Herbsttörn in der Ostägäis (27.09. – 11.11.)

Lesvos / Mytilini

Schon wieder liegt der letzte Besuch an Bord der ‘Orion’ fast 5 Monate zurück, und der Sommer war von neuen Rückschlägen gekennzeichnet – und wettertechnisch im Juli/August in Norddeutschland kaum als solcher zu erkennen. Umso mehr sind wir froh, endlich wieder nach Griechenland reisen zu können, diesmal sogar für 6 Wochen (wenn auch mit Unterbrechung). Die Anreise gibt nochmal alles, beide Flüge haben Verspätung, und es ist fast Mitternacht, als wir angekommen sind; um diese Zeit ist es noch 28 Grad warm – hier ist noch Sommer! Ein kurzer Rundblick lässt keine Schäden am Boot erkennen, und dann geht es auch erst mal in die Koje – wo es allerdings mangels Durchlüftung ziemlich heiß und stickig ist.

Dennoch geht es am nächsten Morgen los mit den Segelvorbereitungen: die übliche Schicht Saharastaub möchte abgewaschen, die Vorsegel angeschlagen, die neu genähten Relingskleider angebracht und der Bordrechner aktualisiert werden; außerdem natürlich die Batterien einmal voll geladen und Wasser und Vorräte gebunkert werden. Natürlich gibt es auch eine kleine Überraschung: die im Mai neu gekaufte Starterbatterie weist um die Polklemmen dicke Schichten Sulfatkristalle auf! Da war ja was: da die alte Batterie über Schraubanschlüsse verfügte und an der Tankstelle keine Polklemmen verfügbar waren, bekamen die Bleizapfen kurzerhand ein Querloch verpasst – wer hätte denn gedacht, dass die Dinger nicht massiv sind? Offenbar muss es im Inneren ein hauchfeines Loch geben, durch welches Schwefelsäure durch die Bohrungen austreten kann – in sehr kleinen Mengen, aber das Zeug zersetzt ja alle Kabelanschlüsse, und die Batterie trocknet auch langsam aus, also – es hilft ja alles nichts – die Tankstelle gegenüber der Marina verkauft eine weitere Starterbatterie, und der diesmal geöffnete Bootsbedarfsladen auch die dazu passenden Polklemmen. Kaum 6 Stunden und ein paar grün-blaue Rippen später (die Starterbatterie ist wirklich hervorragend zugänglich …) ist alles wieder in bester Ordnung – diesmal hoffentlich dauerhaft.

Die ‘Orion’ segelklar in der Marina Mytilini

Trotzdem versuchen wir es ruhig angehen zu lassen, und gehen auch an zwei Abenden in die Stadt – das griechische Essen hat uns doch sehr gefehlt. Wie immer werden wir nicht enttäuscht: beide aufgesuchten Lokale sind im Stil durchaus unterschiedlich (einmal eher modern, einmal traditionell), kochen aber gleichermaßen köstliche Gerichte zu äußerst fairen Tarifen. Dazu das perfekte Klima: sitzt man zum Essen in den stimmungsvoll erleuchteten Altstadtgassen Mytilinis bei immer noch 25 Grad und einem lauen Windhauch, schmeckt es gleich nochmal so gut.

Schließlich gibt es noch Papierkram bei der Küstenwache und im Marinabüro zu erledigen, und dann ist es am Sonntagmorgen soweit: wir sind segelklar!

Lesvos / Paralia Tsilia

Um 12 Uhr werfen wir die Muringleine los und schieben uns langsam aus der Boxengasse, die fast ein Jahr das Zuhause der ‘Orion’ war. Der Wind pfeift in durchaus beachtlicher Stärke über die Anlage – jetzt bloß keine der zahlreichen Sorg- und Muringleinen im Wasser mit dem Propeller einfangen! Aber alles geht gut, und nach einer langen Rechtskurve sind wir auf offenem Wasser, und der Wind schiebt uns gen Süden. Schnell den Klüver ausgerollt und den Motor aus: nur noch das Rauschen des tiefblauen Wassers begleitet uns!

Es weht mit fast 20 Knoten aus Nord (für uns ein Novum in der Straße von Mytilini, bisher kannten wir diese nur bei Flaute), und wir wollen nicht weiter als bis zur Südküste der Insel, und so können wir es bei der Besegelung für Faule belassen; um die 5 Knoten fahren wir auch nur unter Klüver, und so fällt nach kaum 3 Stunden in unserer Lieblingsbucht auf Lesvos der Anker.

Abendhimmel über dem Ankerplatz

Das Wasser hat fast 23 Grad, und die Sonne brennt vom nachmittäglichen Himmel – da kann uns auch der kühlende Wind nicht vom ersten Bad des Törns abhalten! Dabei kontrollieren wir wie immer die Lage des Ankers (auf 9 m Tiefe gänzlich im Sand verschwunden – ein paar Umdrehungen weniger hätten es beim Einfahren wohl auch getan 😉 ) und nach dem langen Stillstand den Zustand des Unterwasserschiffs (überraschend gut, ein paar Algen und einige Seepocken). Schließlich runden ein Abendessen bei Ziegenglockengeläut und Farbenspiel am Himmel den gelungenen ersten Segeltag ab.

Oinousses / Oinoussa

Montagmorgen geht es nach einem schnellen Frühstück gleich los, denn heute liegt eine längere Distanz vor uns: etwa 35 Seemeilen südlich von uns liegt die Inselgruppe der Oinousses wie eine Sperre quer in der Einfahrt zum Chios-Sund, und dort wollen wir hin.

Rauschefahrt gen Süden

Die griechische Wettervorhersage verspricht uns 5 Böen 6 am Vormittag und 6 bis 7 Windstärken im weitern Tagesverlauf, und das stimmt auch ziemlich genau – wieder einmal stellen wir fest, dass die lokalen Wettermodelle hier wohl besser passen als GFS und ECMWF, die gerne mal eine Windstärke weniger ansagen. Der Wind kommt genau von hinten, und wir baumen beide Vorsegel aus, um so mit Passatbesegelung nach Süden zu fliegen – speziell am Nachmittag, als der Wind sein Maximum erreicht und sich mit zunehmender Entfernung von Lesvos auch eine ganz ansehnliche Welle aufgebaut hat, fühlt sich das recht dynamisch an. Die Aries steuert einen perfekten Kurs, und wir müssen nur auf die vorbeirauschenden Wellen schauen und genießen – die Sonne von vorne und der Wind von hinten sorgen für sehr angenehme Temperaturen im Cockpit.

Begrüßung an der Hafeneinfahrt

Gegen 16 Uhr erreichen wir die nur gut eine Seemeile breite westliche Einfahrt in den Sund und biegen in den Windschutz der Hauptinsel, Oinoussa, ein, um deren Hafen anzusteuern, den mehrere kleinere Inseln perfekt vorm Schwell schützen. Hier finden wir einen Längsseitsplatz an der Kaimauer, direkt im Herzen der kleinen Siedlung. Touristisch ist die Insel nicht besonders erschlossen – sie ist zu klein für einen Flughafen, und nur die Fähre nach Chios verbindet sie mit der Außenwelt. Es gibt nur drei Tavernas und einen kleinen Supermarkt, aber erstaunlich viele Bäume (für so eine kleine Insel in der Ägäis) und sehr nette Menschen. Natürlich müssen wir einkehren, schließlich sind wir erstmals auf der Insel, und genießen ein Abendessen auf der Terrasse direkt an der See mit Blick auf Chios – die Aussicht müsste man woanders teuer bezahlen, hier ist sie eine Selbstverständlichkeit.

Am nächsten Vormittag unternehmen wir eine kleine Wanderung; die größten Anhöhen der Insel erreichen gerade mal 180 Meter, also wird es nicht allzu anstrengend. Wir schauen uns den Ort mit der hübschen Kirche an und wandern durch die Hügel, machen Rast in einem duftenden Pinienhain – alles klein und fein! Oinoussa hat keine altgeschichtliche Relevanz, ist aber in der Gegenwart Heimatort einiger der bedeutendsten griechischen Reederfamilien – daher verfügt die Gemeinde wohl auch über ausreichende Mittel, vor allem die Kirche ist in bestem Zustand und erstaunlich groß für die wenigen Einwohner.

Chios / Chios Marina

Gegen Mittag sind wir zurück von unserer Wanderung, und wenn auch der Hafen gut windgeschützt ist, so kann mann dennoch erahnen, dass es draußen wie am Vortag weiterbläst. Weit haben wir es auch nicht, und so können wir uns wieder nur unter Klüver auf den Weg nach Chios machen.

In der Marina Chios

Schon gegen 15 Uhr erreichen wir die offene Marina und sind froh, gleich einen Platz an der Außenmole zu finden – so schön die Überfahrt mit Wind war, Manöver im Hafenbecken bei 6 Beaufort sind eben doch kein Vergnügen. Wir holen uns noch Freddos vom Café gleich gegenüber und entspannen den Rest des Tages an Bord.

