An Portugals Westküste (04.09. – 23.09.)

Am Mittwoch den 4. September lichten wir vor Baiona den Anker und setzen Kurs auf Portugal. Zunächst ist es flautig, das wird sich später am Tag aber gründlich ändern – die Ruhe vor dem Sturm, am Nachmittag soll der Wind auf 30 bis 40 Knoten zulegen. Um da wenigstens nicht mehr voll hineinzugeraten, müssen wir also zunächst erst mal drei Stunden motoren, bis gegen Mittag der Wind einsetzt. Einige Stunden läuft es dann ganz gut, wir überschreiten die vom Rio Miño gebildete Grenze zu Portugal, während der Wind immer weiter zulegt und wir die Segelfläche mehr und mehr verkleinern müssen. Dabei ziehen aber nicht, wie man es als Nordseesegler erwartet, dohende Wolken auf, ganz im Gegenteil: der Himmel ist wolkenlos blau und die Sonne strahlt auf den funkelnden Atlantik, beeindruckende Wellenberge schieben sich von achtern heran, während einem der Nordwind um die Ohren pfeift.

Da wir beim Überschreiten der Grenze die Uhren eine Stunde zurückgestellt haben (Portugal befindet sich in der gleichen Zeitzone wie Großbritannien), ist es erst gegen 16 Uhr als wir die Mündung des Rio Lima anlaufen; der Wind hat inzwischen 25 bis 30 Knoten erreicht und macht durchaus den Eindruck, im gleichen Tempo weiter zulegen zu wollen. So sind wir also ganz froh, nach 36 Seemeilen sicher den Hafen von

Viana do Castelo
Ponte Eiffel, Viana do Castelo

zu erreichen. Bei der Einfahrt in den Rio Lima fällt zunächst die den Fluss überspannende Brücke ins Auge; sie wurde von Gustave Eiffel konstruiert und 1878 fertiggestellt. Die Marina liegt kurz vor der Brücke und ist klein und recht eng, aber man bemüht sich, alle Gäste unterzubringen und schreckt dabei auch vor unkonventionellen Lösungen nicht zurück: wir werden aufgrund der geringen Breite der ‘Orion’ auf einen Platz tief im Hafen gelotst, wo wir zwischen fünf bis sechs Meter langen Sportfischerbooten etwas deplaciert wirken, aber wir sind glücklich gut untergekommen zu sein – von dem Starkwind draußen ist im Schutz des Hafens nichts mehr zu spüren. Der Charakter der Küste hat sich gegenüber Galicien vollkommen verändert: es gibt keine tief eingeschnittenen Rías mehr, die Küste verläuft sehr gleichförmig von Nord nach Süd, und die in großen Abständen an den Flussmündungen gelegenen Häfen sind die einzigen Zufluchtsmöglichkeiten – weist man ein Boot ab, verurteilt man es dazu, die Nacht durchzufahren.

Praça da Repúblical, Viana do Castelo

Es bleibt noch Zeit, einen Rundgang durch Viana do Castelo zu machen, und das lohnt sich durchaus: die im 13. Jahrhundert gegründete Stadt zeigt sich sowohl modern und weltoffen, hat sich aber auch viel von ihrem ursprünglichen Charakter bewahrt. Hier stoßen wir erstmals auf mit zum Teil sehr kunstvoll ausgeführten Keramikfliesen – den Azulejos – verkleidete Häuser, eine Hinterlassenschaft der maurischen Herrschaft über die iberische Halbinsel.

Da der Wind am folgenden Donnerstag weiter günstig (und nicht mehr so stark wie zuvor) weht, machen wir uns gleich am Morgen wieder auf den Weg, um die nächste, ebenfalls 36 Seemeilen lange Etappe bis

Leixões

zurückzulegen. Der kurz vor der Mündung des Rio Douro künstlich angelegte Hafen ist praktisch zu einem Vorort von Porto geworden; hier wird ein Viertel des internationalen Güterhandels Portugals umgeschlagen. Die kleine Marina ist zwischen gigantischen Containerbrücken kaum zu finden, und auch recht voll; wir finden zunächst nur Platz am Wartesteiger direkt in der Einfahrt, wo wir die ganze Nacht den Schwell der mit Vollgas ab- und anlegenden Lotsenboote genießen dürfen.

Igreja Paroquial de Leça da Palmeira, Leixões

Erst am nächsten Tag bekommen wir einen richtigen Platz zugewiesen – und da die vergangene Nacht nicht sehr ergiebig war, beschließen wir gleich noch einen Tag länger zu bleiben und den geplanten Ausflug nach Porto um einen Tag zu verschieben. Dafür haben wir Zeit, auch Leixões selbst anzuschauen – allzuviel gibt der im Vergleich zum Hafen winzige Ort zwar nicht her, aber das wird durch die Freundlichkeit der Mitarbeiter der Marina Porto Atlântico mehr als ausgeglichen.

Porto
Paços de Concelho

Am Samstagmorgen nehmen wir dann den Bus nach Porto – 2 € für eine Dreiviertelstunde Fahrt, auch hier ist der öffentliche Verkehr günstig. Die mit einer knappen Viertelmillion Einwohnern zweitgrößte Stadt Portugals ist ans Ufer und die steilen Hänge über dem Rio Douro gebaut. Flussaufwärts befinden sich ausgedehnte Weinanbaugebiete, und seit alten Zeiten werden die Weinfässer auf dem Fluss nach Porto verschifft, wo die berühmten Kellereien wie Graham’s, Taylor’s, Offley, Sandeman usw. ihn zu Portwein veredeln und in die ganze Welt exportieren. Dabei half ein schon sehr altes Handelsabkommen mit England: 1373 vereinbarte man Weinlieferungen im Gegenzug für Fischereirechte, und seit 1703 gibt es eine weitreichende Zollbefreiung. Die historische Verbindung der beiden Länder zeigt sich sowohl in den Namen einiger Portweinhäuser wie auch in der großen Beliebtheit des Getränks in Großbritannien.

Fliesenkunstwerke zieren viele Gebäude von außen ….

Porto hat viel zu bieten: obwohl Dank der markanten Lage seit Jahrtausenden bewohnt, hat sich zwar nicht viel aus der Antike erhalten, aber die zahlreichen Kirchen und Paläste einerseits, sowie die kleinen, schmalen Häuser in der Altstadt andererseits bieten viel zu sehen. Bedingt durch die Lage am Hand legt man dabei allerdings zahlreiche Höhenmeter zurück …

… wie von innen

Sehr beeindruckend sind die zahlreichen Azulejos – gewaltig große Gebäudefassaden oder auch Innenräume sind mit diesen aus unzähligen bemalten Keramikfliesen zusammengesetzten Kunstwerken verziert. Hoch über dem Rio Douro kann man auf der stählernen Ponte Luís I nach Vila Nova de Gaia am gegenüberliegenden Ufer gelangen und die Kellereien besichtigen, oder auch einfach den tollen Blick auf Porto genießen. Unzählige Cafés und Restaurants laden zum Verweilen ein – wirklich eine attraktive Stadt!

Am Cais da Ribeira

Das finden allerdings nicht nur wir – die Menge der Touristen, die sich großflächig durch die ganze Stadt schiebt, ist beeindruckend; die Einheimischen sind deutlich in der Unterzahl. Ungeachtet dessen strahlt die Stadt aber eine gewisse Gelassenheit aus; die weiche Sprache und die entspannte Musik zahlreicher Straßenmusikanten trägt viel dazu bei. So verbringen wir einen schönen Tag in Porto mit vielen Eindrücken, die wir nicht missen möchten.

Blick über Porto
Peniche
Es wird nie langweilig, ihnen zuzuschauen ….

Am Sonntag machen wir uns wieder auf den Weg gen Süden; wir legen eine Nachtfahrt ein und segeln 130 Seemeilen bis zum Fischereihafen Peniche, den wir am Montagnachmittag erreichen. Die Nacht auf See vergeht ohne besondere Ereignisse, der Wind ist nicht besonders kräftig, und wir erreichen gerade 4 Knoten Geschwindigkeit; nur die regelmäßigen Delfinbesuche unterbrechen die Routine, in der Nacht meist durch das prustende Geräusch beim Luftausstoß direkt neben dem Boot zu hören.

Wir queren dabei den Nazaré Canyon, eine Unterwasserschlucht, die sich mit bis zu 5000 Meter tiefem Wasser direkt bis vor die portugiesische Küste erstreckt; dort brechen sich dann die über 20 Meter (!) hohen Wellen im offenen Atlantik. Der Ort Nazaré hält den Rekord für die weltweit höchste surfbare Welle – wir sind froh, der nicht begegnet zu sein.

Noch am Abend legt der Wind zu, und am nächsten Tag weht es mit 7 Beaufort und mehr über die Halbinsel, auf der der Ort liegt – eine gute Gelegenheit, wieder einen Ruhetag einzulegen und sich Peniche anzuschauen. Seit vorgeschichtlicher Zeit siedeln hier Menschen, wie Funde belegen, und leben von der Fischerei; schon die Römer bauten eine exportorientierte Großfischerei auf. Gegenwärtig erkennt man hier aber auch die Probleme der Fischerei: der Fischereihafen ist für zehnmal mehr Boote gebaut, als ihn heute noch benutzen. Inzwischen lebt man wohl eher vom Tourismus – endlos lange Sandstrände schließen die Halbinsel ans Festland an, und zahlreiche Boote bringen Ausflügler auf die vorgelagerte Inselgruppe der Berlengas.

Wir ziehen durch die kleinen Straßen des Ortes, wandern hinaus bis zur Landspitze Cabo Carvoeiro, wo es – neben dem hübschen Leuchtturm – eine zerklüftete Steilküste und bizarre Felsformationen zu bewundern gibt, die von der See und dem beständigen Wind geschaffen wurden. Wunderschön! Am Abend kehren wir in eines der kleinen Lokale ein, welches uns vom sehr netten Hafenmeister empfohlen wurde, und genießen fangfrische Köstlichkeiten – hier gefällt es uns!

Cascais

Nichtsdestotrotz müssen wir am Mittwoch weiterziehen – des letzte brauchbare Wind für einige Zeit ist angekündigt. Wir wollen knapp 40 Seemeilen bis direkt vor die Mündung des Tejo segeln, um dort die richtige Tide zur Fahrt flussaufwärts abzuwarten.

