An Portugals Westküste (04.09. – 23.09.)

Am Mittwoch den 4. September lichten wir vor Baiona den Anker und setzen Kurs auf Portugal. Zunächst ist es flautig, das wird sich später am Tag aber gründlich ändern – die Ruhe vor dem Sturm, am Nachmittag soll der Wind auf 30 bis 40 Knoten zulegen. Um da wenigstens nicht mehr voll hineinzugeraten, müssen wir also zunächst erst mal drei Stunden motoren, bis gegen Mittag der Wind einsetzt. Einige Stunden läuft es dann ganz gut, wir überschreiten die vom Rio Miño gebildete Grenze zu Portugal, während der Wind immer weiter zulegt und wir die Segelfläche mehr und mehr verkleinern müssen. Dabei ziehen aber nicht, wie man es als Nordseesegler erwartet, dohende Wolken auf, ganz im Gegenteil: der Himmel ist wolkenlos blau und die Sonne strahlt auf den funkelnden Atlantik, beeindruckende Wellenberge schieben sich von achtern heran, während einem der Nordwind um die Ohren pfeift.

Da wir beim Überschreiten der Grenze die Uhren eine Stunde zurückgestellt haben (Portugal befindet sich in der gleichen Zeitzone wie Großbritannien), ist es erst gegen 16 Uhr als wir die Mündung des Rio Lima anlaufen; der Wind hat inzwischen 25 bis 30 Knoten erreicht und macht durchaus den Eindruck, im gleichen Tempo weiter zulegen zu wollen. So sind wir also ganz froh, nach 36 Seemeilen sicher den Hafen von

Viana do Castelo
Ponte Eiffel, Viana do Castelo

zu erreichen. Bei der Einfahrt in den Rio Lima fällt zunächst die den Fluss überspannende Brücke ins Auge; sie wurde von Gustave Eiffel konstruiert und 1878 fertiggestellt. Die Marina liegt kurz vor der Brücke und ist klein und recht eng, aber man bemüht sich, alle Gäste unterzubringen und schreckt dabei auch vor unkonventionellen Lösungen nicht zurück: wir werden aufgrund der geringen Breite der ‘Orion’ auf einen Platz tief im Hafen gelotst, wo wir zwischen fünf bis sechs Meter langen Sportfischerbooten etwas deplaciert wirken, aber wir sind glücklich gut untergekommen zu sein – von dem Starkwind draußen ist im Schutz des Hafens nichts mehr zu spüren. Der Charakter der Küste hat sich gegenüber Galicien vollkommen verändert: es gibt keine tief eingeschnittenen Rías mehr, die Küste verläuft sehr gleichförmig von Nord nach Süd, und die in großen Abständen an den Flussmündungen gelegenen Häfen sind die einzigen Zufluchtsmöglichkeiten – weist man ein Boot ab, verurteilt man es dazu, die Nacht durchzufahren.

Praça da Repúblical, Viana do Castelo

Es bleibt noch Zeit, einen Rundgang durch Viana do Castelo zu machen, und das lohnt sich durchaus: die im 13. Jahrhundert gegründete Stadt zeigt sich sowohl modern und weltoffen, hat sich aber auch viel von ihrem ursprünglichen Charakter bewahrt. Hier stoßen wir erstmals auf mit zum Teil sehr kunstvoll ausgeführten Keramikfliesen – den Azulejos – verkleidete Häuser, eine Hinterlassenschaft der maurischen Herrschaft über die iberische Halbinsel.

Da der Wind am folgenden Donnerstag weiter günstig (und nicht mehr so stark wie zuvor) weht, machen wir uns gleich am Morgen wieder auf den Weg, um die nächste, ebenfalls 36 Seemeilen lange Etappe bis

Leixões

zurückzulegen. Der kurz vor der Mündung des Rio Douro künstlich angelegte Hafen ist praktisch zu einem Vorort von Porto geworden; hier wird ein Viertel des internationalen Güterhandels Portugals umgeschlagen. Die kleine Marina ist zwischen gigantischen Containerbrücken kaum zu finden, und auch recht voll; wir finden zunächst nur Platz am Wartesteiger direkt in der Einfahrt, wo wir die ganze Nacht den Schwell der mit Vollgas ab- und anlegenden Lotsenboote genießen dürfen.