Die Windmühlen von Chios

Den nächsten Tag beschließen wir, in der Marina zu bleiben – sie gewinnt zwar keinen Schönheitspreis, bietet aber eine gute Versorgungslage, und vor allem haben wir für den Abend einen festen Programmpunkt! Erst mal aber erledigen wir die Einkäufe und fragen an der Tankstelle, ob man uns wohl 100 Liter Diesel in Kanistern ans Boot bringen würde – und erleben eine typisch griechische Episode: ja, gerne, aber der Seniorchef hält gerade Mittagsruhe, und die junge Frau kann ja nicht die Tankstelle alleine lassen … aber da steht ja ein Auto, die Schlüssel stecken, also, wenn es Dir nichts ausmacht … und so schnell ist man mit 5 Kanistern Diesel in einem fremden Auto unterwegs, ohne irgendwelche Papiere oder sonstwas hinterlegt zu haben. Überflüssig zu erwähnen, dass das keinen Cent Aufpreis kostet …

Im ‘Βραδύπους’

Am Abend dann gehen wir in die Stadt, denn hier wartet ein besonderes Restaurant auf uns: in der filmreifen Kulisse einer historischen Bruchsteinruine im Inneren der Burg liegt das ‘Βραδύπους’ (Vradhypous) und bietet eine Interpretation der griechischen Küche auf Sterneniveau zu den Tarifen einer deutschen Fast-Food-Kette. Wir bestellen ‘Kichererbsen aus Smyrna
in einer Sauce aus dehydrierten Chios-Tomaten, Minze und Kefirschaum’, ‘Fava-Creme mit Chutney aus sonnengetrockneten Tomaten, eingelegten Zwiebeln, Olivencreme, gebratenen Kapern, rotem Paprikapulver und Dillöl’, ‘Saisonales Grün, gekochte Zucchini, in Soja mariniertes Ei, Meerfenchel und Chios-Oregano, Chios-Roséessig’ und ‘Kichererbsen-Pilaw mit Tahini, traditioneller Gewürzmischung und Limettenschale’. Das Essen ist himmlisch, die Atmosphäre perfekt – wen es mal nach Chios führt, der sollte das nicht verpassen!

Chios / Komi

Donnerstagmorgen machen wir uns wieder auf den Weg, nachdem wir uns noch in der Bäckerei gegenüber der Marina mit herrlich fluffigen Zimtschnecken für den Nachmittagskaffee versorgt haben. Wir haben es zwar nicht weit, denn wir wollen nur bis kurz vor die Südspitze der Insel, aber es ist auch wenig Wind angesagt. Anfangs trifft das zwar gar nicht zu, so dass wir den größeren Teil der Strecke bald zurückgelegt haben – der verbleibende Rest dauert dann aber mehr als nochmal so lange, da der Südosten von Chios nicht mehr viel Wind abbekommt.

Nachsaison: nichts mehr los am Strand von Komi

Am frühen Nachmittag erreichen wir aber endlich den Strand von Komi, vor dem wir ankern. Direkt nebenan liegt die Bucht von Emborios, die eher besseren Schwellschutz verspricht, aber da waren wir vor zwei Jahren schon einmal, und neue Orte zu besuchen hat ja auch was. Tatsächlich schaukelt es hier etwas mehr (eher durch die von den mit Vollgas aus dem kleinen Hafen von Komi auslaufenden Fischerbooten verursachten Wellen als durch die See), aber dafür bietet der Ankerplatz eine riesengroße, weiße Sandfläche auf 4 bis 5 Metern Tiefe – perfekter Halt und sehr schön zum Schwimmen und Schnorcheln, was wir auch ausgiebig tun, das Wasser ist sehr klar und türkisfarben.

Fournoi / Hafen

Freitag steht die bislang längste Etappe auf dem Plan, wir wollen rund 45 Seemeilen durch die Passage zwischen Ikaria und Samos bis zur Insel Fournoi segeln. Die verschiedenen Windvorhersagen sind sich sehr uneinig: während manche (und auch die Hafennachbarn in Chios, die sie gelesen haben) uns prophezeien, den ganzen Weg mangels Wind motoren zu müssen, sagen andere für den Nachmittag sogar kräftigen Wind an – und in der besagten Passage kann man erfahrungsgemäß immer nochmal zwei Windstärken auf die Vorhersage drauflegen.

Sonnenaufgang über der Türkei

Wir brechen also zeitig auf und können uns so kurz nach dem Aufholen des Ankers erst mal beim kleinen Frühstück den Sonnenaufgang über der Türkei anschauen – da noch unter Motor, aber das ändert sich recht bald, als wir die unmittelbare Abdeckung verlassen, stellen sich etwa drei Windstärken Nordnordost ein, und wir können den Gennaker setzen – endlich mal wieder, das schöne bunte Segel haben wir schon lange nicht mehr benutzt.

Endlich wieder Gennakersegeln!

So läuft es einige Stunden ganz gut, bis wir am späten Vormittag, rund 15 Seemeilen südlich von Chios, in die Konvergenzzone kommen, in der sich die östlich und westlich um die Insel wehenden Windsysteme vermischen und dabei ihre Energie einbüßen. Schnell fällt die Geschwindigkeit über Grund auf unter drei, unter zwei, dann unter einen Knoten – das auszusitzen hat erfahrungsgemäß keinen Sinn, da es nicht die Zeit sondern die Stelle ist, welche die Flaute macht, und ohne Fahrt kommt man da nie raus; also läuft nochmal eine Stunde der Motor, und siehe da, dann kommt der Wind wieder – aus Nordwest, wer hätte das gedacht. Also geht es weiter unter Gennaker, nur auf dem anderen Bug.

Fournoi voraus!

Am Nachmittag steigert sich der Wind langsam, aber stetig; als er von Windstärke 4 in 5 übergeht (und uns der Gennaker mit sechseinhalb Knoten gen Süden zieht), tauschen wir diesen gegen den Klüver – keine schlechte Entscheidung, denn bald bläst es in der Passage wie erwartet mit konstanten 6 Beaufort. Danach lässt es wieder nach, so dass wir die restlichen Meilen bis Fournoi recht gemächlich unterwegs sind, aber auch so machen wir noch um 17:30 fest – das hat alles sehr gut geklappt!

Bei der Ansteuerung erleben wir noch eine kleine Episode mit einem Charterboot: dieses sehen wir in einiger Entfernung vor uns von Süden aufkommen und den Hafen von Fournoi ansteuern – wenn die uns mal nicht den letzten Liegeplatz wegschnappen, denken wir noch. Aber siehe da, als die ‘Orion’ kurz vorm Hafen steht, kommt uns der Segler wieder entgegen – ohne ausgebracht Fender. Unsere hängen schon schön in Reihe an Backbord – das sehen die Charterer, fangen an ihre auch zu platzieren und uns wieder Richtung Hafen hinterherzufahren.

Blick über den Hafen von Fournoi

Als wir um die Ecke biegen, sehen wir gleich vorne einen freien Platz von mindestens 30 Metern und tiefer drinnen einen von höchstens 15; einer Eingebung folgend, steuern wir den kleineren, engeren Platz an, um der Chartercrew den wirklich geräumigen Platz gleich zu Beginn der Kade zu überlassen. Unser Anlegemanöver dauert etwa 30 Sekunden – schnell genug, um die Charterer zwei Boote hinter uns quer im Hafenbecken treiben, mühsam wenden und wieder die Flucht ergreifen zu sehen. 5 Minuten später haben sie ihre Nerven beruhigt und fahren den dritten Anlauf auf ihren Längsseitsplatz, mit milden 12 Knoten von quasi vorne und genug Platz für eine kleine Fähre. Wir stehen inzwischen da, um die Leinen anzunehmen, und uns fliegen lange Leinen von Bug und Heck entgegen – nur die Mittelklampe, mit der man so schön in eine kleine Spring eindampfen könnte, ziert keine Leine. So ziehen wir also das Boot mit Muskelkraft an die Kade … die Familie an Bord bedankt sich (man spricht Deutsch) und ist heilfroh, endlich fest zu sein. Die Leute machen einen netten Eindruck, und es tut uns aufrichtig leid, wie man sich seinen wohlverdienten Urlaub so stressig gestalten kann, nur weil einem niemand vernünftiges Anlegen beigebracht hat …

Auf Fournoi

Am nächsten Tag erkunden wir die Insel zu Fuß: man kann zwar Roller und sogar Autos mieten, aber für eine Insel mit nur einer einzigen Straße scheint uns das übertrieben 😉 Fournoi sieht aus der Luft aus wie ein großer Hummer: etwa da, wo der Kopf ist, liegt der einzige und gleichnamige Ort, und die gewaltigen Scheren erstrecken sich weit nach Osten und Westen.

Ausblick Richtung Samos

Die Berge sind steil, die Küsten sehr zerklüftet, und die Insel ist so windgebeutelt wie kaum ein anderer Ort: gelegen genau südlich der Lücke zwischen Ikaria und Samos, bläst hier quasi immer der Nordwind. Eigentlich ein perfekter Ort für eine Windkraftanlage – nur gibt es die natürlich nicht.

Im Dorf

Bezaubernd ist der kleine Ort: wir hatten viel weniger erwartet (schließlich verirren sich nicht furchtbar viele Besucher hierher), finden aber hübsche, sehr lebendige Sträßchen, alle mit Bäumen gesäumt, deren Grün sich über den Köpfen vereint und Schatten spendet, darin zahlreiche Tavernas und ein paar Minimärkte – nett! Und der – übrigens nagelneue – Hafen macht den Aufenthalt hier auch trotz der Lage auf der Nordseite sicher, so dass sich in Zukunft sicher mehr Segler hier einfinden werden.

Auch die örtliche Gastronomie besuchen wir am Abend noch – im ‘Delphinakia’ gibt es Spaghetti mit Riesengarnelen, die in den höchsten Tönen gelobt werden. Die Portion ist äußerst großzügig und günstig, und wir können uns den begeisterten Gästen dort nur anschließen: eine unbedingte Empfehlung! Wir fragen uns langsam, ob man irgendwo in Griechenland auch mittelmäßig essen kann …

Patmos / Paralia Livadhi

Sonntagmorgen verlassen wir Fournoi – hier hätte man es noch länger aushalten können, aber der Zeit sind ja leider enge Grenzen gesetzt. Schon vor dem Ablegen machen wir eine erstaunliche Entdeckung auf dem AIS: das Passagierschiff ‘Elysium’, welches letzten Abend noch direkt neben uns auf der Außenseite der Mole lag, wird nur ein paar Kabel entfernt angezeigt, aber mit dem Bug an … Land! Ankern die da, und die Seekarte ist nur falsch? Aber kaum haben wir den Hafen verlassen und können um den Felsvorsprung Richtung Süden schauen, bestätigt sich das Kartenbild: der gut 60 Meter lange Luxusdampfer mit nur 25 Kabinen für die besseren Gäste liegt dwars auf den Felsen – just an der Stelle, wo die Seekarte einen Durchgang nach Süden zeigt, der aber nur groß und tief genug für ein Kanu ist. Hat man diesen mit der Fournoi-Passage eine halbe Seemeile weiter westlich verwechselt, oder ist nach dem Ablegen Maschine oder Ruderanlage ausgefallen? Man weiß es nicht, und der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, aber in jedem Fall haben die handverlesenen Passagiere für den fünfstelligen Pfund-Betrag ihrer Reise echt was geboten bekommen!