Cabo da Roca, der westlichste Punkt Europas

Der Wind zeigt sich dabei ganz schön launig – erst geht es ganz gut los, gegen Mittag ereilt uns aber für eine Stunde Flaute; die segeln wir noch aus, und über den Nachmittag schieben uns dann auch beständige 15-18 Knoten dem Ziel entgegen, was etwa der Vorhersage entspricht. Es geht schon auf 18 Uhr, als der Wind wieder völlig einschläft – da wir nicht im Dunkeln ankommen wollen, starten wir den Motor. Nach kaum einer Stunde aber kommt der Wind noch einmal zurück; zunächst freuen wir uns und stoppen die Maschine wieder, aber dann legt es innerhalb von 5 Minuten von 15 bis auf 30 Knoten zu – und wir haben natürlich immer noch die vollen Segel oben! Da ein Reffmanöver bei sieben Beaufort und drei bis fünf Meter Welle auch kein Vergnügen zu werden verspricht, beschließen wir das auszuhalten bis wir in die Wellenabdeckung durch das Capo da Roca kommen – und so schießt die ‘Orion’ mit vollem Groß und ausgebaumtem Klüver mit 7 bis 8 Knoten vor dem stürmischen Wind die Wellen hinunter …

Bald passieren wir das  Capo da Roca und damit den westlichsten Punkt des europäischen Kontinents, und in dessen Schutz gelingt es uns dann tatsächlich die Segel zu bergen und den Ankergrund vor Cascais anzulaufen; dort gibt es auch eine Marina, die aber für ihre völlig überzogenen Preisvorstellungen bekannt ist, und so ankern wir lieber die Nacht direkt vorm Hafen.

Seixal

Nach einer eher unruhigen Nacht lichten wir den Anker – unter erheblichen Schwierigkeiten, er hatte sich wohl in irgendwelchem Schrott auf dem Meeresgrund verhakt. Mit auflaufendem Wasser fahren wir den Tejo hinauf, zwei bis drei Knoten Strom schieben uns dabei an.

Vorbei ziehen der Torre de Belém und das Entdeckerdenkmal Padrão dos Descobrimentos, während wir uns auf dem größten Fluss der iberischen Halbinsel langsam der beeindruckenden Ponte 25 de Abril nähern, die Lissabon mit dem südlichen Tejoufer verbindet.

Die ‘Ponte 25 de Abril’; links Lissabon, rechts die 113m hohe Statue ‘Cristo Rei’

Eigentlich hätten wir gerne direkt Lissabon angelaufen, aber obwohl es dort sechs große Marinas gibt, ist kein einziger Liegeplatz mehr zu bekommen; so suchen wir nach Alternativen und finden noch eine freie Muringboje in Seixal, einem kleinen Ort in einem Seitenarm des Tejo auf der Lissabon gegenüberliegenden Seite. Der Weg dorthin erinnert schon an die heimische Wattensee: ein betonntes Fahrwasser windet sich zwischen trockenfallenden Sandbänken hindurch.

Seixal von der Muring aus gesehen

Seixal erweist sich als Glücksgriff: der von der Gemeinde verwaltete kleine Anleger und etliche Muringbojen liegen beschaulich in einem ruhigen Gezeitenarm; der Hafenmeister erweist sich als extrem freundlich und hilfbereit und bietet an, jederzeit mit seinem Motorboot den Zubringerdienst an Land zu übernehmen; der Ort ist hübsch und unverbaut, bietet einen großen Supermarkt in Laufweite und sogar Dusche und Waschmaschine in der Touristeninformation – und das für € 7,60  am Tag! Nach Lissabon verkehrt eine Schnellfähre in 15 Minuten für landesüblich kleines Geld, und man landet direkt im Zentrum – was will man mehr? Da auch für eine ganze Weile kein Wind angesagt ist, erkennen wir schnell, dass wir hier länger als nur zwei Nächte bleiben werden …

Lisboa
Historisch: der Torre de Beleḿ von 1521

Den Samstag sowie den folgenden Montag verbringen wir in Lissabon – die Stadt ist viel zu groß um an einem Tag erkundet zu werden. Mit einer guten halben Million Einwohnern größte Stadt Portugals, erstreckt sich Lissabon über zahlreiche Hügel längs des Tejo-Ufers; man legt also sowohl viele Kilometer wie auch Höhenmeter zurück, wenn man zu Fuß unterwegs ist.

Prächtig: der Praça do Comércio

Die Mühe lohnt sich aber: es gibt nicht nur ein sehenswertes Zentrum wie in vielen anderen Städten, sondern jedes Stadtviertel ist eine Attraktion für sich mit ganz eigenem Charakter. Der Ort ist seit 3000 Jahren besiedelt und wurde durch die vielen unterschiedlichen Einflüsse – von Phöniziern über Griechen, Römer, Goten und Mauren – stark geprägt; durch ein katastrophales Erdbeben im Jahre 1755 – gefolgt von einem Tsunami und Großbränden – wurde die Stadt allerdings fast vollständig zerstört, und ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung kam ums Leben. Im Unglück lag aber auch eine Chance zum Neuaufbau: Lissabon wurde mit ungewöhnlich großzügig angelegten Boulevards und Plätzen neu angelegt, welche heute einen lebendigen Kontrast zu den engen Gassen der erhaltenen alten Stadtteile bilden.

Blick über Alfama, zu maurischer Zeit der Stadtkern Lissabons

 

Eine der Standseilbahnen

Bemerkenswert sind auch die Maßnahmen zur Überbrückung der großen Höhenunterschiede: in der Innenstadt gibt es einen 45 Meter hohen freistehenden Personenaufzug sowie drei Standseilbahnen, um die tiefer mit den höher gelegenen Stadtteilen zu verbinden. Ferner prägen die historischen Straßenbahnen das Stadtbild, deren kleine Wagen sich durch schmale Gassen, enge Kurven und über erstaunliche Steigungen bewegen.

​​​Das Entdeckerdenkmal ‘Padrão dos Descobrimentos’

Nicht unerwähnt bleiben darf natürlich die große Geschichte der portugiesischen Entdecker: angefangen von den Expeditionen entlang der Küsten Afrikas im frühen 15. Jahrhundert unter Heinrich dem Seefahrer, welche die Grundlage für die europäische Expansion darstellten, über die Entdeckung des Seeweges um das Kap der guten Hoffnung bis nach Indien durch Vasco da Gama 1498, die Entdeckung Brasiliens im Jahre 1500 durch Pedro Álvares Cabral bis zur Etablierung der ersten Beziehungen zu Japan ab 1549; auch Fernão de Magalhães (den wir besser als Ferdinand Magellan kennen), der als erster (in spanischem Auftrag) die Welt umsegelte, war Portugiese. Zur Erinnerung an all diese Entdecker steht in Belém am Ufer des Tejo ein monumentales Denkmal, das den Weg in die Ferne weist.

Das Kloster ‘Mosteiro dos Jerónimos’ aus dem 16. Jahrhundert

Natürlich hat Lissabon auch kulturell einiges zu bieten: etliche Museen laden zum Besuch ein, und in zahlreichen Lokalen kann man den Fado hören, die sehnsuchtsvoll-traurige Musik Portugals. Schließlich sind die unzähligen gastronomischen Angebote zu nennen: in jedem zweiten Haus ist entweder ein Café mit den verlockendsten Gebäckkreationen oder ein Restaurant, aus dem es verführerisch nach frisch gegrilltem Fisch duftet.

Dass die Stadt unter massiven strukturellen Problemen und umfassenden Schäden in der Bausubstanz leidet, vermindert merkwürdigerweise den positiven Eindruck nicht; man scheint den Umstand, dass die großen Zeiten längst Vergangenheit sind, mit einer Würde hinzunehmen, die ihren Ursprung in einer großen, vielfältigen, menschlichen und weltoffenen Kultur zu haben scheint, frei nach dem Motto: was braucht man schon Geld, wenn man Stil hat! Wir können uns dem nur anschließen und einen Besuch in Lissabon – auch mit herkömmlicher Anreise – uneingeschränkt empfehlen.

Sesimbra

So gut es uns auch in Seixal gefällt, irgendwann müssen wir ja doch weiter; erstmal erlaubt eine ausgedehnte Flaute uns noch, die in Lissabon arg strapazierten Füße auszuruhen, aber am Donnerstag ist es dann soweit, wir verlassen mit ablaufendem Wasser den Tejo und können noch einmal Lissabon, die den Fluss überspannende Brücke,  das Entdeckerdenkmal und den Torre de Belém vorüberziehen lassen, bevor wir links abbiegen und entlang der Küste der Setúbal-Halbinsel nach Süden fahren.

Cabo Espichel

Dabei passieren wir das Cabo Espichel, dessen steil und hoch aufragende Felsformationen sehr interessant anzuschauen sind; da das Wasser davor keine Untiefen aufweist, kann man auch relativ dicht unter Land daran vorbeisegeln und sich die gewaltigen Höhlen anschauen, die der Atlantik in die Südküste gefressen hat.

Sesimbra bei Nacht

Allzuviel Wind weht nicht, und so ist es schon früher Abend, als wir nach knapp 40 Seemeilen Sesimbra erreichen und vor dem Ort ankern; für einen kleinen Ausflug mit dem Dinghi in den Ort und eine Einkehr in einem der gemütlichen Straßencafés reicht es aber noch. Nach Einbruch der Dunkelheit funkeln nicht nur die Lichter des Ortes, hoch darüber wird auch die ausgedehnte maurische Burganlage angestrahlt – ein toller Anblick!