Igreja Paroquial de Leça da Palmeira, Leixões

Erst am nächsten Tag bekommen wir einen richtigen Platz zugewiesen – und da die vergangene Nacht nicht sehr ergiebig war, beschließen wir gleich noch einen Tag länger zu bleiben und den geplanten Ausflug nach Porto um einen Tag zu verschieben. Dafür haben wir Zeit, auch Leixões selbst anzuschauen – allzuviel gibt der im Vergleich zum Hafen winzige Ort zwar nicht her, aber das wird durch die Freundlichkeit der Mitarbeiter der Marina Porto Atlântico mehr als ausgeglichen.

Porto
Paços de Concelho

Am Samstagmorgen nehmen wir dann den Bus nach Porto – 2 € für eine Dreiviertelstunde Fahrt, auch hier ist der öffentliche Verkehr günstig. Die mit einer knappen Viertelmillion Einwohnern zweitgrößte Stadt Portugals ist ans Ufer und die steilen Hänge über dem Rio Douro gebaut. Flussaufwärts befinden sich ausgedehnte Weinanbaugebiete, und seit alten Zeiten werden die Weinfässer auf dem Fluss nach Porto verschifft, wo die berühmten Kellereien wie Graham’s, Taylor’s, Offley, Sandeman usw. ihn zu Portwein veredeln und in die ganze Welt exportieren. Dabei half ein schon sehr altes Handelsabkommen mit England: 1373 vereinbarte man Weinlieferungen im Gegenzug für Fischereirechte, und seit 1703 gibt es eine weitreichende Zollbefreiung. Die historische Verbindung der beiden Länder zeigt sich sowohl in den Namen einiger Portweinhäuser wie auch in der großen Beliebtheit des Getränks in Großbritannien.

Fliesenkunstwerke zieren viele Gebäude von außen ….

Porto hat viel zu bieten: obwohl Dank der markanten Lage seit Jahrtausenden bewohnt, hat sich zwar nicht viel aus der Antike erhalten, aber die zahlreichen Kirchen und Paläste einerseits, sowie die kleinen, schmalen Häuser in der Altstadt andererseits bieten viel zu sehen. Bedingt durch die Lage am Hand legt man dabei allerdings zahlreiche Höhenmeter zurück …

… wie von innen

Sehr beeindruckend sind die zahlreichen Azulejos – gewaltig große Gebäudefassaden oder auch Innenräume sind mit diesen aus unzähligen bemalten Keramikfliesen zusammengesetzten Kunstwerken verziert. Hoch über dem Rio Douro kann man auf der stählernen Ponte Luís I nach Vila Nova de Gaia am gegenüberliegenden Ufer gelangen und die Kellereien besichtigen, oder auch einfach den tollen Blick auf Porto genießen. Unzählige Cafés und Restaurants laden zum Verweilen ein – wirklich eine attraktive Stadt!

Am Cais da Ribeira

Das finden allerdings nicht nur wir – die Menge der Touristen, die sich großflächig durch die ganze Stadt schiebt, ist beeindruckend; die Einheimischen sind deutlich in der Unterzahl. Ungeachtet dessen strahlt die Stadt aber eine gewisse Gelassenheit aus; die weiche Sprache und die entspannte Musik zahlreicher Straßenmusikanten trägt viel dazu bei. So verbringen wir einen schönen Tag in Porto mit vielen Eindrücken, die wir nicht missen möchten.

Blick über Porto
Peniche
Es wird nie langweilig, ihnen zuzuschauen ….

Am Sonntag machen wir uns wieder auf den Weg gen Süden; wir legen eine Nachtfahrt ein und segeln 130 Seemeilen bis zum Fischereihafen Peniche, den wir am Montagnachmittag erreichen. Die Nacht auf See vergeht ohne besondere Ereignisse, der Wind ist nicht besonders kräftig, und wir erreichen gerade 4 Knoten Geschwindigkeit; nur die regelmäßigen Delfinbesuche unterbrechen die Routine, in der Nacht meist durch das prustende Geräusch beim Luftausstoß direkt neben dem Boot zu hören.

