass wir herangefahren sind, signalisiert uns die Lichtanlage auch, dass wir gleich einschleusen können. Wir sind froh, bei dem starken Strom nicht stundenlang Runden auf der Elbe drehen zu müssen und legen den Hebel auf den Tisch.

In der alten Schleuse - alles läuft viel unkomplizierter, als wir befürchtet haben
In der alten Schleuse – alles läuft viel
unkomplizierter, als wir befürchtet haben

Da Berufsschiffe und Sportboote getrennt geschleust werden (in der neuen respektive alten Schleusenanlage), müssen wir uns auch keine Gedanken machen, ob und wie wir mit einem Containerschiff in die Schleuse passen. Und dank Schwimmpontons ist das Schleusen selbst auch ausgesprochen unproblematisch: wir machen einfach an den Pontons fest, die sich mit uns zusammen bewegen. Leinen nachführen nicht notwendig! Hinter der Schleuse können wir in einem kleinen Hafenbecken übernachten; es gibt zwar weder Strom noch Wasser, dafür aber sehr ordentliche sanitäre Anlagen und mit 10€ Liegegebühren können wir ganz gut leben.

Am Tag drauf geht es dann durch den Kanal, selbstredend nur unter Motor. In der Literatur wirken die Erläuterungen zu den diversen Lichtsignalen im Kanal noch reichlich unübersichtlich, doch in der Praxis stellt sich das ganze als letztlich simpel heraus. Wir fahren einfach durch, an Sportboote schien keines der Signale gerichtet zu sein – vielleicht hatten wir da aber auch nur Glück. Jedenfalls verläuft die Fahrt ohne Zwischenfälle und ist in der Hauptsache reichlich langweilig. Wir lösen uns beim Steuern ab und essen Schokolade alle erfolgreich überstandenen 10 Kilometer (die Schilder am Ufer machen es leicht, den Fortschritt im Auge zu behalten).

Der berühmte Schiffsausrüster Hermann Tiessen - heute ein Tango-Café
Der berühmte Schiffsausrüster Hermann Tiessen – heute ein Tango-Café

Das Ausschleusen am Abend verläuft wieder ganz ohne Zwischenfälle – dass es beim Durchqueren des NOK so glatt läuft, hätten wir uns ja kaum zu träumen gewagt und so sind wir entsprechend erleichtert, endlich in der Ostsee angekommen zu sein! Wir sind zum ersten Mal in Kiel-Holtenau und machen noch am gleichen Abend eine kleine Erkundungstour: der Frischproviant wird aufgestockt und wir statten dem Tiessenkai einen Besuch ab.