Sines

Gleich am nächsten Morgen geht es weiter, denn es zeichnet sich der Durchzug eines Tiefausläufers ab, der Südwestwind und Regen bringen soll, und da wollen wir vorher einen geschützten Hafen erreichen; leider geht dem aber eine Flaute voraus, so dass wir 9 Stunden motoren müssen, um Sines zu erreichen – den nächsten und einzigen Hafen auf der gesamten verbleibenden Westküste. So lange lief der Motor seit der Überfahrt Boulogne-sur-Mer – Dieppe nicht mehr …

Standbild Vasco da Gamas in Sines

Die Vorhersage erweist sich aber als zutreffend: am Abend frischt der Wind auf, und in der Nacht beginnt es ausgiebig zu regnen – wir müssen im Logbuch nachschauen, es ist unser erstes Schietwetter seit dem letzten Tiefausläufer am 8. August; na ja, einmal alle sechs Wochen kann man das ja noch durchgehen lassen 🙂

Den Samstag verbringen wir dann auch in der Marina von Sines; für ein paar Stunden ist es auch mal trocken, so dass wir den Ort anschauen können. Hier wurde Vasco da Gama geboren, vor der Kirche schaut sein Standbild übers Meer hinaus; ansonsten bietet Sines die üblichen verwinkelten Altstadtgassen und einladenden Cafés und Restaurants, und die absolut fair bepreiste Marina hervorragende heiße Duschen.

Am Sonntag könnte es dann eigentlich weiter gehen – nur dass absolut kein Wind weht, und nach dem Motormarathon vom Freitag haben wir erst mal genug von diesem Geräusch; also bleiben wir lieber noch einen Tag länger in Sines und nutzen die Zeit für ein paar anstehende Arbeiten am Boot.

Ums Cabo de São Vicente

Dienstag sieht es mit der Windvorhersage besser aus, wenigstens gut 10 Knoten soll es durchgehend geben, und gen Süden auch etwas mehr; wir brechen erst am frühen Nachmittag auf, denn die 80 Seemeilen um die südwestlichste Ecke Europas, das Cabo de São Vicente, sind ohnehin nicht im Verlauf der Tageslichtstunden zu schaffen, und so kommen wir wenigstens nicht mitten in der Nacht an – es ist der 23. September, heute ist Äquinoktium, es stehen also genau 12 Stunden Tageslicht zur Verfügung.

Beginnende Nacht auf dem Atlantik

Zunächst sieht es auch ganz vielversprechend aus mit dem Wind, es weht mit 12 Knoten aus Nordwest – endlich mal kein Vorwindkurs, und mit halbem Wind machen wir gute Fahrt. Gegen 20 Uhr verlässt uns der Wind aber – entgegen der Vorhersage – praktisch vollständig; die zwei bis drei Meter hohen Atlantikwellen, die von den Stürmen nördlich des Azorenhochs über hunderte Seemeilen heranrollen, stört das aber gar nicht, sie lassen die ‘Orion’ mit herunterhängenden Segeln wie einen Korken tanzen. Die Alternativen sind also dies hilflos treibend zu ertragen oder zu versuchen, sich unter Maschine aus der Flaute freizufahren; wir entscheiden uns für letzteres, und so röhrt wieder stundenlang der Motor. Den einzigen Trost bieten ein hinreißender Sonnenuntergang mit geradezu unwirklichen Orange- und Violetttönen und eine äußerst sternenklare Nacht: in Fahrtrichtung erstreckt sich hell leuchtend die Milchstraße über das Firmament, als würde sich unser Kielwasser im Himmel spiegeln …

Cabo de São Vicente vor Sonnenaufgang

Erst nach vier Uhr in der Frühe kommt wieder genug Wind auf, um wenigstens einen definierten Kurs steuern zu können; kurz vor Sonnenaufgang passieren wir dann endlich das Kap, von dem der lichtstärkste Leuchtturm Europas seinen Schein über den Atlantik wirft, und erreichen die Südküste Portugals, die Algarve.

  

 

In Galicien (05.07. – 03.09.)

Ría de Viveiro
In Viveiro

Nachdem wir uns in der Marina ausgeschlafen und mit einer Dusche die Restmüdigkeit von der Überfahrt vertrieben haben, schauen wir uns Viveiro an: ein lebendiger Ort voller Straßencafés und Geschäfte, mit kleinen, engen Gassen und großzügigen Plätzen. In der Altstadt sind die Häuser so gebaut, dass sie sich ab der ersten Etage noch verbreitern, so dass nach oben kaum noch der Himmel zu sehen ist – seinem Nachbarn gegenüber kann man wohl fast die Hand reichen. Viel Platz ist aber auch nicht, die Ortschaft ist zwischen Wasser und Felsen in den Hang gebaut.

Zufälligerweise findet an diesem Wochenende ein großes Heavy-Metal-Festival in Viveiro statt, das ‘Resurrection Fest’, zu dem deutlich mehr Besucher anreisen als die Stadt Einwohner hat, was dazu führt, dass jede Wiese im gesamten Stadtgebiet mit Zelten bedeckt ist und die vorherrschende Kleidungsfarbe im Straßenbild Schwarz ist – ein ziemlich amüsanter Kontrast zur südländischen Fischerort-Stimmung!

Der Strand von Covas mit der ‘Orion’ – der kleine weiße Punkt am Ende der Felsenkette

Am Nachmittag verlassen wir die Marina und suchen uns einen Ankerplatz vor dem Strand von Covas; Viveiro liegt in einer ausgedehnten, fjordähnlichen Flussmündung, die zahlreiche Seitenbuchten, Felsenküsten und Strände umfasst. Diese Buchten, Rías genannt, bestimmen das Landschaftsbild der galizischen Küste: an der Nordküste, also bis zum Kap Finisterre, sind es die Rías Altas, an der Westküste die Rías Baixas. Der Weg der ‘Orion’ soll entlang dieser Rías führen, denn sie bieten ein tolles Revier fürs Fahrtensegeln: für fast jede Windrichtung findet man in irgendeiner Seitenbucht sichere Ankerplätze und liegt dabei vor landschaftlich toller Kulisse.

Unser Privatstrand

Den ersten Ankerplatz finden wir gut eine Seemeile weiter vor dem Strand von Covas; etwas seitlich davon gibt es nochmal eine kleine, von Felsen abgetrennte Bucht, die vom Land aus kaum zu erreichen ist – so haben wir sogar unseren Privatstrand!

Hier kann man es aushalten; das Wetter könnte zwar endlich mal besser werden (die Sonne zeigt sich nur zwischendurch mal, meist ist der Himmel immer noch von hochnebelartigen Wolken bedeckt), doch wenigstens ist es dabei beständig über 20 Grad warm. Knapp 20 Grad hat das Wasser – könnte sich die Sonne mal durchsetzen, wäre gleich Badewetter. 

Am Sonntag dreht der Wind langsam auf Nordost, wir fahren also auf die andere Seite der Ría und lassen dort den Anker vor einem neuen Sandstrand fallen – so kann man das aushalten!

Das Ankern ist übrigens bislang ein wahres Vergnügen: anders als in Norwegen, wo Stellen mit nicht zu großer Tiefe selten sind, findet man hier quasi vor jedem Strand einen Quadratkilometer Wasser mit 4 bis 8 Metern Tiefe und einem Grund aus grobkörnigem Sand – man lässt an einer beliebigen Stelle den Anker fallen, lässt 20 bis 30 Meter Kette auslaufen und bringt den Motor auf 2000 Umdrehungen rückwärts – um festzustellen, das sich der Anker innerhalb weniger Dezimeter eingegraben hat und dann mit aller Gewalt nicht mehr weiterzuziehen ist; so kann man ruhig schlafen!

Ría de Cedeira

Nach drei Ruhetagen wollen wir dann aber am  Montag doch mal weiterziehen, vor allem da wieder frischer Nordost angesagt ist, perfekt um das Kap Estaca de Bares zu runden, den nördlichstenn Punkt der iberischen Halbinsel. Wir setzen noch am Anker das Großsegel und können ohne den Motor zu starten aus der Ría segeln – das macht Spaß!

Vor Spaniens Nordküste

Nachdem wir die Abdeckung der Berge überwunden haben, stellt sich dann auch der versprochene Wind mit guten 5 Beaufort ein; mit gut 7 Knoten rauscht die ‘Orion’ durch die Wellen. Man merkt den Unterschied zur Nordsee: die Wellen kommen uns immer etwas zu hoch für die Windstärke vor; selbst bei Nordost nehmen sie schon 300 Seemeilen Anlauf, bei Westlagen quer über den Atlantik.

Abendstimmung über dem Ankerfeld

Leider ist es mal wieder bedeckt, es regnet auch ein wenig; gegen Mittag setzt sich aber die Sonne durch, und wir genießen die sportliche Fahrt bis zur nächsten geeigneten Flussmündung, der Ría de Cedeira.  Dort findet sich vorm Strand des gleichnamigen Ortes eine ausgedehnte Bucht mit Kartentiefen zwischen 3 und 4 Metern – hier könnten 100 Yachten ankern, es sind aber kaum 10, die es mit uns tun. Der Abend bietet einen tollen Sonnenuntergang über dem Ankerfeld, dazu ein Glas Rotwein, was will man mehr …

Dienstagvormittag ist es wieder bedeckt, aber für den Nachmittag kündigen die Propheten endlich Besserung an, die auch über die nächsten Tage anhalten soll – dann bleiben wir doch erst mal eine Weile hier!

Cedeira, Strand und Seepromenade

Wir fahren mit dem Dinghi bis in die Ortsmitte von Cedeira, was nur um Hochwasser herum möglich ist, ansonsten führt der kleine Fluss nicht genug Wasser. Wir finden einen freundlichen, lebendigen Ort vor, der über einen tollen Sandstrand verfügt, aber nicht nur vom Tourismus bestimmt ist – die Einheimischen scheinen hier noch in der Überzahl zu sein. Es gibt einen Supermarkt, der uns mit frischem Brot und herrlichen Melonen aller Art versorgt – das das lokal verkaufte Obst keine Europareise überstehen muss, kann man bei der Züchtung noch Wert auf solche nebensächlichen Eigenschaften wie Geschmack legen, statt sich auf die Transportfähigkeit zu konzentrieren.

Tatsächlich setzt sich auch nachhaltig die Sonne durch, und wir fühlen uns endlich im Süden angekommen: die Temperaturen im Schatten laut Wetterbericht betragen zwar nur 22 – 24 Grad, aber die Sonne verfügt über eine ganz andere Kraft, als wir es in Norddeutschland kennen; unterm übers Cockpit gespannten Sonnensegel kann man es untätig und in Badesachen gerade aushalten, ohne ins Schwitzen zu kommen, und sich den Tag über von gekühlter Melone ernähren, bevor man am Abend, bei tief stehender Sonne, den Grill anwirft und den Tag bei lokalem Rotwein, Oliven und Käse ausklingen lässt. In der Nacht wird es noch hinreichend kalt, dass man gut schlafen kann – besser geht’s kaum. Überkommt einen doch mal der Übermut und man lässt sich auf sportliche Aktivitäten ein – wie wir es am Mittwoch mit einer mehrstündigen Wanderung über den Cedeira überragenden Bergrücken getan haben – kann man sich in dem mit 20 Grad noch recht frischen Wasser der Bucht abkühlen. Hier lässt es sich aushalten!