Wir queren dabei den Nazaré Canyon, eine Unterwasserschlucht, die sich mit bis zu 5000 Meter tiefem Wasser direkt bis vor die portugiesische Küste erstreckt; dort brechen sich dann die über 20 Meter (!) hohen Wellen im offenen Atlantik. Der Ort Nazaré hält den Rekord für die weltweit höchste surfbare Welle – wir sind froh, der nicht begegnet zu sein.

Noch am Abend legt der Wind zu, und am nächsten Tag weht es mit 7 Beaufort und mehr über die Halbinsel, auf der der Ort liegt – eine gute Gelegenheit, wieder einen Ruhetag einzulegen und sich Peniche anzuschauen. Seit vorgeschichtlicher Zeit siedeln hier Menschen, wie Funde belegen, und leben von der Fischerei; schon die Römer bauten eine exportorientierte Großfischerei auf. Gegenwärtig erkennt man hier aber auch die Probleme der Fischerei: der Fischereihafen ist für zehnmal mehr Boote gebaut, als ihn heute noch benutzen. Inzwischen lebt man wohl eher vom Tourismus – endlos lange Sandstrände schließen die Halbinsel ans Festland an, und zahlreiche Boote bringen Ausflügler auf die vorgelagerte Inselgruppe der Berlengas.

Wir ziehen durch die kleinen Straßen des Ortes, wandern hinaus bis zur Landspitze Cabo Carvoeiro, wo es – neben dem hübschen Leuchtturm – eine zerklüftete Steilküste und bizarre Felsformationen zu bewundern gibt, die von der See und dem beständigen Wind geschaffen wurden. Wunderschön! Am Abend kehren wir in eines der kleinen Lokale ein, welches uns vom sehr netten Hafenmeister empfohlen wurde, und genießen fangfrische Köstlichkeiten – hier gefällt es uns!

Cascais

Nichtsdestotrotz müssen wir am Mittwoch weiterziehen – des letzte brauchbare Wind für einige Zeit ist angekündigt. Wir wollen knapp 40 Seemeilen bis direkt vor die Mündung des Tejo segeln, um dort die richtige Tide zur Fahrt flussaufwärts abzuwarten.

Cabo da Roca, der westlichste Punkt Europas

Der Wind zeigt sich dabei ganz schön launig – erst geht es ganz gut los, gegen Mittag ereilt uns aber für eine Stunde Flaute; die segeln wir noch aus, und über den Nachmittag schieben uns dann auch beständige 15-18 Knoten dem Ziel entgegen, was etwa der Vorhersage entspricht. Es geht schon auf 18 Uhr, als der Wind wieder völlig einschläft – da wir nicht im Dunkeln ankommen wollen, starten wir den Motor. Nach kaum einer Stunde aber kommt der Wind noch einmal zurück; zunächst freuen wir uns und stoppen die Maschine wieder, aber dann legt es innerhalb von 5 Minuten von 15 bis auf 30 Knoten zu – und wir haben natürlich immer noch die vollen Segel oben! Da ein Reffmanöver bei sieben Beaufort und drei bis fünf Meter Welle auch kein Vergnügen zu werden verspricht, beschließen wir das auszuhalten bis wir in die Wellenabdeckung durch das Capo da Roca kommen – und so schießt die ‘Orion’ mit vollem Groß und ausgebaumtem Klüver mit 7 bis 8 Knoten vor dem stürmischen Wind die Wellen hinunter …

Bald passieren wir das  Capo da Roca und damit den westlichsten Punkt des europäischen Kontinents, und in dessen Schutz gelingt es uns dann tatsächlich die Segel zu bergen und den Ankergrund vor Cascais anzulaufen; dort gibt es auch eine Marina, die aber für ihre völlig überzogenen Preisvorstellungen bekannt ist, und so ankern wir lieber die Nacht direkt vorm Hafen.