Da die falsche Passage ja nun wirkungsvoll blockiert ist, nehmen wir statt dessen die richtige und sind bald auf Südostkurs nach Patmos; der Wind ist sehr abwechslungsreich, auf der Nordseite von Fournoi hatten wir 5 Windstärken, in der Passage eine konstante 6, danach flaut es aber auf 5, 4 und bald auch 3 ab. Klüver rein, Gennaker raus – und kaum eine halbe Stunde später geht es wieder auf 20 Knoten, und die ‘Orion’ fliegt mit 7 Knoten Patmos entgegen. Das macht Spaß, aber wer soll das Segel wieder runterholen, wenn es noch weiter zulegt? Also, Gennaker runter, Klüver raus – und sofort beruhigt es sich wieder auf 4 Beaufort. Ach ja …

Paralia Livadhi

Ungeachtet dieser Kapriolen erreichen wir gegen 14 Uhr die Ostspitze von Patmos und biegen in die riesige, geschützte Bucht ein, welche die Halbinsel bildet. An der Südseite dieser findet man eine geschützte Ankerbucht neben der anderen; wir können uns kaum entscheiden und möchten jede besuchen, entscheiden uns aber schließlich für Paralia Livadhi, wo das Wasser besonders türkisfarben leuchtet und der Strand völlig unbebaut ist.

Abendhimmel über Patmos

Später gehen wir ins 23 Grad warme Wasser und schwimmen zum Strand, wo knorrige Tamarisken blühen, und beim Abendessen im Cockpit färbt sich der Himmel über Patmos in allen Orange- bis Lilatönen – was für ein schönes Fleckchen!

Auch die Nacht ist perfekt, der tief im weißen Sand eingegrabene Anker lässt uns ruhig schlafen, und nicht der geringste Schwell schaukelt das Boot, während ein beständiger, lauer Wind uns ausgerichtet hält und für angenehme Luft sorgt, die nach den aromatischen Kräutern der Insel duftet. Ein paar Ziegenglocken, in der Ferne grüßt uns ein Esel … was will man mehr!

Patmos / Skala
Abseits der Besucherströme …

Ausgeruht warten wir am nächsten Morgen noch die Karawane der Charterboote ab, die den Hafen von Patmos verlässt, um dann selbst dort einzulaufen – nur drei Seemeilen sind es von unserem Ankerplatz. Die Platzauswahl ist groß, wir können sogar längsseits liegen – in diesem Fall möchten wir das auch, da für den Abend starker Wind angesagt ist, der dann quer über die Boote vor Buganker fegt.

… gibt es noch viel Schönes auf Patmos

Wir nutzen den langen Tag für mehrere Spaziergänge in die Stadt – Supermarkt, Obst- und Gemüsehändler, Kaffeetrinken und schließlich Abendessen – und finden unseren Eindruck vom ersten Besuch hier bestätigt: natürlich weist Patmos die Erkennungsmerkmale eines Kreuzfahrerziels auf (Andenkenläden, teure Juweliere, für griechische Verhältnisse überhöhte Preise – ein halber Liter Wein für 8 Euro, man stelle sich das vor! 😉 ), aber dennoch will man nicht gleich wieder weg, der Ort hat – vor allem fernab der Seefront – seine charmanten Seiten: liebevoll restaurierte Häuser, verwinkelte Altstadtgassen, prächtig Blühende Blumen vor weißem Mauerwerk – die Griechenlandidylle findet man auch hier noch.

Leipsoi / Paralia Papantria

Als die ‘Norwegian Jade’ vor dem Hafen ihre Heerscharen ausbootet, wird es uns aber doch zu voll auf Patmos, und wir legen ab – ohne Maschine unter Vorsegel, man will den Chartercrews ja mal was bieten 😉 Der Wind der vergangenen Nacht hat sich etwas beruhigt, aber die Vorhersage für die offene See lautet immer noch 5 bis 6 Beaufort; wir lassen uns davon nach Südosten zu Nachbarinsel Leipsoi tragen.

Paralia Papantria und Nachbarbucht

Die auf der Südwestküste gelegene Hafeneinfahrt lassen wir links liegen – der Ort hat uns zwar bei früheren besuchen gut gefallen, aber bei dem Wind wollen wir nicht in die Enge des Hafens. Lieber suchen wir uns einen Ankerplatz an der Südküste, wo ein Strand neben dem anderen liegt. An der Südwestspitze der Insel ragt eine Kette von Riffen weit hinaus – gut so, das verspricht guten Schutz vor Schwell! Und tatsächlich, als wir um den südlichsten Felsen biegen, liegt ein ‘Träumchen in Türkis’ vor uns! Gut, dass wir früh hier sind (es waren nur 13 Seemeilen von Patmos), denn das Wasser ist einfach zu einladend!

Leros / Xirokampos

Neuer Tag, neue Insel – heute soll es weiter nach Leros gehen, die nächste Insel im Süden. Das ist es, was uns den Dodekanes so schätzen lässt: unzählige attraktive Ziele befinden sich in kürzester Distanz zueinander. Eine kleine Herausforderung beinhaltet der Weg nach Leros aber doch: heute soll der Wind nämlich nochmal ordentlich zulegen, 6 bis 7 Beaufort sind vorhergesagt – und die gibt es auch! Schon am Ankerplatz pfeift es gut, und wir gehen sicherheitshalber erst mal nur unter Kuttersegel Anker auf statt wie gewohnt unter Klüver – und tatsächlich, mit 25 bis 30 Knoten Wind laufen wir auch mit dem kleinen Segel noch fast 6 Knoten!

Leros voraus – die Wellenhöhe ist wie immer kaum auf dem Foto einzufangen

Die zunächst noch moderate Welle legt auch immer mehr zu, als wir die Abdeckung von Leipsoi hinter uns lassen, und bald rauschen 2 – 3 Meter hohe Wasserberge heran. Die ‘Orion’ lässt sich davon aber nicht irritieren, die Aries steuert wie immer perfekt, und so werden wir mutiger und rollen noch ein ganzes Stück vom Klüver zusätzlich aus. 7 Knoten über Grund im Surf die Wellen hinunter, geht doch! 🙂

Panteli bleibt an Steuerbord zurück

Nicht so gut ist die Gesamtlage nur für unsere Übernachtungspläne: gerne hätten wir den Hafen von Panteli an der Ostseite der Insel angelaufen oder davor geankert, aber dazu müssten Wind und See stärker aus Nordwest kommen – so steht noch eine Menge Schwell in die Bucht von Panteli, die südlich vom Hafen an (kostenpflichtigen!) Muringbojen liegenden Boote schaukeln ganz schön. Wir schauen uns die Sache dennoch aus der Nähe an, der Hafen ist aber wirklich klein und vollgepackt mit Fischerbooten, der einzig halbwegs in Frage kommende Ankerplatz direkt vorm Hafen bereits besetzt, und das Muringfeld weiter südlich … Geld bezahlen, um schlecht zu schlafen? Da fahren wir halt weiter … nur ein paar Seemeilen, denn am Südende der Insel befindet sich die Bucht von Xirokampos, und dort gibt es genug Platz, keinen Schwell – und sogar einige kostenlose Murings, so dass wir noch nicht mal ankern müssen – alles richtig gemacht!

Panagia Kastrou

Am folgenden Morgen blasen wir endlich mal unser Dinghi auf und setzten über zum kleinen Anleger von Xirokampos; der Wind hat inzwischen stark nachgelassen, und so gestaltet sich das ganz problemlos und trocken. Wir erklimmen eine kleine Anhöhe, wo man auf die Überreste eines alten Kastros (uns) unbekannter Herkunft eine Kapelle gebaut hat. Von hier bietet sich ein schöner Rundumblick sowohl über unsere Ankerbucht als auch nach Norden in die große Bucht von Lakki.

Strandbar mit Aussicht

Auf dem Rückweg versorgt uns ein Minimarkt mit Nachschub an Milch und griechischem Joghurt (der hier nochmal um Klassen besser schmeckt als das gleichnamige Produkt in Deutschland!), und zum Abschluss setzten wir uns noch in eine der Strandbars und trinken Freddo und frisch gepressten Orangensaft mit Blick auf die ‘Orion’ – herrlich!

Kalymnos / Emporeios

Auch heute gibt es aber noch eine neue Insel – eine Passage von gerade einer Seemeile Breite trennt Leros vom südlichen Nachbarn Kalymnos, also macht es nichts, dass wir erst gegen Mittag losfahren. Der Wind kann sich allerdings im Schatten von Leros nie richtig durchsetzten, und als wir auch noch von Kalymnos abgedeckt werden, verlässt er uns gänzlich, so dass wir die zweite Hälfte unserer 6 Seemeilen Tagesstrecke motoren müssen.

Ankerbucht mit Bergpanorama: Emporeios

Unser Ziel, die Bucht von Emporeios, liegt zu drei Vierteln umschlossen von den Gebirgszügen, die die ganze Insel bedecken, und in der verbleibenden Öffnung liegt die ebenfalls ziemlich hohe Insel Telendos, so dass man sich in einen Alpensee versetzt fühlt. Dementsprechend hat der Bergsteiger- und Aktivurlaubstourismus die klassische Einkommensquelle der Insel, das Schwammtauchen, schon lange verdrängt.