Ausblick über die Küste vor Cedeira

So drängt uns auch gar nichts, weiterzuziehen; das Wetter bleibt weiter perfekt, die Ría bietet vollständigen Schutz gegen Schwell, und der örtliche Supermarkt versorgt uns mit frischem Obst und Gebäck. Donnerstag müssen wir uns auch etwas von der Wanderung am Vortag erholen, Freitag sind wir wieder aktiver und fahren mit dem Dinghi zu einer einsamen Felsenbucht mit kleinem Strand, die wir seit Tagen am Cedeira gegenüberliegenden Ufer vom Boot aus anschauen.

Einsame Badebucht, im Hintergrund das Ankerfeld und Cedeira

Wir finden einen weißen Sandstrand, vom Wasser ausgewaschene Felsen und blaugrünes Wasser – einfach toll! Wir bleiben den ganzen Nachmittag, lesen im Schatten der Felsen oder laufen durch die Wellen, die an den Strand spülen.

Am Freitagabend zieht es sich aber etwas zu, und starker Wind kommt auf, in der Nacht zum Samstag werden es in Böen bis zu 8 Windstärken, die über die Ankerbucht fegen – ob da wohl der Anker hält? Er tut es, das Boot bewegt sich im Laufe der Nacht keinen Meter weiter, wie das GPS verrät.

Ría de Ares
Die Küste bei Cabo Prior

Am Samstag bleibt es aber noch sehr windig, und bewölkt ist es auch; wir warten also noch bis Sonntag, um weiterzuziehen. Wieder sind es gut 30 Seemeilen bis zur nächsten Ría, vorbei an der felsigen Küste. Wenn der Wind auch deutlich nachgelassen hat, so steht doch noch einiges an Welle von den vergangenen Tagen; bei 15 bis 20 Knoten Wind stabilisiert der Gennaker das Boot aber hinreichend, und wir erreichen zügig die Ría de Ares, wo wir vorm Strand des gleichnamigen Ortes ankern.

Ares, Seepromenade

Am nächsten Vormittag erfolgt natürlich auch der obligatorische Dinghi-Ausflug nach Ares; der Ort wirkt sehr touristisch, kein Wunder, verfügt er doch auch über einen langen, feinen Badestrand; eine sehenswerte Altstadt oder dergleichen suchen wir aber vergeblich. So bleiben wir auch nur noch bis zum nächsten Morgen und fahren ins nur 9 Seemeilen entfernte

A Coruña

A Coruña ist Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und mit rund einer Viertelmillion Einwohnern die größte Stadt weit und breit. Ihre Geschichte reicht weit zurück: schon lange vor den Römern wurde der natürliche Hafen von Kelten und Phöniziern genutzt. Der ums Jahr 110 von den Römern erbaute Leuchtturm weist bis heute Schiffen den Weg und ist das Wahrzeichen der Stadt; sehenswert ist aber auch das Rathaus sowie die zahlreichen Kirchen und Klosteranlagen. Die Marina ist etwas zu groß für unseren Geschmack, verbreitet dafür aber den Duft nach der großen, weiten Welt: wir sehen neben unzähligen britischen, französischen, holländischen und auch ein paar deutschen Yachten auch solche aus Russland und aus Canada.

Torre de Hércules, A Coruña

Am späten Mittwochvormittag verlassen wie die Marina Coruña und fahren wieder hinaus aufs Meer; der vor uns liegende Küstenabschnitt hört auf den einladenden Namen Costa da Morte – das verschafft doch gleich Respekt …

Zunächst aber segeln wir noch direkt am Herkulesturm vorbei, dem römischen Leuchtturm, der seit bald 2000 Jahren den Weg nach A Coruña weist – beeindruckend, zumal sich aus dem Jahrtausend nach Ende des Römischen Reiches wenig findet, was heute noch steht.

Isla Sisarga, Costa da Morte

Die Küste des Todes zeigt sich uns glücklicherweise recht freundlich gesonnen – die Sonne scheint, und der Wind kommt ausnahmsweise selbst am Nachmittag mal nicht über Stärke 4 hinaus. Wenn man sich die schroffe, felsige Küstenlinie ohne irgendwelche Zufluchtsmöglichkeiten aber so anschaut, wie sie dem Atlantik ausgesetzt ist und die lange Dünung immer noch viele Meter in die Luft wirft, kann man sich leicht vorstellen, dass in alten Zeiten viele Schiffsreisen hier bei einem Nordweststurm ein fatales Ende genommen haben. Wir können uns aber am Anblick erfreuen, zumal uns wieder Delfine begleiten, und erreichen am Abend nach gut 36 Seemeilen die

Ría de Corme e Laxe

wo wir vor dem kleinen Fischerort Corme den Anker werfen. Wie vorhergesagt schläft in der Nacht der Wind vollständig ein, und das soll auch noch länger so bleiben – aber das macht nichts, hier kann man es wohl eine Weile aushalten.

Corme, Seepromenade

Der Ort hat keinen richtigen Supermarkt, nur kleine Dorfläden, in denen man aber auch ohne Sprachkenntnisse sehr nett behandelt wird und alles bekommt; es gibt eine winzige Bäckerei, die sensationell gutes Brot herstellt, eine Art rustikales Steinofenbaguette aus etwas dunklerem Mehl – ofenfrisch unwiderstehlich!

Wochenmarkt in Corme

Am Freitag ist Wochenmarkt in Corme – ein buntes Treiben, bei dem das ganze Dorf auf den Beinen zu sein scheint. Neben kleinen, gewerblichen Marktständen sitzen alte Damen auf mitgebrachten Schemeln und haben auf einer Decke die Erzeugnisse des eigenen Gartens ausgebreitet: wir kaufen Kartoffeln, Zucchini, hübsch zu Zöpfen geflochtene Zwiebeln und Knoblauch sowie prächtiges Obst, alles zu sehr günstigen Preisen. Wieder fällt die außerordentliche Freundlichkeit der Menschen auf – obwohl wir kein Wort Spanisch sprechen und die Einheimischen kein Englisch (abgesehen vom Personal in den Marinas, aber jedenfalls nicht auf dem Lande) kommen wir gut zurecht, bekommen eine Menge Dinge mit Händen und Füßen erzählt und fühlen uns sehr willkommen.

Am Cabo Roncudo

Wir wandern entlang der Küstenstraße zum Cabo Roncudo und finden großartige Ausblicke über die Ría, quasi hinter jeder neuen Kurve toller als zuvor; es ist in der Sonne gerade so warm, dass man es in Shorts, T-Shirt und Sonnenhut eben noch aushält, in der sanften Brise zu wandern ohne allzusehr ins Schwitzen zu kommen – ein ideales Klima, finden wir. Dafür bleibt das Wasser mit knapp 20 Grad immer noch frisch – was allerdings die Einheimischen nicht davon abhält, die Strände ausgiebig zu nutzen. 

Ría de Camariñas
Das Cabo Vilán

So gut es uns vor Corme auch gefällt, irgendwann muss es auch mal weitergehen, und am Sonntag stellt sich auch noch der dazu passende Wind ein: bei gewohnt blauem Himmel weht ein eher sanfter Nordnordost mit 3 – 4 Beaufort. Wir lichten den Anker, verlassen die Ría und folgen auf Westkurs weiter der Costa da Morte. Dabei passieren wir das Cabo Vilán mit seinen beeindruckenden Felsformationen; ganz in der Nähe des Kaps befindet sich der Cemiterio dos Ingleses, ein Friedhof für die 172 Toten des 1890 im Sturm auf den Klippen zerschellten britischen Marineschulschiffs HMS Serpent – ein Beispiel unter vielen, wofür sich die Costa da Morte ihren Namen verdient hat.

In Camariñas

Unter deutlich besseren Bedingungen und ohne jegliche Verluste erreichen wir nach 20 Seemeilen Camariñas, wo wir in einer großen, gleichbleibend 3 – 7 Meter tiefen Bucht den Anker fallen lassen. Für die Nacht und den folgenden Montag ist eine deutliche Zunahme des Windes vorhergesagt, und so suchen hier rund ein Dutzend Yachten Schutz – womit der Ankerplatz aber alles andere als überfüllt ist.

Der Ort weist einen umfangreicheren Fischereihafen auf; außerdem ist er berühmt für seine traditionellen Spitzenklöppelarbeiten, zahlreiche Geschäfte, ein Klöppelmuseum und ein Denkmal zeugen davon.

Am Dienstag legen wir die wohl kürzeste Tagesdistanz des Törns zurück: ganze zwei Seemeilen sind es quer über die Ría nach

Muxía

Der Fischerort hat einen großen Hafen, in dem auch eine kleine, freundliche Marina platz findet; diese steuern wir an, zum einen weil Boot und Besatzung eine Süßwasserdusche gebrauchen können, zum anderen weil wir vor hier aus einen Tagesausflug nach Santiago de Compostela machen wollen.

Aussicht über Muxía

 

Santuario da Virxe da Barca

Zunächst mal schauen wir uns aber Muxía an; anders als in Camariñas gibt es eine hübsche Altstadt, und man kann einen sehr schön angelegten Weg von der Stadt bis zur Landspitze gehen. Dort gibt es einen Hügel, der eine tolle Aussicht bietet, und die Wallfahrtskirche Santuario da Virxe da Barca; diese liegt unmittelbar an der felsigen Küste, und die Atlantikwellen, die sich an den Felsen brechen, bieten ein großartiges Schauspiel. Wenn man bedenkt, dass dabei kaum Wind wehte … Costa da Morte!