Seixal

Nach einer eher unruhigen Nacht lichten wir den Anker – unter erheblichen Schwierigkeiten, er hatte sich wohl in irgendwelchem Schrott auf dem Meeresgrund verhakt. Mit auflaufendem Wasser fahren wir den Tejo hinauf, zwei bis drei Knoten Strom schieben uns dabei an.

Vorbei ziehen der Torre de Belém und das Entdeckerdenkmal Padrão dos Descobrimentos, während wir uns auf dem größten Fluss der iberischen Halbinsel langsam der beeindruckenden Ponte 25 de Abril nähern, die Lissabon mit dem südlichen Tejoufer verbindet.

Die ‘Ponte 25 de Abril’; links Lissabon, rechts die 113m hohe Statue ‘Cristo Rei’

Eigentlich hätten wir gerne direkt Lissabon angelaufen, aber obwohl es dort sechs große Marinas gibt, ist kein einziger Liegeplatz mehr zu bekommen; so suchen wir nach Alternativen und finden noch eine freie Muringboje in Seixal, einem kleinen Ort in einem Seitenarm des Tejo auf der Lissabon gegenüberliegenden Seite. Der Weg dorthin erinnert schon an die heimische Wattensee: ein betonntes Fahrwasser windet sich zwischen trockenfallenden Sandbänken hindurch.

Seixal von der Muring aus gesehen

Seixal erweist sich als Glücksgriff: der von der Gemeinde verwaltete kleine Anleger und etliche Muringbojen liegen beschaulich in einem ruhigen Gezeitenarm; der Hafenmeister erweist sich als extrem freundlich und hilfbereit und bietet an, jederzeit mit seinem Motorboot den Zubringerdienst an Land zu übernehmen; der Ort ist hübsch und unverbaut, bietet einen großen Supermarkt in Laufweite und sogar Dusche und Waschmaschine in der Touristeninformation – und das für € 7,60  am Tag! Nach Lissabon verkehrt eine Schnellfähre in 15 Minuten für landesüblich kleines Geld, und man landet direkt im Zentrum – was will man mehr? Da auch für eine ganze Weile kein Wind angesagt ist, erkennen wir schnell, dass wir hier länger als nur zwei Nächte bleiben werden …

Lisboa
Historisch: der Torre de Beleḿ von 1521

Den Samstag sowie den folgenden Montag verbringen wir in Lissabon – die Stadt ist viel zu groß um an einem Tag erkundet zu werden. Mit einer guten halben Million Einwohnern größte Stadt Portugals, erstreckt sich Lissabon über zahlreiche Hügel längs des Tejo-Ufers; man legt also sowohl viele Kilometer wie auch Höhenmeter zurück, wenn man zu Fuß unterwegs ist.

Prächtig: der Praça do Comércio

Die Mühe lohnt sich aber: es gibt nicht nur ein sehenswertes Zentrum wie in vielen anderen Städten, sondern jedes Stadtviertel ist eine Attraktion für sich mit ganz eigenem Charakter. Der Ort ist seit 3000 Jahren besiedelt und wurde durch die vielen unterschiedlichen Einflüsse – von Phöniziern über Griechen, Römer, Goten und Mauren – stark geprägt; durch ein katastrophales Erdbeben im Jahre 1755 – gefolgt von einem Tsunami und Großbränden – wurde die Stadt allerdings fast vollständig zerstört, und ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung kam ums Leben. Im Unglück lag aber auch eine Chance zum Neuaufbau: Lissabon wurde mit ungewöhnlich großzügig angelegten Boulevards und Plätzen neu angelegt, welche heute einen lebendigen Kontrast zu den engen Gassen der erhaltenen alten Stadtteile bilden.