Strand vom Emporeios

Vorm Strand hat der Besitzer einer der Tavernas, Captain Kostas, geschäftstüchtigerweise etliche Muringbojen ausgelegt. Das ist auch wirklich nützlich, fällt der Grund doch recht steil ab (wie alles auf dieser Insel), und man findet keine guten Tiefen zum Ankern. Bedingt durch diese Erleichterung findet sich aber ein Dutzend Boote ein – hauptsächlich Charterer, die sich sonst vielleicht nicht an dieser Aufgabe versuchen würden. Die Benutzung der Bojen ist kostenlos, aber wenn man zum Abendessen an Land geht, sollte man anstandshalber auch zu Captain Kostas und nicht zur Konkurrenz gehen.

Abendessen mit Aussicht

Das Konzept geht auf, der Laden brummt, als wir dort einkehren, und die meisten Gäste sind Segler – auf dem Landweg ist Emporeios nur durch eine einstündige Fahrt durchs Nichts zu erreichen, und die Straße endet auch dort. Trotz des touristischen Auftritts ist das Essen nicht schlechter als gewohnt, sondern sehr gut – nur etwas teurer als die sich auch an Einheimische richtende Gastronomie. Seit Patmos merken wir, wie es immer voller wird, auf dem Wasser wie an Land. Touristisch hin oder her, die Aussicht vom auf dem Kiesstrand stehenden Essentisch ist einfach fantastisch!

Hauptattraktion des Ankerplatzes ist eben nicht das leckere Essen – wo gibt’s das hier nicht? – sondern das atemberaubende Panorama, von dem sich nach unserer Rückkehr an Bord nur noch die Silhouette abzeichnet; dafür beleuchten tausend Sterne und die Milchstraße die Szenerie – magisch!

Telendos

Auch als wir am nächsten Morgen die Bucht verlassen und gen Süden zwischen Kalymnos und Telendos durchfahren, können wir uns nicht sattsehen an diesen mächtigen, steil ins Wasser abfallenden Gebirgszügen. Auf Telendos klebt ein winziger Ort am Hang dieses riesigen Felsens – nur ein geringer Prozentsatz der Inselfläche ist eben genug, um in irgendeiner Form bebaut werden zu können. Man muss sich in Erinnerung rufen, wie die ganze Gegend von tektonischer Aktivität geformt und geprägt wurde – Telendos etwa war bis zu einem Erdbeben im Jahre 554 n. Chr. noch mit Kalymnos verbunden. Was muss das für ein Ereignis gewesen sein – die häufigen Erdbeben an der türkischen Küste sind nur eine kleine Erinnerung daran, dass die Erdkruste hier sehr lebendig ist.

Kalymnos / Vathy

Als wir uns aus der Abdeckung von Telendos lösen, fangen wir auch einen sanften Wind ein, mit dem wir bis auf die Südseite von Kalymnos segeln können; vor der großen Bucht, in welcher der Haupthafen der Insel liegt, verwandelt sich dieser aber in eine umlaufende Flaute, so dass wir die letzte Stunde motoren müssen, um schließlich in die fjordartige Bucht von Vathy einzulaufen.

Bilderbuchlage: Vathy

Hier waren wir vor knapp zwei Jahren schon einmal, aber das ist kein Grund, nicht noch einmal herzukommen, ganz im Gegenteil: der sehr kleine Ort ist einfach wunderschön gelegen, hier sollte man nicht vorbeifahren! Nach den vielen Charterbooten vor Emporeios machen wir uns etwas Sorgen um die Liegeplatzsituation, aber das erweist sich als unbegründet: zwar ist der Hafen klein und größtenteils, es gibt nur Platz für wenige tiefgehende Boote, aber gerade deshalb verirren sich hierher auch nur etwas kleinere Yachten. Wir sind ohnehin im Vorteil, weil wir mit unserem langgezogenen Bug auch vorwärts vor Heckanker anlegen können, wo sich ein modernes Boot rückwärts die Ruderanlage ruinieren würde; das tun wir auch, um den tieferen, ebenfalls noch unbelegten Platz noch jemandem zu überlassen, der darauf angewiesen ist – es kommt jedoch nach uns kein Boot mehr herein.

Da erblasst der Gartenfreund vor Neid …

Obwohl tagsüber die großen Ausflugsboote Scharen von Touristen von Kos herüberschaffen (einschließlich Reiseleiterin mit TUI-Schild, und auch sonst wird kein Klischee ausgelassen), findet sich noch eine familiengeführte  Taverna mit nur einer Handvoll Tischen, sehr nettem und persönlichem Service, köstlicher Küche und Preisen ohne Touristen-Aufschlag (wer mal hinkommen sollte: ‘Το Λιμανάκι του Βαθύ’, Der kleine Hafen von Vathy) – wir können nur darüber staunen, wie man unter diesen Umständen nicht der Versuchung erliegen kann, das schnelle Geld mit Leuten zu machen, die eh nie wieder kommen werden. Was steht dahinter – Anstand, Würde, Ehre? Wie schon so oft festgestellt, die Gewinnerzielungsabsicht hat hier noch nicht alle anderen menschlichen Leitmotive verdrängt … und, um das deutlich zu sagen, dabei geht es uns nicht um Geiz-ist-geil: aber es fühlt sich gut an, fair behandelt zu werden, und die Gastronomie hier mag nur ein Drittel der Preise in Deutschland abrufen, aber dafür gehen wir hundertmal so gerne und (fast) so oft aus, und sorgen so für einen deutlich größeren Umsatz – und auch nach Abzug der ‘Materialkosten’ Gewinn – als zu Hause … aber bitte, jeder wie er’s will!

Pserimos / Vathy
Vathy auf Pserimos

Wir verlassen Vathy erst gegen Mittag, es sind nur 9 Seemeilen bis zu unserem nächsten Ziel, der kleinen Insel Pserimos. Unsere Erwartungen an den Wind sind nicht hoch, umso erfreulicher, dass wir kurz nach dem Verlassen des Küstenbereichs vor Kalymnos, wo nur ein flauer thermischer Wind auf die Insel zu weht, die Segel setzen und bis kurz vor den Ankerplatz segeln können. Dieser liegt auf der der Türkei zugewandten Seite von Pserimos und heißt – Vathy. Wer sich über das Namens-Recycling wundert: ‘βαθύς’ bedeutet einfach ‘tief’ (der Segler denke an die ‘Bathymetrische Karte’ – der griechische Buchstabe ‘beta’ wird heute eben als ‘v’ ausgesprochen).

Im kristallklaren Wasser wirft die ‘Orion’ ihren Schatten auf den weißen Sand in 5 Metern Tiefe

Die Ankerbucht ist nicht nur tief eingeschnitten, sie verfügt auch über gleichmäßig tiefes Wasser – und einen perfekten Sandgrund, der die ganze Bucht in traumhaften Farben leuchten lässt. Es ankern auch schon einige Yachten hier, und ein Ausflugsboot wässert gerade seine menschliche Fracht (oder wie nennt man das, wenn alle im Gänsemarsch ins Wasser hüpfen, zwei Runden ums Boot schwimmen und wieder die Treppe an Bord laufen, um bald darauf zum nächsten Ziel befördert zu werden?). Platz gibt es aber reichlich, und auch wir genießen nach dem Abzug des Ausflugsdampfers noch das inzwischen 24° warme Wasser – auf der Reise nach Süden steigen langsam die Temperaturen …

 

Später unternehmen wir eine kurze Wanderung über den Hügelsattel in den einzigen Ort der Insel, Avlakia, nur eine Handvoll Häuser und Gastronomie für die – Tagestouristen, genau. Am Abend sind die wieder am Buffet im Hotel auf Kos, und wir genießen die Ruhe am schönen Strand des Dorfs, das keinen Meter geteerte Straße hat, alles ist weißer Sand.

Kos / Kardamaina

Am Sonntagmorgen verlassen wir den Ankerplatz (hier hätte man wirklich auch noch bleiben können …) und machen uns auf den Weg zum Zwischenziel dieses Törns, Kardamaina auf der Südseite von Kos. Die Distanz ist mit 24 Seemeilen nicht ganz so kurz, und ausgerechnet an diese Tag verlässt uns der Wind, der es in den vergangenen zwei Wochen so gut mit uns gemeint hat, völlig: mit 4 Knoten Wind legen wir diese Distanz nicht an einem Tag zurück. Zudem sind wir etwas nervös hinsichtlich der Liegeplatzsituation vor Ort, also haben wir auch nicht die Geduld, auch nur ein paar Stunden auf der Stelle zu segeln; statt dessen läuft die ganze Zeit der Motor – wenigstens sind wir mit dem letzten Herbst montierten 20″-Propeller rund einen Knoten schneller unterwegs.

Türkische Küste bei Bodrum

Zunächst halten wir auf die Meerenge zwischen Kos und der türkischen Küste bei Bodrum und kommen dieser dabei bis auf anderthalb Seemeilen nahe – die Bebauung ist so viel dichter als auf den griechischen Inseln direkt gegenüber! In dieser Hinsicht sind wir auch auf den Anblick von Kos-Stadt am Ostende der Insel gespannt, gibt es hier doch das volle Programm an Pauschalreisen und Badetourismus; wir werden aber ‘enttäuscht’, natürlich gibt es unzählige Hotels, aber die elfstöckigen Plattenbauten der spanischen Küste sucht man auch hier vergebens -gut so!

Hallo, Nachbar!