 

Santiago de Compostela
Catedral de Santiago de Compostela

Am frühen Mittwochmorgen steigen wir in Muxía in einen Bus, der uns in anderthalb Stunden knapp 100 Kilometer nach Santiago de Compostela bringt – mit 8€ pro Fahrt übrigens recht günstig. Die knapp 100.000 Einwohner zählende Stadt ist Hauptstadt Galiciens und weltbekannt als Ziel des Jacobswegs, welchem rund 200.000 Pilger jährlich bis Santiago folgen. Diese bestimmen auch das gesamte Leben der Stadt: überall sieht man Wanderer mit Rucksäcken und das Pilgersymbol, die Jakobsmuschel.

Convento de San Domingos de Bonaval

Bemerkenswert ist die Grundlage dieser knapp 1200 Jahre andauernden Pilgerei: der heilige Jakobus wurde der Überlieferung zu Folge im Jahre 44 in Palästina enthauptet; seinen Leichnam gab man in ein Boot, welches man ohne Besatzung auf die See treiben ließ. Dieses legte dann bescheidene 3000 Seemeilen bis Galicien zurück, wo es an Land trieb und man die Gebeine in der Erde bestatte – und die Grabstätte vergaß.

Santiago, Altstadt

Kurzweilige 800 Jahre später ‘entdeckte’ man die Überreste wieder und konnte sie – sicher nach eingehenden forensischen Untersuchungen – eindeutig Jakobus zuschreiben, womit der nach Rom und Jerusalem wichtigste Pilgerort des Mittelalters geboren war. Ein Schelm, wer da noch Zweifel an der Echtheit hegt …

Convento de San Francisco

Ungeachtet dessen ist die Kathedrale von Santiago ein sehr beeindruckendes und schönes Gebäude (wenn auch ihr Inneres fast vollständig mit Baugerüsten und Planen verhängt war), wie auch die ganze mittelalterliche Altstadt mit ihren engen Gassen und prachtvollen Gebäuden sehr sehenswert ist.  Wir laufen 8 Stunden kreuz und quer durch die Stadt, bevor wir – recht erschöpft, es sind knapp 30 Grad – den Bus zurück nach Muxía nehmen. In jedem Fall ein sehr lohnender Ausflug!

Am Donnerstag regnet es dann ausnahmsweise mal; wir verlassen erst am Nachmittag die Marina von Muxía und ankern 2 Seemeilen entfernt in einer fast unbebauten Bucht der Ría; das Wetter bleibt auch am Freitag noch durchwachsen, so dass wir erst am Samstag die Ría de Camariñas verlassen.

Seno de Corcubión / Fisterra
Cabo Fisterra von See

Weiter geht es nach Süden, bei blauem Himmel und kräftigem Nordnordostwind; erst passieren wir das Cabo Touriñán und eine Weile später das Cabo Fisterra oder Kap Finisterre. Beide Namen leiten sich vom lateinischen finis terrae ab, dem ‘Ende der Welt’, denn genau dafür hielt man im Altertum diesen Punkt – dahinter gibt es nur noch Wasser! Man hat sich zwar zunächst um ein paar Meter vertan, denn das nördlichere Cabo Touriñán liegt tatsächlich noch etwas westlicher, und wie sich deutlich später herausstellte ja auch noch einen ganzen Kontinent übersehen, aber ungeachtet dessen ist dies schon ein sehr bedeutender Ort.

Der Hafen von Fisterra

Wir wollen ihn uns auch näher anschauen und biegen daher in die Bucht hinter das Kap, Seno de Corcubión, ein und wollen eigentlich vor dem Ort Fisterra ankern, aber die Windabdeckung ist nicht besonders gut, und außerdem gibt es da einen langen, massiven, nagelneuen und völlig unbenutzten Schwimmponton am Fischerhafen – Fragen kostet ja nichts, denken wir uns, und legen erst mal an. Zum Fragen ist aber niemand da, die Capitanía ist unbesetzt und bleibt es auch am folgenden Sonntag – auch gut.

Cabo Fisterra von Land

Wir können also das Boot unbesorgt allein lassen und wandern hinaus zum Leuchtturm am Kap; dort ist eine ganze Menge los, denn Finisterre ist auch der eigentliche Endpunkt des Jakobsweges, viele Pilgerer hängen dieses letzte Stück noch dran, nachdem sie es bis Santiago de Compostela geschafft haben. Der Weg ist sehr schön, die Aussicht toll, und vor allem das Bewusstsein, dass Menschen genau hier seit Jahrtausenden aufs Meer schauen – wirklich ein Erlebnis!

Die Aussicht vom ‘Ende der Welt’

 

Ankern vor Sardiñeiro

In der Nacht zum Montag sind wir an unserem Liegeplatz zwar offenbar auch niemandem im Weg, aber der Lärm und Schwell, den die ablegenden Fischkutter ab 2 Uhr morgens verbreiten, ist beachtlich – da suchen wir uns doch lieber einen ruhigeren Platz, und finden ihn kaum 2 Seemeilen entfernt in der kleinen Bucht von Sardiñeiro, wo wir dicht am Strand ankern und einen entspannten Tag bei Flaute und Sonne verbringen. Auch den Ort schauen wir uns noch an, dieser besteht aber nur aus einigen Häusern an der Straße nach Fisterra; immerhin eine Bäckerei gibt es.

Ría de Muros e Noia

Dienstagmittag kommt langsam wieder Wind auf, und wir machen uns wieder auf den Weg; Ziel ist die Ría de Muros e Noia, welche zu den Rías Baixas zählt – wir haben damit die Costa da Morte überwunden, von nun an finden sich wieder tief ins Land eingeschnittene Buchten, welche Schutz vor dem Atlantikwetter bieten.

Unsere Eskorte

Das Wetter ist prächtig, der Wind eher mäßig – laues Segeln. Zu unserer großen Freude hat auch eine größere Gruppe Delfine ihren lauen Tag – obwohl wir eigentlich viel zu langsam für sie unterwegs sind, begleiten sie uns über Stunden, springen dicht vor dem Bug durch die Welle, versuchen gleich zu mehreren zwischen Boot und mitgeschlepptem Schlauchboot mitzuschwimmen … einfach nur schön dabei zuzuschauen!

In Muros, alte Markthalle

Am Dienstagabend ankern wir erst mal vor Muros, beschließen dann aber am Mittwochmorgen für einen Tag in die Marina zu fahren – mal ordentlich die Batterien laden, duschen, Wasser bunkern, einkaufen, das übliche Programm … aber der Besuch lohnt sich auch um des Ortes selbst willen: Muros hat noch eine richtige Altstadt mit verwinkelten, schmalen Gassen und alten Häusern – eine erfreuliche Ausnahme, ansonsten zeichnen sich selbst die kleineren Orte ja gerne mal durch mehrstöckige 70er-Jahre-Architektur aus.

Donnerstagmittag verlassen wir die Marina wieder, aber nur um knapp 2 Seemeilen nordöstlich von Muros in der Ensenada de Bornalle wieder den Anker zu werfen – nach über 24 Stunden in der ‘Stadt’ brauchen wir erst mal einen Ruhetag vorm Strand 😉   

Noia, Iglesia de San Martin …

Freitag sind wir dann wieder etwas aktiver: wir legen erst mal volle 6 Seemeilen bis vor den Ort Freixos zurück, ankern dort die ‘Orion’ in schon recht flachem Wasser, und fahren dann noch eine Stunde mit dem Dinghi den immer flacher werdenden Rio Tambre hoch bis zur kleinen Stadt Noia.

… und Altstadtansicht

Diese war früher mal als Hafenstadt von einiger Bedeutung, kann aber inzwischen durch die immer mehr verschlickende Zufahrt nicht mehr angelaufen werden. Viele der Gebäude aus den ‘besseren Zeiten’ haben sich aber erhalten, so dass der Spaziergang durch die Altstadt Noias sehr lohnend ist.

Inzwischen ist etwas mehr Wind als vorhergesagt aufgekommen, so dass die Rückfahrt mit dem Dinghi zu einer sehr feuchten Angelegenheit gerät … aber bei 28 Grad muss man wenigstens nicht frieren.

Ankern vor der Isla de Creba

Die Nacht verbringen wir noch vor Freixos, ansonsten scheint der Ort von See aus gesehen aber nicht viel zu bieten zu haben, und so fahren wir am Samstag gleich nach dem Frühstück 2 Seemeilen zurück bis zur Isla de Creba; hinter dieser kleinen Insel haben wir am Vortag auf dem Weg nach Freixos einen sehr hübschen Ankerplatz erspäht, und genau da wollen wir den perfekt warmen und sonnigen Samstag verbringen – wieder sind knapp 30 Grad angesagt, kaum Wind, und keine Wolke am Himmel.

Ría de Arousa
Passage durch den Canal de Sagres

Sonntagmittag verlassen wir den Ankerplatz – es ist etwas Nordwest aufgekommen, und der soll uns in die nächste Ría bringen. Der Wind ist eher schwach, aber das ist auch ganz gut so: in der Einfahrt liegt der Archipiélago de Sálvora, eine Menge kleiner Inseln und Felsen, deren nördliche Umgehung nur bei ruhigem Wetter möglich ist. In Norwegen war es ja nicht ungewöhnlich, auf ein paar Meter ans Land heranzufahren, hier aber fühlt sich die enge Passage ungewohnt an – und gut markiert ist sie auch nicht gerade. Aber Dank der GPS-Navigation ja alles kein Problem mehr, wir kommen also gut in die Ría de Arousa und ankern vorm Strand von Ribeira .

Vor Ribeira – Ankern, wo andere Urlaub machen

Montag ist es flautig, aber noch schönes Wetter; wir besuchen den Ort – der aber außer den üblichen Einrichtungen für den Badetourismus nicht viel hergibt, aber hervorragende Einkaufsmöglichkeiten bietet – und genießen ansonsten das Nichtstun, während wir den Urlaubern am Badestrand bei deren Nichtstun zuschauen. Mit uns ankern noch ein paar internationale Yachten und tun das gleiche … extrem chillig!

Regenwetter über Puerto de Cabo de Cruz

Ab Dienstag verschlechtert sich das Wetter, zunächst noch bei wenig Wind, aber für Mittwoch/Donnerstag ist der Durchzug eines Sturmfront angesagt. Rechtzeitig dazu verholen wir uns Mittwochmorgen in die Marina von Cabo de Cruz. Der Ort ist winzig, aber mit €22 pro Tag liegen wir hier recht günstig und können den ganzen Donnerstag zuschauen und -hören, wie der Regen aufs Deck prasselt und Böen bis 40 Knoten am Rigg zerren – schlechtes Wetter gibt es hier also tatsächlich auch mal! 