Blick über Alfama, zu maurischer Zeit der Stadtkern Lissabons

 

Eine der Standseilbahnen

Bemerkenswert sind auch die Maßnahmen zur Überbrückung der großen Höhenunterschiede: in der Innenstadt gibt es einen 45 Meter hohen freistehenden Personenaufzug sowie drei Standseilbahnen, um die tiefer mit den höher gelegenen Stadtteilen zu verbinden. Ferner prägen die historischen Straßenbahnen das Stadtbild, deren kleine Wagen sich durch schmale Gassen, enge Kurven und über erstaunliche Steigungen bewegen.

​​​Das Entdeckerdenkmal ‘Padrão dos Descobrimentos’

Nicht unerwähnt bleiben darf natürlich die große Geschichte der portugiesischen Entdecker: angefangen von den Expeditionen entlang der Küsten Afrikas im frühen 15. Jahrhundert unter Heinrich dem Seefahrer, welche die Grundlage für die europäische Expansion darstellten, über die Entdeckung des Seeweges um das Kap der guten Hoffnung bis nach Indien durch Vasco da Gama 1498, die Entdeckung Brasiliens im Jahre 1500 durch Pedro Álvares Cabral bis zur Etablierung der ersten Beziehungen zu Japan ab 1549; auch Fernão de Magalhães (den wir besser als Ferdinand Magellan kennen), der als erster (in spanischem Auftrag) die Welt umsegelte, war Portugiese. Zur Erinnerung an all diese Entdecker steht in Belém am Ufer des Tejo ein monumentales Denkmal, das den Weg in die Ferne weist.

Das Kloster ‘Mosteiro dos Jerónimos’ aus dem 16. Jahrhundert

Natürlich hat Lissabon auch kulturell einiges zu bieten: etliche Museen laden zum Besuch ein, und in zahlreichen Lokalen kann man den Fado hören, die sehnsuchtsvoll-traurige Musik Portugals. Schließlich sind die unzähligen gastronomischen Angebote zu nennen: in jedem zweiten Haus ist entweder ein Café mit den verlockendsten Gebäckkreationen oder ein Restaurant, aus dem es verführerisch nach frisch gegrilltem Fisch duftet.

Dass die Stadt unter massiven strukturellen Problemen und umfassenden Schäden in der Bausubstanz leidet, vermindert merkwürdigerweise den positiven Eindruck nicht; man scheint den Umstand, dass die großen Zeiten längst Vergangenheit sind, mit einer Würde hinzunehmen, die ihren Ursprung in einer großen, vielfältigen, menschlichen und weltoffenen Kultur zu haben scheint, frei nach dem Motto: was braucht man schon Geld, wenn man Stil hat! Wir können uns dem nur anschließen und einen Besuch in Lissabon – auch mit herkömmlicher Anreise – uneingeschränkt empfehlen.

Sesimbra

So gut es uns auch in Seixal gefällt, irgendwann müssen wir ja doch weiter; erstmal erlaubt eine ausgedehnte Flaute uns noch, die in Lissabon arg strapazierten Füße auszuruhen, aber am Donnerstag ist es dann soweit, wir verlassen mit ablaufendem Wasser den Tejo und können noch einmal Lissabon, die den Fluss überspannende Brücke,  das Entdeckerdenkmal und den Torre de Belém vorüberziehen lassen, bevor wir links abbiegen und entlang der Küste der Setúbal-Halbinsel nach Süden fahren.

Cabo Espichel

Dabei passieren wir das Cabo Espichel, dessen steil und hoch aufragende Felsformationen sehr interessant anzuschauen sind; da das Wasser davor keine Untiefen aufweist, kann man auch relativ dicht unter Land daran vorbeisegeln und sich die gewaltigen Höhlen anschauen, die der Atlantik in die Südküste gefressen hat.

Sesimbra bei Nacht

Allzuviel Wind weht nicht, und so ist es schon früher Abend, als wir nach knapp 40 Seemeilen Sesimbra erreichen und vor dem Ort ankern; für einen kleinen Ausflug mit dem Dinghi in den Ort und eine Einkehr in einem der gemütlichen Straßencafés reicht es aber noch. Nach Einbruch der Dunkelheit funkeln nicht nur die Lichter des Ortes, hoch darüber wird auch die ausgedehnte maurische Burganlage angestrahlt – ein toller Anblick!