Wir passieren das Ostkap von Kos, Agios Fokas; hier hat man eine riesige griechische Flagge auf die Felsen gemalt, damit beim misstrauisch beäugten Nachbarn gegenüber auch ja keine Missverständnisse aufkommen 😉

Mächtige Berge im Südosten von Kos

An der Südostküste fallen die Berge so steil ins Meer ab, dass keinerlei Bebauung möglich ist; hier ist die Insel völlig einsam und sehr schön. Erst als sich die Berge nach weiteren zwei Stunden Fahrt langsam abflachen, gibt es wieder Platz für Siedlungen, so auch Kardamaina, welches über einen großen, gut geschützten Hafen auch bei südlichen Winden sowie eine perfekte Anbindung zum Flughafen verfügt, was es als unser Zwischenziel qualifiziert.

Blick vom Liegeplatz über den Hafen von Kardamaina

Die Liegeplätze etwas abseits an der Südmole sind leider belegt, aber dafür finden wir ein Plätzchen neben den Fischern – sehr gut, hier können wir ein paar Tage bleiben!

Der Ort ist ebenfalls sehr touristisch geprägt, und offenbar fest in britischer Hand: es gibt original englische Pubs,  und am Abend läuft überall ein Rugby-Spiel auf riesigen Flachbildfernsehern, unter großer und lautstarker Anteilnahme des Publikums. Etwas skurril alles, aber sonst ganz nett hier 🙂

Kos: Landgang

Am Montag mieten wir ein Auto, um auch das Inland von Kos kennenzulernen. Von Kardamaina führt eine Stichstraße wenige Kilometer ins Inland bis zum Flughafen, wo sie auf die Hauptstraße trifft, die sich der Länge nach über die Insel erstreckt – ein übersichtliches Straßennetz. Wir fahren zunächst in den Wald von Plaka.

Im Wald von Plaka

Auf ca. 30 Hektar wachsen hier alte Pinien; das ganze Gelände liegt in einer Art Senke im weichen Tuffgestein der Gegend, was wohl erklärt, wie sich hier genügend Feuchtigkeit halten kann. Besondere Attraktion ist die Population von wildlebenden Pfauen – die auch gefüttert werden und daher alles andere als scheu sind.

Nach den Pfauen muss man nicht lange suchen

Am Parkplatz neben der Straße finden sich auch am Vormittag schon etliche Besucher ein, denn hier ist auch der Futterplatz für die Tiere; geht man aber nur 50 Meter in den Wald hinein, trifft man keine Menschenseele mehr. Und der Spaziergang lohnt sich: die Luft ist warm, aber noch angenehm, es ist schattig, die Sonne bricht durch die Baumkronen und zaubert wunderhübsche Lichtreflexe auf den von langen Piniennadeln bedeckten Boden, und der Duft – ist unbeschreiblich! Ein wunderschöner Ort, hier könnte man auch einen Picknickkorb mitbringen und den ganzen Tag verbringen – sehr erstaunlich eigentlich, dass niemand auf diese Idee kommt.

Blick von Zia über die Ebene von Kos auf Pserimos und Kalymnos (links)

Als nächstes führt uns unser Weg nach Osten, entlang der Berge. Majestätisch ragt das Dikaios-Massiv mit bis zu 846 Metern Höhe über der Küstenebene auf. Die Gipfelregion ist nur durch eine echte Bergtour zu erreichen, wir müssen uns damit begnügen, ein paar auf halber Höhe gelegene Bergdörfer zu besuchen. Eines davon, Zia, hat ziemliche touristische Berühmtheit erlangt.

Ein paar Meter abseits ist es auch in Zia schön

Busladungsweise werden hier die Besucher abgeladen, um entlang der Dorfstraße zu schlendern und neben Kräutern, Olivenölprodukten und Honig auch Waren mit so ausgeprägtem Ortsbezug wie Designershirts und Handtäschchen zu erstehen … die Aussicht ist aber wirklich schön, und wenn man die 30 Höhenmeter auf die nächste Ebene des Wegenetzes zurücklegt, auch das Dorf.

Ruinen in Chaichoutes

Wir besuchen auch noch das ‘verlassene Dorf’ Chaichoutes oder Agios Dimitrios; dieses ist größtenteils verfallen, nur die Kirche ist gepflegt, und einige Häuser sind sehr hübsch restauriert. Es gibt euch eine Taverna, die allerdings schon geschlossen ist – im Oktober ist halt die Saison vorüber (es hat ja auch nur noch 27°, und ab und an soll es sogar regnen). Von der Lage und Aussicht her hätte das Dorf das Potential, ein zweites Zia zu werden – wenn die Zufahrt nur für Reisebusse passierbar wäre 😉

Herrliche Lage – Ausblick von der Kirche Agios Dimitrios

Zum Abschluss des Landgangs besuchen wir natürlich den Hauptort der Insel; hier finden sich zahlreiche Ausgrabungsstätten, denn auch Kos blickt auf eine vieltausendjährige Geschichte zurück. Nicht fehlen dürfen natürlich die Überreste zahlreicher Heiligtümer, besonders bekannt ist Kos aber für seine antike Ärzteschule, das Asklepieion, und seinen berühmtesten Sohn, Hippokrates.

Aus jüngerer Vergangenheit stammt die noch immer beeindruckende Johanniterfestung Neratzia direkt am Hafen, welche von den Kreuzrittern im 14. Jahrhundert zur Verteidigung gegen die Osmanen errichtet wurde. Diese kann kostenlos besichtigt werden – aber nur bis 15 Uhr, und da wir das nicht wissen, schließt man die Pforte quasi vor unserer Nase. Aber auch der Rest von Kos-Stadt bietet genug Programm: die – ebenfalls frei zugänglichen – Ausgrabungsstätten um die Agora, die hübsche Altstadt und der große Hafen. Und selbst in diesem Ort, wo man auf den Straßen praktisch nur Deutsch, Englisch und Niederländisch hört und die Restaurants bebilderte Tafeln aufgestellt haben, schaffen wir es, ein gutes (frühes) Abendessen einzunehmen, so dass wir das Auto zum Schluss noch für Einkäufe nutzen und rechtzeitig in Kardamaina wieder abgeben können.

Nisyros / Paloi

Nach viertägiger Zwangspause in Kardamaina, die mit den üblichen Bootsarbeiten und ansonsten recht ereignislos verlaufen, können wir am Samstag den 21. zur zweiten Hälfte unseres Törns aufbrechen. Schwacher Südwind ist angesagt, und wir sind hoch motiviert, die überschaubare Strecke von 10 Seemeilen bis zur südlichen Nachbarinsel Nisyros unter Segeln zurückzulegen – und müssen in den folgenden Stunden wieder einmal feststellen, dass bei Flaute zu segeln in vielerlei Hinsicht anstrengender ist als bei Starkwind: wir versuchen der Gegenflaute mit Großsegel und Code 0 etwas Geschwindigkeit in Richtung Ziel abzuringen, was durch einen halben Knoten Gegenstrom nicht einfacher wird. Nach vielen Manövern und Stunden müssen wir schließlich doch den Motor zu Hilfe nehmen, wenn wir zu einer akzeptablen Zeit den Zielhafen erreichen wollen.

Die Insel Nisyros ist vulkanischen Ursprungs – anschaulicher gesagt, sie ist ein einziger großer Vulkan, dessen Mitte zu einer Caldera eingebrochen ist. Der Kraterrand fällt größtenteils so steil ins Meer ab, dass es keinerlei Siedlungen, Häfen oder Ankermöglichkeiten gibt.

Abendstimmung im Hafen von Paloi

Nur auf der Nordseite gibt es den Hauptort und Fährhafen Mandraki und etwas östlich noch den Fischerhafen Paloi, und da wollen wir hin. Die Einfahrt neigt dazu, zu versanden (kein Wunder, auf die Nordseite der Insel steht normalerweise der Wind), daher wollen wir noch bei brauchbarem Licht da reinkommen – was uns auch gut gelingt, wir sehen aber noch zwei Boote nach uns einlaufen, die sich festfahren, in einem Fall sogar sehr nachhaltig.

Der Ort ist wirklich übersichtlich, aber sehr nett, und so ist auch der Autovermieter, mit dem wir gleich einen Leihwagen für den nächsten Tag ausmachen: per Handschlag, zum schmalen Preis, ohne jeden Papierkram – griechisch eben.

Zwar verfügt die Insel nicht gerade über ein umfangreiches Straßennetz, dennoch muss man ihr Inneres besuchen, wenn man schon hier ist: in der Caldera raucht und dampft es nämlich überall, und der Stefanos-Krater ist einer der wenigen begehbaren aktiven Vulkankrater weltweit. Der Vermieter gibt uns auch Hinweise, wie wir den Ausflug planen müssen, um den Tagestouristen, die in Bussen aus Mandraki herangekarrt werden, auszuweichen. So haben wir den Krater für uns allein und können, umweht von Schwefeldämpfen, die geothermale Aktivität bestaunen und einer aktiven Magmakammer so nahe kommen wie nirgendwo sonst.

Dorfplatz in Nikia

Aber auch die beiden Bergdörfer Nikia und Emporeios sind sehenswert; ins letztere fahren wir zum Abschluss des Tages noch einmal, um dort in eine traditionelle Taverna einzukehren, und bekommen ein ganz hervorragendes Abendessen in sehr netter Umgebung. In Mandraki wäre die Auswahl zwar viel größer gewesen, aber dort ging es uns viel zu touristisch zu; beeindruckt haben uns dort aber die riesigen, perfekt zusammengefügten Steine in der schätzungsweise 2.500 Jahre alten Festungsmauer – unglaublich, wie man das zu dieser Zeit und mit den entsprechenden Werkzeugen hinbekommen hat, die einzelnen Steine sind sicher einen Meter hoch und teilweise doppelt so breit, und in die Fugen passt kein Blatt Papier!

Neben dem Vulkan ist eine der Hauptattraktionen der Insel aber einfach der Ausblick, der sich rundherum vom Kraterrand auf die Ägäis und die umliegenden Inseln bietet – so unglaublich weit und blau!