Playa Lobeira Grande, Cabo de Cruz

Am Freitag ist das Schlimmste überstanden, es drohen aber immer noch Schauer, und der Südwest erreicht noch seine 20 Knoten; wir verlassen die Marina, umrunden das Cabo de Cruz und finden eine schöne Ankermöglichkeit gleich auf der Ostseite der Halbinsel, geschützt gegen alle westlichen Winde. Hier gefällt es uns gut, es gibt kaum Bebauung, üppiges Grün und einen tollen Strand – ein guter Ort, um hier ganz chillig das Wochenende zu verbringen, es gibt eh kaum Wind zum Segeln (der hat wohl in den Tagen zuvor seine ganze Kraft verausgabt).

In Rianxo

Auch zum Beginn der neuen Woche bleibt das zunächst so; für die Nacht auf Dienstag ist aber kräftigerer Nordost angesagt, da wird unser Strand schnell zu Legerwall … aber in dieser Ría ist der nächste Windschutz nie weit, wir fahren knappe drei Seemeilen nach Nordost und ankern vorm Badestrand von Rianxo. Um den Ort anzuschauen und auch die Frischvorräte zu ergänzen, landen wir mit dem Dinghi am Strand an und laufen in den Ort; allzuviel zu sehen gibt es nicht, aber Rianxo hat einige nette Gassen und Plätze, und vor allem … einen riesengroßen Supermarkt!

Abendstimmung über der Ría de Arousa

Dienstag und Mittwoch bleibt es flautig – und sonnig, natürlich. Wir bleiben einfach vor unserem Strand liegen und lassen es uns gut gehen: dem Treiben am Strand zuschauen, lesen, am Abend grillen und den Abendhimmel betrachten.

Am Donnerstag ist dann aber mal Wind angesagt – Zeit, eine Ría weiterzuziehen! Wir holen nach dem Frühstück den Anker auf und kommen zunächst ganz gut voran, bis uns vor der Illa de Arousa die Mittagsflaute erwischt – und das gründlich: von 12 bis 15 Uhr legen wir kaum einen Meter zurück, zuletzt fahren wir wegen des einsetzenden Flutstroms sogar rückwärts … aber Geduld hilft, auf den Nachmittagswind ist Verlass, und um 17 Uhr rauschen wir mit fast 7 Knoten Fahrt nach Süden. Ein großes Regattafeld kommt uns entgegen, um die 50 Boote zeigen hoch am Wind vollen Einsatz – alle auf Steuerbordbug. So sind wir – auf Backbordbug – eine Stunde gut beschäftigt, unseren Weg so zu legen, dass wir niemanden zum Ausweichen nötigen – wir haben’s ja nicht eilig 😉

Ría de Pontevedra
Halligalli in Sanxenxo …

Gegen 19 Uhr erreichen wir unser Ziel, die Ría de Pontevedra – und erleben erst mal eine Überraschung: dass die südlicheren Rìas belebter seien als die der Nordküste hatten wir ja gelesen und in der Ría de Arousa war auch etwas mehr los, aber das hier spottet jeder Beschreibung: die Küste zwischen Portonovo und Sanxenxo ist mit einer durchgehenden Front vielstöckiger Hotels zugebaut, der Strand vor Menschen und Sonnenschirmen kaum zu sehen; außerhalb der Absperrung des Schwimmbereichs ankern Dutzende Segel- und Motorboote, fahren unzählige Tretboote kreuz und quer, dazwischen paddeln, schwimmen, surfen Menschen … einige fallen sogar an Paraglidern vom Himmel. Und mitten durch dieses Chaos schiebt sich auch noch gemächlich ein riesiger grauer  Kreuzer der Guardia Civil – ob die die Stand-Up-Paddler auf Einhaltung der Ausweichregeln prüfen? Wir sind jedenfalls schwer beeindruckt, suchen uns ein Ankerplätzchen zwischen drei Motorbooten – im Vertrauen darauf, dass diese nicht über Nacht bleiben – und betrachten staunend das Treiben … 

… und Rummel in Portonovo

Den Freitag verbringen wir bei Flaute und Sonnenschein vor dieser Kulisse – nicht wirklich schön, aber irgendwie interessant, das Treiben so aus der See-Perspektive zu betrachten; Samstag kommt aber Südwind auf, da wollen wir lieber in den Hafen des Club Nautico von Portonovo – wo wir allerdings erst mal einige Stunden warten müssen, bis ein Platz frei wird! Ansonsten ist es hier eher noch unruhiger als vorm benachbarten Strand – direkt am Hafen ist eine große Kirmes aufgebaut, und es gibt Party-Musik bis in den frühen Morgen – und Böller natürlich! Uns war das vorher nicht bekannt, aber wenigstens der Nordwestspanier böllert für sein Leben gerne: praktisch täglich zündet jedes Dorf ein minutenlanges Tagfeuerwerk – nix zu sehen, nur schön laut muss es sein! Skurril …

In Combarro

Sonntagmittag nutzen wir den Nordwestwind und lassen und tiefer in die Ría treiben … keine 7 Seemeilen sind es bis Combarro, und doch liegen Welten dazwischen – der kleine Fischerort ist zwar auch in jeder Hinsicht touristisch, jedoch setzt man hier wohl auf eine völlig andere Zielgruppe: die kleinen, alten Granitsteinhäuser sind restauriert worden, in den zum Teil sehr engen Gassen gibt es unzählige kleine Läden, und an der dem Meer zugewandten Seite reiht sich ein Restaurant an das andere, überall duften Fisch und Meeresfrüchte auf den Grills.

Hórreos

Klar, mit Authentizität braucht man hier nicht zu kommen, die T-Shirts mit galizisch-keltischen Motiven sind sicher alle made in China …aber dennoch sind die alten Häuser und Getreidespeicher – die hórreos – einfach schön anzusehen, überall leuchten Blumen und der Duft lässt einem das Wasser im Munde zusammenlaufen – wir finden’s hier um Welten besser als Beton-Badeparadies weiter westlich.

Ankern vor Combarro

Das Wetter in dieser Woche erreicht neue Wärmerekorde: täglich steigen die Temperaturen bis über 30 Grad, 13 Stunden steht die Sonne am wolkenlosen Himmel; Wind gibt es auch kaum noch – aber das macht nichts, denn Combarro ist der richtige Ort, um ein paar Tage zu verweilen. Der Ankerplatz direkt vor der historischen Altstadt ist perfekt – und seltsamerweise gehört er uns allein; der Stadthafen hat auch eine Marina (mit 40 € pro Nacht nicht gerade billig) , wo einiges Kommen und Gehen herrscht, aber ankern mag hier außer uns wohl niemand – uns soll’s recht sein.

Üppige Blütenpracht überall – ob’s wohl was mit der Sonne zu tun hat?

So bleiben wir bis zum Freitag, machen noch den ein oder anderen Ausflug in die idyllische Altstadt (die auch eine Quergasse ab von den Souvenierläden überhaupt nicht mehr überfüllt ist) – und wären wahrscheinlich noch länger geblieben, wenn nicht vor dem Hafen (also einen Steinwurf von unserem Ankerplatz entfernt) eine riesige Bühne mit himmelhohen Lautsprechertürmen für ein Festival am Wochenende aufgebaut worden wäre, beim Soundcheck am Donnerstag zitterte schon das ganze Boot. So haben wir uns dann vor die kaum 2 Seemeilen entfernte Isla Tomba verholt – von dort war der Musik am Abend immer noch gut zu folgen 😉

Auch der neue Ankerplatz gefällt uns – die Insel darf zwar nicht betreten werden, da sie Übungsgelände der nahegelegenen Marineakademie ist, daher ist sie aber auch völlig naturbelassen und unbebaut, man schaut auf dichten grünen Wald und weißen Sandstrand. So bleiben wir gerne nochmal bis Sonntag, dann soll es nämlich endlich wieder Wind geben.

Ría de Vigo

So setzen wir also frohen Sinnes am Sonntagmorgen die Segel und lichten den Anker – um nach kaum einer Stunde, noch in Sichtweite der Insel,  in totaler Flaute einzuparken. Okay, der Wind war ja für die See vor der Ría angesagt, motoren wir also bis dahin … und tatsächlich stoppen wir nach einer Stunde den Motor wieder, denn der Wind erreicht fünf Knoten, in Böen auch sechs. Aber von einem Trend kann keine Rede sein – nach 10 Minuten ist es wieder vorbei; doch man soll ja Geduld haben, und siehe da, nach einer halben Stunde kommt wieder ein Windfeld und bringt für einen Augenblick acht Knoten Wind – um genausoschnell wieder einzuschlafen. Das Spiel wiederholen wir für gut vier Stunden und legen dabei etwa zwei Seemeilen zurück – hauptächlich Dank des Ebbstroms, der aus der Ría setzt. Da für den Nachmittag und genau dieses Stück Wasser 15 bis 20 Knoten angesagt sind, dauert es recht lange bis wir aufgeben – und die restlichen 16 Seemeilen bis in die Ría de Vigo motoren. Dort finden wir am Abend noch einen Platz im traditionsreichen Real Club Náutico de Vigo.

Vigo, Altstadt

Montag schauen wir uns Vigo an; die größte Stadt Galiciens hat seit ihrer Gründung durch die Römer viel erlebt – vor allem Überfälle, Plünderungen und Zerstörungen durch so ziemlich jeden, der vorbeigekommen ist – und hat als große Hafenstadt ihren eigenen Charme. Die spätmittelalterliche Stadtbefestigung hat man zwar dummerweise im 19. Jahrhundert abgerissen um Platz für Erweiterungen zu schaffen, aber die Altstadt weist noch viele verwinkelte Sträßchen und tolle Gebäude auf.

Jules Verne war auch mal hier

Am Hafen erinnern Skulpturen an die zahlreichen Emigranten, die vor allem zur Zeit des Bürgerkrieges ihr Land verlassen mussten; außerdem informiert eine Ausstellung über die Bedeutung Vigos in den Zeiten der Telegaphie: hier endeten die ersten transatlantischen Telegraphenkabel, und die  – britischen und deutschen – Betreibergesellschaften unterhielten große Niederlassungen. Über Jahrzehnte führte jede Kommunikation Europas mit Übersee über – Vigo.