Sines

Gleich am nächsten Morgen geht es weiter, denn es zeichnet sich der Durchzug eines Tiefausläufers ab, der Südwestwind und Regen bringen soll, und da wollen wir vorher einen geschützten Hafen erreichen; leider geht dem aber eine Flaute voraus, so dass wir 9 Stunden motoren müssen, um Sines zu erreichen – den nächsten und einzigen Hafen auf der gesamten verbleibenden Westküste. So lange lief der Motor seit der Überfahrt Boulogne-sur-Mer – Dieppe nicht mehr …

Standbild Vasco da Gamas in Sines

Die Vorhersage erweist sich aber als zutreffend: am Abend frischt der Wind auf, und in der Nacht beginnt es ausgiebig zu regnen – wir müssen im Logbuch nachschauen, es ist unser erstes Schietwetter seit dem letzten Tiefausläufer am 8. August; na ja, einmal alle sechs Wochen kann man das ja noch durchgehen lassen 🙂

Den Samstag verbringen wir dann auch in der Marina von Sines; für ein paar Stunden ist es auch mal trocken, so dass wir den Ort anschauen können. Hier wurde Vasco da Gama geboren, vor der Kirche schaut sein Standbild übers Meer hinaus; ansonsten bietet Sines die üblichen verwinkelten Altstadtgassen und einladenden Cafés und Restaurants, und die absolut fair bepreiste Marina hervorragende heiße Duschen.

Am Sonntag könnte es dann eigentlich weiter gehen – nur dass absolut kein Wind weht, und nach dem Motormarathon vom Freitag haben wir erst mal genug von diesem Geräusch; also bleiben wir lieber noch einen Tag länger in Sines und nutzen die Zeit für ein paar anstehende Arbeiten am Boot.

Ums Cabo de São Vicente

Dienstag sieht es mit der Windvorhersage besser aus, wenigstens gut 10 Knoten soll es durchgehend geben, und gen Süden auch etwas mehr; wir brechen erst am frühen Nachmittag auf, denn die 80 Seemeilen um die südwestlichste Ecke Europas, das Cabo de São Vicente, sind ohnehin nicht im Verlauf der Tageslichtstunden zu schaffen, und so kommen wir wenigstens nicht mitten in der Nacht an – es ist der 23. September, heute ist Äquinoktium, es stehen also genau 12 Stunden Tageslicht zur Verfügung.

Beginnende Nacht auf dem Atlantik

Zunächst sieht es auch ganz vielversprechend aus mit dem Wind, es weht mit 12 Knoten aus Nordwest – endlich mal kein Vorwindkurs, und mit halbem Wind machen wir gute Fahrt. Gegen 20 Uhr verlässt uns der Wind aber – entgegen der Vorhersage – praktisch vollständig; die zwei bis drei Meter hohen Atlantikwellen, die von den Stürmen nördlich des Azorenhochs über hunderte Seemeilen heranrollen, stört das aber gar nicht, sie lassen die ‘Orion’ mit herunterhängenden Segeln wie einen Korken tanzen. Die Alternativen sind also dies hilflos treibend zu ertragen oder zu versuchen, sich unter Maschine aus der Flaute freizufahren; wir entscheiden uns für letzteres, und so röhrt wieder stundenlang der Motor. Den einzigen Trost bieten ein hinreißender Sonnenuntergang mit geradezu unwirklichen Orange- und Violetttönen und eine äußerst sternenklare Nacht: in Fahrtrichtung erstreckt sich hell leuchtend die Milchstraße über das Firmament, als würde sich unser Kielwasser im Himmel spiegeln …

Cabo de São Vicente vor Sonnenaufgang

Erst nach vier Uhr in der Frühe kommt wieder genug Wind auf, um wenigstens einen definierten Kurs steuern zu können; kurz vor Sonnenaufgang passieren wir dann endlich das Kap, von dem der lichtstärkste Leuchtturm Europas seinen Schein über den Atlantik wirft, und erreichen die Südküste Portugals, die Algarve.