Tilos / Paralia Skafi

Montagmorgen verlassen wir den Hafen von Paloi – genau unserem GPS-Track von der Einfahrt folgend, man muss sein Glück ja nicht herausfordern – und nehmen Kurs auf die südlich liegende Nachbarinsel Tilos. Diese soll uns aber nur als Übernachtungsstopp dienen, eigentlich wollen wir erst mal nach Symi weiter im Osten, aber auch heute gibt es kaum Wind, und da ist uns der Weg nach Symi zu weit.

So absolvieren wir also wieder das übliche Schwachwind-Beschäftigungsprogramm: Groß setzen, Code 0 ausrollen, Segel shiften, Motor an, Motor wieder aus, Segelstellung wieder verändern – und schließlich, als wir den Einflussbereich von Nisyros verlassen, werden wir mit einer leichten Brise belohnt, die uns an die Nordspitze von Tilos bringt.

Einsam: Paralia Skafi

Eigentlich hatten wir uns eine Ankerbucht an der Ostküste ausgesucht, weil uns diese besser geschützt erschien, aber quasi im Vorbeifahren haben wir uns dann für die Bucht von Skafi ganz im Nordosten entschieden, konnten wir doch auf glattes, ruhiges Wasser und einen hübschen Strand blicken. Also, schnell das Leichtwindsegel eingerollt und ab in die Bucht!

Abendhimmel am Ankerplatz

Der Ankergrund erweist sich als hervorragend, ebenso das Schnorcheln bei 25° Wassertemperatur sowie später der Blick auf das Farbenspiel am Abendhimmel; dass die Bucht völlig einsam und unbewohnt ist, bringt zwar den kleinen Nachteil mit sich, dass wir mal wieder ohne Mobilfunkabdeckung und somit Kontakt zur Außenwelt sind, aber das nehmen wir gerne in Kauf 🙂

Symi / Pedi

Für den Dienstag ist halbwegs brauchbarer Wind aus West angekündigt, und so wollen wir die rund 30 Seemeilen nach Symi in Angriff nehmen. Wir können schon unter Großsegel den Anker lichten und aus der Bucht herausfahren, wo wir dann den Code 0 hinzunehmen und tatsächlich bald gute Fahrt machen; der Wind ist sogar etwas kräftiger als vorhergesagt, zeitweise messen wir 15 Knoten aus westlichen Richtungen, und so geht es mit bis zu 6 Knoten Fahrt schnell voran, was wir sehr zu schätzen wissen nach 10 windarmen Tagen.

Aber wir haben und zu früh gefreut: fast genau gegen 11 Uhr sichten wir noch Delphine und halten das für ein gutes Omen, als auf einmal der Wind abgestellt wird – von 15 auf 2-3 Knoten innerhalb von ein bis zwei Minuten! Solche scharfen Windgrenzen haben wir nur im Windschatten großer Bergmassive wie auf der Südseite Kretas erlebt – aber wir befinden uns vor der Lücke zwischen Tilos und Nisyros, in Luv von uns ist rein gar nichts, nur hunderte Seemeilen Wasser!

Symi voraus!

Aber es bleibt dabei, und so motoren wir mehrere Stunden, bis sich kurz vor Symi neuer Wind einstellt – aus Südost! Der muss irgendwie um Rhodos herumkommen … das erklärt auch ein wenig, was den Westwind aufgehalten bzw. neutralisiert hat, aber es passt nicht im allergeringsten zu irgendeiner Vorhersage – wir stellen immer mehr fest, dass die Rhodos-See genannte Bucht, welche von ebendieser Insel im Süden, der Datça-Halbinsel im Norden und dem türkischen Festland im Osten eingerahmt wird, ziemlich unberechenbare Windverhältnisse hat …

Die Nimos-Passage: da müssen wir durch …

Am Nachmittag erreichen wir so wieder unter Segeln Symi, queren die enge Passage zur vorgelagerten Insel Nimos, lassen den Hauptort der Insel an Steuerbord liegen und ankern schließlich in der Bucht von Pedi.

Farbenfroh: Pedi

Hier erwarten uns farbenfroh gestaltete Gebäude eingebettet in eine fjordartig eingeschnittene Bucht mit intensiv blauem Wasser – eine Farbenpracht! Am ungewohnten Architekturstil kann man den Einfluss der Italiener ablesen, welche die Insel von 1912 bis 1943 besetzt hatten und in dieser Zeit offenbar rege Bautätigkeit entwickelt haben; später hat man dann diesen Stil beibehalten, weil er zu einem (touristischen) Merkmal der Insel geworden war.

Am Abend nach unserer Ankunft kommen wir nicht mehr an Land, da wir auf einem britischen Nachbarboot, deren Crew wir schon auf Nisyros kennengelernt haben, zu einem Drink eingeladen werden und dann dort hängenbleiben, aber am nächsten Vormittag laufen wir über die Anhöhe, die Pedi vom Hauptort der Insel trennt, um uns diesen anzuschauen. Symi-Stadt erweist sich als größere Ausgabe von Pedi: die gleichen bunten Häuser, nur mehr davon, und alles ziemlich überlaufen mit Menschen. Visuell gefällt uns der Ort gut, er fühlt sich aber viel hektischer an, und wir sind froh, nicht dort an die Kaimauer gegangen zu sein, wo einem die Autos quasi durchs Cockpit fahren.

Zurück in Pedi – wir haben den öffentlichen Bus genommen, die Temperaturen gehen schon wieder auf 30 Grad, obwohl es noch nicht Mittag ist – erledigen wir noch die Einkäufe im kleinen, aber überraschend gut sortierten Minimarkt und verlassen dann die schöne Bucht von Pedi.

Symi / Panormitis

Gut 10 Seemeilen um die Insel liegt im Südosten nämlich die Hauptattraktion derselben – jedenfalls für unzählige griechisch-orthodoxe Christen, die jedes Jahr hierhin pilgern: in einer einsamen und nur durch eine enge Passage zu erreichenden Bucht liegt ein altes Kloster, mit vollem Namen ‘Kloster des Erzengel Michael in Panormitis‘, wunderschön in die Landschaft eingebettet. Unser Weg dorthin ist wie üblich von Flaute begleitet, aber wenigstens ist es ja nicht so weit …

Das Kloster des Erzengel Michael in Panormitis

Wir waren gewarnt, dass es in der Bucht sehr voll werden kann, aber glücklicherweise ist es ja doch schon spät im Jahr – nur wenige Boote ankern dort schon, und es gibt reichlich Platz; wir finden eine schöne Stelle vor einem kleinen Strand mit Blick aufs Kloster.

Das Kloster in abendlicher Beleuchtung

Dieses ist wirklich sehr hübsch, was sicher zu seiner Attraktivität beiträgt, und es werden auch sehr günstige Übernachtungszimmer an die ‘Pilger’ vergeben; wie wir selbst von unseren griechischen Freunden wissen, ist eine Reise dorthin ein guter Anlass, einfach mal rauszukommen und einen Kurzurlaub im Zeichen der Frömmigkeit zu machen – warum auch nicht?!

Am Abend ist das Gebäude stimmungsvoll ausgeleuchtet, und es schallen zu uns die Mönchsgesänge der Abendmesse übers Wasser – ein sehr stimmungsvoller Ort, das begreift man auch, wenn man nicht als Pilger hier ist.

Alimia / Tigani

Am Donnerstag ist mal wieder ein Hauch Wind angesagt; diesen wollen wir nutzen, um uns aus der flautigen Bucht, in der Symi liegt, herauszusegeln. Dementsprechend brechen wir relativ früh auf, können auch unter Groß den Anker lichten und aus der Bucht heraussegeln, den Code 0 hinzunehmen und sind so bald mit 5-6 Knoten unterwegs. Bald wiederholt sich aber exakt das Spiel vom Dienstag: der schöne Ostsüdost von 15 Knoten wird nach kaum zwei Stunden plötzlich abgestellt! Wenigstens können wir diesmal den Schuldigen ausmachen: bei unserer Fahrt nach Südwesten kommen wir der mächtigen Landmasse von Rhodos immer näher. Nach einer Stunde Motorfahrt kommt aber auch heute der Wind aus der Gegenrichtung wieder, und wir können nochmal zwei Stunden segeln, bis wir bei Gegenwind wieder unter Motor die innere Bucht der Insel Alimia anlaufen, welche sich wie ein Fragezeichen um diese herumkrümmt.

Alimia

Hier bietet sich Ankerraum ohne Ende und gegen verschiedene Windrichtungen geschützt, klares, tiefes Wasser, ganz viel Einsamkeit – die Insel ist unbewohnt – und mehrere Wracks am Grund, welche die Hobbytaucher anziehen.

Wir verbringen einen ruhigen Abend – und eine nicht ganz so ruhige Nacht: zwischen 1 und 2 Uhr in der frühe fällt das Barometer um 4 Hektopascal in 30 Minuten, und kurz darauf werden die Ankerlieger von Böen der Windstärke 6 gebeutelt. Das ist noch nicht furchtbar viel, aber niemand – die Wetterdienste eingerechnet – hat damit gerechnet, und so bricht auf einigen Booten hektische Aktivität aus, weil der Anker slippt oder man dies noch durch Geben von mehr Kette zu verhindern versucht. Unserer hält (wie eigentlich immer), und eine Stunde später ist der ganze Spuk auch wieder vorbei.

Sowohl wegen der unruhigen Nacht als auch der schönen Umgebung legen wir am Freitag einen Pausentag ein. Auf der Insel zu wandern ist nicht einfach, gibt es doch keine brauchbaren Wege.