Wir fühlen uns recht wohl und laufen stundenlang durch die Stadt, bis wir am späten Nachmittag den Hafen verlassen und uns einen Ankerplatz in der Nähe suchen. Den finden wir zunächst mal direkt gegenüber vorm Strand von Moaña, da aber erst mal tagelang Flaute angesagt ist und wir noch ein wenig mehr von der Ría sehen wollen, verholen wir uns am Mittwoch in die Ensenada de San Simón, eine ausgedehnte, flache Bucht am Ende der Ría, und ankern direkt vor der gleichnamigen Insel.

Ankerplatz vor der Isla de San Simón

Auf dieser stand vor langer Zeit einmal ein Kloster, später wurde sie als Hospital, Waisenhaus und schließlich während der Franco-Diktatur als Konzentrationslager genutzt; heute beherbergt sie ein Dokumentations- und Begegnungszentrum. Um dieses anschauen zu dürfen, müssten wir allerdings mit der ‘Orion’ aus der Bucht heraus in den nächsten Hafen fahren, um uns von dort mit einem Ausflugsboot wieder zurück bringen zu lassen – etwas umständlich, wenn man 50 Meter vom Ufer entfernt ankert, doch der direkte Zutritt wird uns leider verwehrt. Später taucht dann auch noch ein Filmteam auf, denen wir im Weg sind – schade, der Ausblick vom Boot auf die waldige Insel war wirklich besonders schön!

Ankerbucht vor Moaña

Einen alternativen Ankerplatz in der Ensenada de San Simón finden wir vorm Ort Cobres; hier liegt man nicht schlecht, aber mit dem Platz vor der Insel kann die Aussicht nicht mithalten. Am Samstag verlassen wir daher die Bucht und fahren zurück nach Moaña, denn fürs Wochenende ist starker Wind aus Nordnordost angesagt, und da bietet die Ensenada de San Simón nicht den rechten Schutz. Eigentlich wollten wir am Sonntag für eine Nacht auch in die Marina, aber dort teilt man uns über Funk recht unfreundlich mit, dass die Marina voll sei – obwohl wir ein halbes Dutzend freie Liegeplätze sehen können, die auch über Nacht nicht besetzt werden.

Blick von Cangas über die Ría auf Vigo

Okay, dann eben in den Nachbarort: in der Marina Cangas empfängt man uns freundlich, das Wasser für die Duschen ist ausnahmsweise mal warm, und Landstrom zum Batterieladen gibt’s auch. Der Ort ist wenig spektakulär, aber es gibt gute Einkaufsmöglichkeiten, alles in allem sind wir zufrieden.

Denkmal am Hafen von Baiona

Dienstagmittag verlassen wir den Hafen und steuern unser letztes Ziel in Galicien an, die Stadt Baiona. Sie erlangte ihren Platz in der Geschichtsschreibung, als hier im März 1493 die ‘Pinta’ auf dem Rückweg von Kolumbus erster Amerikareise anlandete – von Baiona ging also die Nachricht um die Welt, dass es einen neuen Kontinent gibt. Heute ist es ein tourismusorientierter Ort mit schönen Stränden und einladenden Restaurants in den Gassen der Altstadt.

Wir ankern vor dem Stadtufer und verbringen hier bei Flaute und Sonnenschein unseren letzten Abend in Galicien – für Mittwoch ist Nordwind angekündigt, und da soll es Richtung Portugal gehen. Wir verlassen die Gegend ungern – fast zwei Monate haben wir uns Zeit gelassen, den relativ kurzen Küstenabschnitt kennenzulernen, und in dieser Zeit haben wir das entspannte Segeln, das tolle Wetter und die freundlichen Menschen hier sehr zu schätzen gelernt.

Blick von Baiona über die Islas Cies und das Castelo de Monte Real

 

 

Über die Biskaya (29.06. – 04.07.)

Am Sonntag den 29. Juni verlassen wir gegen Mittag den Hafen von Falmouth – da wir ja an einer Muringboje liegen und der Wind günstig steht, ganz stilvoll ohne Zuhilfenahme des Motors nur unter Segeln, wie es sich für diesen Weltumseglerhafen gehört! Das Wetter ist zumehmend freundlich, es weht ein mäßiger Nordwest, und die ‘Orion’ macht gute Fahrt unter Vollzeug. Recht bald beibt Lizard Point hinter uns, der südlichste Punkt Großbrittaniens, und vor uns liegen gut 100 Seemeilen offenes Wasser.

Der Wind lässt zum Abend hin nach, bleibt uns aber bei rund 10 Knoten Stärke erhalten – nicht genug für aufregende Geschwindigkeiten, aber in Verbindung mit der recht glatten See sorgt das für eine so ruhige und gleichbleibende Lage des Bootes, dass in der Nacht sogar mal an Schlaf zu denken ist. Aber auch die Wache ist nicht langweilig: der inzwischen komplett klare Himmel bietet einen Blick aufs Firmament, wie man ihn an Land mit all den Lichtern der Umgebung nie zu sehen bekommt – die Milchstraße scheint so nah und plastisch, einfach toll! Und zur Krönung kommen auch noch Delfine zu Besuch – auf einmal hört man das laute Ausatmen noch bevor man sie sieht, und dann schnellen ein gutes Dutzend der anmutigen Tiere durch unsere Bugwelle, scheinen fasziniert von dem intensiven roten und grünen Licht, welches die Positionsleuchten auf das Wasser werfen, und begleiten unsere Fahrt einige Minuten.

Cap de la Chèvre

Am Sonntagmittag kommt Land in Sicht, die bretonische Küste; vorgelagert liegt die Île d’Ouessant, und zwischen dieser und dem Festland befindet sich die Meerenge des Chenal du Four. Nicht überraschenderweise gibt es auch hier wieder starke Gezeitenströme zu berücksichtigen: gegen 16 Uhr, mit Hochwasser Brest, soll der Strom anfangen, gen Süden zu setzen. Wir sind pünktlich da, und freuen uns über 3 Knoten zusätzliche Geschwindigkeit auf dem Weg Richtung Brest.

Abendstimmung vor Morgat

Dieses lassen wir dann jedoch links liegen, unser Ziel ist der kleine Hafen von Morgat auf der Crozon-Halbinsel; diesen erreichen wir gegen 21:30 am Abend, nach 136 zurückgelegten Seemeilen. Wir übernachten an einer Muringboje vor dem feinen Sandstrand und genießen das Abendlicht auf den Felsen.

Gleich am nächsten Morgen verholen wir uns in den Hafen, der einen Schwimmsteg für Gäste aufweist; als erstes gibt es ein frisches Baguette vom örtlichen Bäcker – wenn eines in England gefehlt hat, dann das!

In Crozon

Später wandern wir in den Hauptort Crozon, um Einkäufe zu erledigen; ein netter kleiner Ort mit bretonischem Flair. Am Nachmittag wird die ‘Orion’ auf die nächste Passage vorbereitet, die Überquerung der Biskaya selbst: Wasser wird aufgefüllt, alles seefest verstaut, und auch das Schlauchboot wird zusammengefaltet, denn es ist durchaus mit etwas ruppigeren Bedingungen zu rechnen. Der Wetterbericht für die nächsten drei Tage verspricht kräftigen Nordostwind der Stärke 5 bis 6, in Böen bis 7. Mal wieder hätten wir auch eine Windstärke weniger genommen, aber stabiler Nordost ist für die Querung der Biskaya einfach perfekt, das kann man sich nicht entgehen lassen – berüchtigt ist das Seegebiet ja vor allem wegen der extremen Wellenhöhen, die enstehen, wenn die Atlantikdünung aus Südwest gegen den aus mehreren 1000 Meter tiefem Wasser schlagartig aufsteigenden Festlandsockel prallt, und das ist bei Nordostwind kein Problem. Also, da müssen wir wohl durch …

Die bretonische Küste bleibt hinter uns zurück

So stehen wir also am Dienstag den 2. früh auf, holen noch eine Wettervorhersage und ein frisches Baguette ein, und verlassen dann den Hafen von Morgat mit Kurs Südsüdwest … wobei, während des ganzen Vormittags führt der Weg erst mal nur nach Westen, man muss nämlich an der Île de Sein und den vorgelagerten Felsen vorbei, bevor man nach Süden abbiegen kann. Der Wind kommt dabei zunächst mäßig aus Nord, frischt aber langsam auf; als wir am späten Mittag den Kurs ändern können, wechseln wir vom Vollzeug auf die beidseits ausgebaumten Vorsegel, um mit dieser ‘Passatbesegelung’ vor dem Wind in die Biskaya zu fahren.

Abendliche Begegnung mit der Juan Sebastián de Elcano

Der Wind legt auch tatsächlich zum Abend immer mehr zu, so dass wir gute Geschwindigkeiten um die 7 Knoten laufen; da die Wellen auch Höhen von 2-3 Metern erreicht haben und in sehr kurzer Folge auf das Heck gelaufen kommen, rollt die ‘Orion’ allerdings ganz erbärmlich dabei. An Schlaf ist in der ersten Nacht nicht zu denken …

Eine Abwechslung stellt nach Sonnenuntergang die Begegnung mit der ‘Juan Sebastián de Elcano’ dar, dem Segelschulschiff der spanischen Marine – dem einzigen anderen Schiff im Umkreis von hundert Meilen, und wir müssen noch den Kurs korrigieren, um nicht zusammenzustoßen … phänomenal.