Wohl das Maximum an Kritik, das man sich damals herausnehmen konnte

Wir besichtigen die alten Soldatenunterkünfte, wo sich hier im 2. Weltkrieg kurzzeitig stationierte Soldaten an den Wänden künstlerisch betätigt haben (die Bucht wurde wohl als Versteck für U- und Schnellboote benutzt), steigen über Stock und Stein bis auf den Hügel auf der Inselmitte und genießen die Aussicht. Nach der Schwitzerei geht es natürlich ins Wasser, und wir schnorcheln über dem in ca. 10 Metern Tiefe liegenden Wrack eines Ausflugsbootes, dessen hölzerne Spanten aus der grünen Tiefe heraufragen. Die Sicht ist übrigens ausgezeichnet, selbst von der Wasseroberfläche – ein merkwürdiges Gefühl, so schwerelos über dem Gerippe zu treiben.

Farbenspiel am Wassersaum

Wir stellen beim Schnorcheln fest, dass die ganze Bucht trotz der großen Tiefen überall geeigneten Ankergrund bietet – alles fester, schwerer Lehm, kein Gras, keine Felsen – und dazu eine wirklich schöne Umgebung: viele grüne Gehölze, leuchtend orangerote Felsformationen, und natürlich das tiefblaue Wasser dazu – der perfekte Ort für einen ganzen Tag vor Anker!

Ausblick über Alimia
Chalki / Emborios

Nachdem wir noch einen zauberhaften, langen Abend auf Alimia verbracht haben, bei fast vollem Mond im Cockpit sitzend und die Stille genießend, haben wir uns am Samstag den 28. Oktober auf die kurze Überfahrt zur Nachbarinsel Chalki gemacht.

Emborios in Festtagslaune

Heute ist Feiertag in Griechenland, der ‘Όχι’-Tag – man gedenkt der Ablehnung der italienischen Aufforderung zur Kapitulation 1940 – und dementsprechend ist der Haupt- und Hafenort der Insel festlich geschmückt, und am Fähranleger liegt ein imposantes Patrouillenboot der griechischen Marine. Am für besuchende Yachten vorgesehenen Schwimmsteg ist es dennoch nicht gerade voll, nur ein Boot liegt dort – die Saison ist eben doch langsam vorüber.

Auf der Seekarte sah die Insel für uns recht klein aus, aber das lag wohl nur an der riesigen Landmasse von Rhodos direkt daneben – in der Realität ist die rund 10 Kilometer lange Insel ein ganz ordentlicher Brocken, was auch daran liegt, dass sie sich gut 600 Meter aus dem Meer erhebt. In der Antike war Chalki viel fruchtbarer und durch den dort erfolgenden Kupfererzabbau bedeutend, bis zu 8000 Menschen sollen einst hier ihr Auskommen gefunden haben; heute sind es kaum 500, die praktisch nur vom Tourismus leben.

Die ‘Orion’ im Hafen von Emborios

Besonders gut ist die Insel aber nicht zu erreichen (wenn man nicht gerade mit dem eigenen Boot kommt), es gibt noch nicht mal täglich eine Fähre, weshalb sich die Besucherzahlen noch in Grenzen halten; dabei hat die Insel mit Emborios einen wirklich schönen Hafenort zu bieten, mit italienisch anmutender Architektur wie auf Symi, glasklarem Wasser selbst im Hafen, exzellenten Tavernas (so eine Überraschung …) und freundlichen Menschen – uns gefällt es sehr gut hier!

Chalki / Paralia Pondamos

Obwohl selbst das Wasser im Hafen schon zum Baden einlädt, hat Chalki in dieser Hinsicht noch mehr zu bieten: gleich um die Ecke (und für landbasierte Urlauber von Emborios aus fußläufig zu erreichen) liegt der Traumstrand von Pondamos: über hunderte Meter erstreckt sich eine weiße Sandfläche mit sanft ansteigenden Tiefen, der perfekte Ankergrund.

Badeparadies Pondamos

Zur einen Seite der Bucht liegt malerisch eine kleine Kapelle, zur anderen Seite eine Steilküste mit rotbraunen Felsen, und in der Mitte ein breiter Sandstrand, im Hintergrund eine einzige Taverna (die auch schon geschlossen ist), das ganze eingerahmt von hoch aufragenden Bergen. Das Wasser hat knapp 25 Grad in der Mitte der Bucht, zum Ufer wird es wärmer; die Sonne zaubert magische Reflexe auf den weißen Sandgrund, und zur Steilküste liegen zerklüftete Felsen am Ufersaum, in denen sich ganze Schwärme bunter Fische tummeln – ein herrlicher Ort für einen Badetag!

Allein dass durch die in der vergangenen Nacht erfolgte Zeitumstellung die Sonne nun schon um Viertel nach Fünf untergeht, ist schade – aber wir beschließen die Uhrzeit einfach zu ignorieren (wenigstens bis zum Rückflug)

Tilos / Paralia Agios Sergios

Am Montagmorgen müssen wir Chalki verlassen, es wird Zeit, uns auf den Rückweg zu machen; erstes Ziel ist die Insel Tilos, die wir vor einer Woche ja nur für einen Übernachtungsstopp besucht haben.

Schwachwindsegeln nach Tilos

Wie inzwischen schon gewohnt weht kaum Wind – und wenn, dann von vorne; wir motoren also erst mal bei Gegenflaute bis zum Westende der Insel, um dann auf offener See etwas Wind einzufangen und die eigentliche Querung unter Segeln anzugehen. Dies gestaltet sich zunächst bei kaum 5 Knoten Gegenwind äußerst mühsam, nachdem aber einige Stunden vergangen sind und die Sonne etwas Bewegung in die Flaute gebracht hat, werden 7 bis 8 Knoten daraus, und die Richtung wird westlicher – damit können wir etwas anfangen und segeln mit dem Code 0 am Wind bis zum Eingang in die südlichste Ankerbucht auf Tilos, Agios Sergios.

Einsam und schön: Agios Sergios

Die Küste ist hier wild zerklüftet, und die gesamte Gegend völlig unbebaut; dementsprechend können wir vor Anker auch kein Mobilfunknetz finden, aber das macht nichts, beim Wetter erwarten wir keine spannenden Entwicklungen, und die Umgebung ist Beschäftigung genug: wir beobachten, wie die Ziegen sich noch in den steilsten Felswänden bewegen, um an die dort wachsenden Kräuter zu gelangen, und betrachten die wild gefalteten Gesteinsformationen durch das Fernglas.

Bizarre Felsen vor Tilos

Als wir am nächsten Morgen die Ankerbucht verlassen, können wir im Licht der Morgensonne nochmal die Felsformationen am Eingang zur Bucht in ihrer ganzen Pracht bestaunen: das relativ weiche, vulkanische Gestein ist beim Erkalten in die verrücktesten Formen gepresst worden, und die Wechselwirkung mit der See hat zu bizarren Aushöhlungen geführt. Bei der mäßigen Qualität der hiesigen Seekarten ist diese Küste allerdings auch mit großer Vorsicht zu genießen, es ist nie ausgeschlossen, dass ein gewaltiger Unterwasserfelsen in der Seekarte einfach mal fehlt …

Tilos / Paralia Kokkini

Wir wollen ‘nur’ ein kleines Stück um Tilos herum, und da wir vor der Bucht gekräuseltes Wasser sehen, denken wir, das sollte mit einiger Geduld doch unter Segeln möglich sein – aber weit gefehlt, es beginnt das übliche Spiel: vier Knoten raumer Wind von Backbord, Leichtwindsegel raus –  fünf Minuten später drei Knoten von Steuerbord, Segel shiften – zwei Minuten später zwei Knoten von vorne, Segel fällt ein. Als wir – zunächst erfreut – feststellen, dass die Geschwindigkeit über Grund sich von 0.0 wieder auf 0.3 Knoten erhöht hat, und dann ernüchtert bemerken, dass wir mit einem Gegenstrom dieser Geschwindigkeit exakt auf unserer Kurslinie rückwärts segeln, muss dann doch wieder für eine Stunde der Motor ran …

Der ‘Rote Strand’ von Tilos

Erst als wir die Südostspitze der Insel passieren, setzt sich der Nordwestwind mit 8-10 Knoten durch – für uns exakt von vorne, natürlich, aber wenigstens können wir damit kreuzen, und erreichen so gegen Mittag nach stolzen 10 Seemeilen die nächste Ankerbucht, Paralia Kokkini. Das bedeutet ‘Roter Strand’ – und der Name hält, was er verspricht, der Sand und die Felsen dahinter leuchten in allen Rot- bis Brauntönen!

Die Bucht ist wirklich sehr klein, mit dem Anker in der Mitte und hinreichend Kette würde uns Seitenwind auf der einen oder anderen Seite auf die Felsen treiben lassen. Aber die Umgebung ist wirklich toll, wie wir auch beim Schnorcheln feststellen: hier wurden offenbar abwechselnd harte und weiche Gesteinsschichten abgelagert, und durch die Herauslösung der letzteren sehen die Ufersäume wie riesige Blätterteigschichten aus. Hier verstecken sich natürlich unzählige Fische, wir sehen sogar eine sicher einen guten Meter lange Muräne, die uns nicht sehr freundlich anschaut.

Mondaufgang zu Halloween

Für so eine Umgebung lohnt es sich mal, etwas suboptimale Ankerverhältnisse in Kauf zu nehmen; wir bringen noch den Heckanker aus, um halbwegs sicher durch die Nacht zu kommen, und beobachten noch lange den phantastischen Sternenhimmel, bis schließlich – passend zu Halloween – ein blutroter Mond aufgeht und mit seinem Licht die Sterne bald verblassen lässt.

Natürlich passiert es in der Nacht, dass wir den Felsen zu nahe kommen, weil das Boot bei völliger Flaute orientierungslos herumtreibt; wir verkürzen die Kette des Bugankers nochmal um 5 Meter, und dann können wir den Rest der Nacht ungestört schlafen.

Tilos / Livadhia

Am Vormittag des 1. November lassen wir es erst mal ruhig angehen, denn wir wollen heute nur in den Haupthafen von Tilos, nach Livadhia; das ist nur eine Seemeile entfernt, und wir wollen den Charterbooten dort ja erst mal die Zeit geben, abzulegen und den kleinen Hafen zu räumen. Als einige Yachten an uns vorbei gefahren sind, machen wir uns dann auch auf den Weg – mit etwas Verzögerung, nun unfreiwillig, denn der zur Stabilisierung ausgeworfene Heckanker hat sich perfekt in den oben beschriebenen Felsplatten verhakt. Aber mit etwas Geduld und guten Nerven (schließlich fand das Manöver eine gefühlte Armlänge vor den Felsen statt) haben wir ihn auch ohne Tauchgang frei bekommen, und eine halbe Stunde später waren wir auch schon in Livadhia. Zwei große Charteryachten lagen noch an der Kaimauer, aber Minuten nach unserer Ankunft verließen die uns auch (unter lautem Abspielen von ‘Time to say goodbye‘), und wir waren die einzigen Gäste.

Der kleine Ort verfügt über eine endlos lange Strandpromenade, an der sich einige Tavernas und Cafés befinden, die aber alle schon geschlossen waren, die Saison ist halt vorüber (auch wenn das dem Wetter nicht anzumerken ist). Auch vier (!) Mini-Supermärkte gibt es, die allerdings hinsichtlich Obst und Gemüse nicht gut bestückt waren – die Fähre mit Lieferungen kommt nur zweimal in der Woche … aber eine geöffnete und sehr nette Bäckerei finden wir, womit die Kaffeetafel an Bord gut gedeckt ist 🙂

Den Nachmittag verbringen wir an Bord mit Hafenkino – wir beobachten filmreife Anlegemanöver im noch leeren Hafen bei 5 Knoten Wind und strahlendem Sonnenschein. Natürlich helfen wir auch, wobei die psychologische Betreuung schwerer wiegt als das Abhalten und Annehmen der Leinen – oberflächlich betrachtet mag das amüsant sein, aber man leidet da schon mit, schließlich ist es der wohlverdiente Jahresurlaub, und dann hängt der Bordsegen deutlich schief, nur weil das Manöver suboptimal verläuft. Erschwerend kommt hinzu, wie leicht das vermeidbar wäre – aber soll man jedem Fahrstunden anbieten? Das könnte auch falsch rüberkommen …

Am Abend suchen wir die Taverna auf dem Dorfplatz auf, und siehe da, die ist noch geöffnet! So bekommen wir doch noch ein Abschiedsessen auf Tilos, und ein sehr gutes dazu.

Tilos / Agios Antonios
Die ‘Orion’ ganz allein im Hafen von Agios Antonios

Am Donnerstag können wir noch frisches Obst und Gemüse von einem Bauern erstehen, der seine Produkte frisch vom Feld direkt vorm Hafen von der Ladefläche seines Trucks verkauft, bevor wir uns  in eine bessere Startposition für die anstehende Überfahrt nach Astypalaia verholen; gut 10 Seemeilen sind es bis in den Fischerhafen von Agios Antonios.

Nichts los, also perfekte Ruhe garantiert

Da der aufkommende Westwind für uns noch ungünstig einfällt, müssen wir dafür einen Schlag kreuzen, aber wenigstens ist das mit 3 bis 4 Beaufort endlich wieder möglich – wir genießen den Segelschlag und laufen gegen 14 Uhr in den leeren Hafen ein, der ebenso klein ist wie der dazugehörige Ort (mehr als drei bis vier Boote längsseits passen hier nicht rein; und der Ort hat ein halbes Dutzend Gebäude, zwei davon Tavernas, beide saisonbedingt geschlossen). Aber das Tal und die Berge im Hintergrund bieten eine schöne Umgebung für den letzten Abend der Rundreise, und die Ruhe und Entspannung hier sind eine gute Voraussetzung für einen erholsamen Schlaf vor einem langen Tag.

Astypalaia / Maltezana
Vom Sonnenaufgang auf Tilos …

Am frühen Freitagmorgen verlassen wir den Hafen von Agios Antonios mit dem Ziel Astypalaia – der letzte lange Schlag dieses Törns, bevor es für die ‘Orion’ ins Winterlager geht. Im Hafen ist noch wenig vom angekündigten Wind zu spüren, in der Bucht vorm Ort bekommen wir aber schon etwas mehr ab und können noch gut im ruhigen Wasser das Großsegel setzen und kurz darauf den Code 0 hinzunehmen, während hinter uns über Tilos die Sonne aufgeht.

… vorbei an Nisyros …

Zunächst scheint es, als wäre schon mehr Wind als für den Vormittag angesagt, aber bald zeigt sich, dass dies wohl nur ein Effekt der Insel war; kaum lassen wir diese hinter uns, geht es ziemlich gemächlich zu, und trotz der großen Segelfläche sind wir nur mit dreieinhalb Knoten unterwegs. Gegen Mittag aber legt der Wind endlich zu, so dass unsere Chancen, das Ziel beim letzten Tageslicht zu erreichen, wieder steigen – die Distanz ist mit fast 50 Seemeilen nicht so gering, und die Tage Anfang November eben doch schon recht kurz.

… zum Sonnenuntergang auf Astypalaia

Da wir ja einen Rückstand aufzuholen haben, lassen wir den Code 0 relativ lange stehen und fliegen so am Spätnachmittag mit sechseinhalb Knoten auf Astypalaia zu, nehmen noch kurz vor Sonnenuntergang unser Abendessen bereits in den vertrauten Gewässern südlich der Insel ein und haben eben noch genügend Licht, um uns die Liegeplatzsituation für die Nacht anzuschauen. In den wenigen, für Südostwind geeigneten Ankerplätzen liegen tatsächlich schon Boote, und auch auf der Innenseite der Pier von Maltezana ist nichts mehr frei, so dass wir auf eine Muring in der offenen Bucht zurückgreifen müssen, an der im Sommer ein großes Ausflugsboot festmacht. Die Muring ist sicher, aber alles andere als komfortabel, was zu einer sehr schlafarmen Nacht führt – als ab Mitternacht der Wind immer mehr zulegt, bockt das Boot ganz ordentlich in den hereinrollenden Wellen.

Wintervorbereitungen

Die verbleibende Woche auf Astypalaia beginnt dementsprechend eher unangenehm, denn auch am folgenden Samstag beruhigt sich das Wetter erst am Abend – 24 Stunden Rodeo an der Muringboje sind kein Vergnügen! Aber daran kann man mal wieder gut ersehen, dass das größte Problem beim Segeln Zeitpläne sind: hätten wir keinen festen Abreisetermin, hätten wir diesen furchtbaren Tag mit Leichtigkeit vermeiden können, Paloi auf Nisyros etwa wäre ein perfekter Hafen für diese Wetterbedingungen gewesen – aber dann wären wir erst Tage später gut ans Ziel gekommen.

Am Sonntagmorgen können wir endlich die Muring verlassen und längsseits an die Fischerpier gehen und somit erstmals einen Fuß an Land setzen. Sich dann gleich aufs Abriggen zu stürzen ist undenkbar – soziale Aspekte stehen in Griechenland ganz klar oben auf der Prioritätenliste 🙂

Der Tag bzw. die Nacht wird entsprechend lang, und zu allem Überfluss und entgegen jeder Vorhersage setzt am frühen Montagmorgen schon wieder der elende Südwind ein – Rodeo an der Pier ist auch nicht erbaulicher als an der Muring (vielleicht sogar noch schlimmer).

M/Y Orion

Erst am späten Montagnachmittag hat es sich soweit beruhigt, dass die Segel abgeschlagen werden können; Dienstag legen wir den Mast mit Hilfe des Kranarms auf dem Traktor vom Boatyard und lagern diesen nach Demontage des stehenden Gutes längs auf dem Boot. Ganz schön nackt sieht die ‘Orion’ nun aus, wie sie so auf den Landgang wartet …

Genug schweres Gerät im Einsatz

Dieser erfolgt dann am Mittwoch; nach den Erfahrungen vom vorletzten Herbst ist der Radlader diesmal von Anfang an zur Stelle, und so gelingt es problemlos, den tonnenschweren Trailer mit dem Boot darauf aus dem Wasser auf den Strand zu ziehen. Weiter geht die Reise ein Stück die Straße entlang bis auf den Boatyard, wo wir ein hübsches Plätzen mit dem Heck zwischen den Olivenbäumen zugewiesen bekommen – Olivenpflücken von der Badeplattform inklusive!

Bereit für den Winter

Die letzten zwei Tage vergehen mit den Einwinterungsarbeiten: der Rumpf wird mit dem Hochdruckreiniger von seinem Bewuchs befreit (der sich aber sehr in Grenzen hält, offenbar taugte das verwendete Antifouling, das kann wohl auch zwei Winter im Wasser bleiben – gut, dass wir noch einige Dosen davon in der Bilge stehen haben!), alle losen Teile werden in Sicherheit vor den Winterstürmen gebracht und gründlich festgezurrt, und vor allem werden Arbeitslisten mit den zum Frühjahr zu reparierenden Dingen erstellt – zu dumm, wenn man zu Hause sitzt und keine Maße für ein Ersatzteil hat. Schließlich kommt bis zuletzt auch das Sozialprogramm nicht zu kurz, was zu ziemlichem Schlafmangel führt – und einer sehr schönen Zeit natürlich!

Am Samstag den 11. November schließlich bringt uns die Turboprop nach Athen, von wo wir nach einer Übernachtung die endgültige Heimreise antreten. In 34 Tagen auf See haben wir 414 Seemeilen zurückgelegt, viele neue Inseln kennengelernt und eine gute Zeit mit tollem Sommerwetter, herrlichem Essen und netten Menschen gehabt – viel zu kurz natürlich, aber daran ist nun mal nichts zu ändern.