Zum Morgen hin nimmt der Wind deutlich ab; wir halten dies für einen vorübergehenden Effekt, da die GRIB-Daten für den ganzen Tag konstante 6 Beaufort aus Nordnordost versprechen, und unternehmen erst mal … nichts. Die ‘Orion’ rollt munter in den immer noch beachtlichen Wellen, und fährt immer langsamer, da der Wind fehlt. Am Nachmittag wird es immer schlimmer, es braucht dringend mehr Tuch … doch selbst die aktuellen Vorhersagen per NAVTEX kündigen immer noch 6 bis 7 Windstärken mit Böen bis Stärke 9 für die Nacht an – will man da mit Vollzeug reinfahren? Es beginnt also ein beispielloses Segelwechsel-Training: Vorsegelbäume bergen, Groß mit Bullenstander setzen; der Wind legt zu, Groß reffen; der Wind nimmt wieder ab, Groß ausreffen; der Wind kommt zurück, Groß wieder reffen; er lässt wieder nach, ausreffen und Klüver wieder ausbaumen. Nach einigen Stunden unterhaltsamer Bordgymnastik (nicht zu vergessen, das Boot rollt bei all dem wie wild!) zwischen Sorge vor dem Sturm und Kampf mit der Flaute weiß die jüngste NAVTEX-Vorhersage nichts mehr von 9er Böen … also, Klüver ausgebaumt, zur Sicherheit ein Reff ins Groß und Bullenstander gesetzt (alles unter heftigen Verwünschungen auf alle Wetterpropheten dieser Welt, versteht sich), und dabei bleibt es jetzt für die Nacht, komme da was wolle!

Die galizische Küste empfängt uns nebelverhangen

Und es kommt tatsächlich, aber nicht mehr, als die sehr stabile ‘Orion’ verkraften kann; bis 25 Knoten steigt der mittlere Wind, eine gute Stärke 6, und das Boot rauscht auf raumem Kurs nur so durch die Nacht; zum Morgen wird es aber schon wieder weniger, und nach Sonnenaufgang schütteln wir das Reff aus dem Großsegel und fahren den Rest des Tages mit angenehmen Kurs zum Wind und guter Geschwindigkeit weiter. Erst am späten Nachmittag verlässt uns der Wind dann ganz, so dass wir die letzten zwei Stunden motoren müssen. Als endlich Land in Sicht kommt, meinen wir uns verfahren zu haben: grüne Wälder über schroffen Felsen, alles in Regen und Nebel verhangen: sind wir etwa in Norwegen gelandet? Aber gegen 19 Uhr erreichen wir den Hafen von Viveiro in der gleichnamigen Ría, wo wir nach 325 Seemeilen und 59 Stunden festmachen und feststellen: wir sind in Spanien!

Durch den Ärmelkanal (28.05. – 29.06.)

Gravelines

Dienstagmittag verlassen wir Nieuwpoort und damit Belgien, um hoch am Wind weiter Richtung Westen zu segeln: Frankreich ist das Tagesziel. Der erste französische Hafen ist Dunkerque (deutsch Dünkirchen), was uns aber als großer Industriehafen einerseits und wegen seiner völligen Zerstörung im 2. Weltkrieg andererseits nicht so attraktiv erscheint; lieber segeln wir noch ein Stück weiter in die Kleinstadt Gravelines.

Dafür hat dieser kleine Hafen so seine Tücken bei der Ansteuerung: als wir versuchen, zwei Stunden vor Hochwasser durch den Zufahrtkanal zu motoren, ist 50 Meter nach den Molenköpfen Schluss: die ‘Orion’ sitzt sanft rumpelnd auf Sand. Nach den Tidenberechnungen hätte es eigentlich schon passen sollen, aber was hilft’s, wir setzen zurück und dümpeln eine Stunde dumm vor der Einfahrt herum. Beim zweiten Versuch fahren wir vielleicht 10 Meter östlich des ersten Versuchs – und sehen nie weniger als 4 Meter Wassertiefe, obwohl die Flut in der Stunde maximal einen Meter gestiegen sein kann. Glückwunsch, wir haben den einzigen Sandhaufen in der gesamten Zufahrt gefunden …

Im Arsenal der Stadtbefestigung von Gravelines

Nach einer halben Stunde Kanalfahrt und Überwindung eines Sieltores erreichen wir dann den ‘Port de Plaisance’ in Gravelines. In den nächsten Tagen ist noch stärkerer Gegenwind angesagt, so bleibt genug Zeit den Ort anzuschauen.

Bemerkenswert ist vor allem die gut erhaltene Stadtbefestigung aus dem 17. Jahrhundert: sternförmig umgeben Mauern, Wälle und Wassergräben die Altstadt. Die eigentliche Attraktion ist aber der dadurch in der Stadt entstehende Naturraum: die Wälle sind ein Meer blühender Wildblumen, große Weiden säumen die still daliegenden Gräben und verströmen eine träumerische Ruhe; der (noch) wolkenlos blaue Himmel trägt natürlich auch zum positiven Eindruck bei.

Köstlich: Pâtisseriewaren aus Gravelines

Ein weiterer Aspekt, der uns sehr zusagt, sind die kulinarischen Vorzüge: gleich am Yachthafen finden wir einen französischen Lidl. Alles wie zu Hause, denkt man, aber von wegen: selbst der Discounter  bietet ein Baguette zum Frühstück, wie man es bei uns vergeblich zu kaufen sucht, eine gewaltige Frischfischauswahl, ein umfangreiches Angebot guter Weine und überhaupt viele kleine Leckereien. Noch viel besser kommt es aber in der Stadt: wir entdecken eine kleine Pâtisserie, die verführerische Kunstwerke verkauft – und das nicht teurer als bei uns das Stück Blechkuchen. Hier kann man es aushalten!

Calais

Am Freitag hat der Gegenwind auf eine angenehme Stärke von um die 4 Beaufort nachgelassen, und die Sonne scheint auch noch, also geht es weiter; leider können wir Gravelines nur um Hochwasser verlassen, und dann hat man noch Stunden den Strom gegenan auf dem Weg nach Westen, aber was hilft’s – einige Kreuzschläge machen aus 13 Seemeilen auf der Karte mal eben 23 durchs Wasser, aber die Marina in Calais liegt hinter einer Brücke, die frühestens 2 Stunden vorm nächsten Hochwasser wieder öffnet, also hat es eh keinen Sinn sich zu beeilen. Wir erreichen Calais gegen 17:30 und warten noch 4 Stunden an einer Boje, bis die Brücke öffnet; dabei legen gegenüber die großen Englandfähren quasi im Fünfminutentakt an und ab .

Calais, Tour du Guet (1214)

Die Marina in Calais besticht zunächst mal dadurch, dass sie den bislang von Scheveningen gehaltenen Preisrekord bricht – € 32,60 sind hier fällig. Schade, dass man dafür bei der abendlichen Ankunft noch nicht mal eine Chance hat, an den Code für die Duschen zu kommen und diese so auch zu benutzen …

Da auch hier die Weiterfahrt tidenbedingt erst am nächsten Nachmittag stattfinden kann, bleibt genug Zeit noch durch die Altstadt zu flanieren; obwohl Calais eine lange Geschichte vorzuweisen hat, ist hier leider nicht mehr so viel davon zu sehen, lediglich ein paar alte Gebäude haben die Kriegszerstörungen überlebt. Wir finden aber einen lebendigen Wochenmarkt mit großem Angebot, das entschädigt etwas.

Boulogne-sur-Mer

Am Samstag stehen die Zeichen auf Flaute – wir fahren dennoch los, denn Flaute ist immer noch besser als starker Gegenwind, und den soll es einen Tag später geben. Außerdem ist es mit 23 Seemeilen nicht so weit bis Boulogne-sur-Mer, das richtet der Strom schon fast von selbst …

Cap Gris-Nez

So kommt es dann auch: der Wind weht nicht einmal stark genug um eine Richtung zu bestimmen, und während der Motor gerade mal eingekuppelt ist, fährt die ‘Orion’ mit über 5 Knoten über Grund. Wir runden dabei das erste Kap dieser Reise, Cap Gris-Nez, welches gleichzeitig die engste Stelle der Straße von Dover markiert: hier befindet sich England nur 33 Kilometer vom europäischen Festland entfernt. Der Tidenstrom erreicht hier 3-4 Knoten bei geringen Wassertiefen – bei der heutigen Flaute können wir dicht unter Land fahren, aber was hier bei Starkwind gegen Strom los ist mag man sich gar nicht vorstellen …

Boulogne, Château d’Aumont (1231) und Notre-Dame-Basilika

So treiben wir also – endlich mal bei sommerlichen Temperaturen – nach Boulogne-sur-Mer, wo wir im recht gut gefüllten Stadthafen (Samstagabend!) noch einen Platz im Päckchen bekommen.
Da am Sonntag der angekündigte frische Südwest weht, bleiben wir im Hafen und schauen uns die Stadt an. Diese hat schon viel erlebt: schon in keltischer Zeit war hier ein Fischerdorf, die Römer haben dann auf dem Hügel die Stadt gegründet – nicht zuletzt, um von hier England zu erobern. Das hatte erheblich später dann auch Napoleon noch einmal vor, allerdings wurde daraus nichts mehr.
Heute findet man unten am Hafen eine eher moderne Innenstadt vor, oben auf dem Hügel aber findet man noch die – gut erhaltene – befestigte Anlage aus dem 13. Jahrhundert, in deren Straßen heute unzählige Restaurants und Cafés auf ihre Gäste warten.

Dieppe

Am Montag weht der Gegenwind mal wieder schwächer, also machen wir uns auf den Weg nach Dieppe; um die 55 Seemeilen geht es nach Südwesten, was sich nicht furchtbar viel anhört – es sei denn, man hat eine volle Tide mit bis zu 3 Knoten Strom gegenan. So ist am Nachmittag, als der Wind langsam einschläft und der Strom endlich dreht, kaum ein Drittel der Strecke geschafft; für den Rest läuft der Motor, bis wir nach Mitternacht endlich am Gästeponton festmachen.

Dieppe, Stadt zwischen Meer und Kreidefelsen

Dienstagmorgen ist das Wetter viel unfreundlicher geworden, schwarze Wolken drohen mit Regen; wir schauen uns schnell die Stadt an, bevor dieser dann wirklich einsetzt.
Durch einen natürlichen Tiefwasserzugang zum perfekten Hafenstandort prädestiniert, ist Dieppe seit langer Zeit ein wichtiger Hafen gewesen; nach einer der (zahlreichen) Zerstörungen wurde die Stadt ab 1694 neu aufgebaut, was sich im barocken Stil der Architektur zeigt. Zu beiden Seiten der ebenen Fläche um den Hafen erheben sich weiße Kreidefelsen zum Meer hin, von denen aus seit dem 12. Jahrhundert eine Burg über die Stadt wacht (das heutige Gemäuer seit 1435).

Château de Dieppe

In der Vergangenheit hat Dieppe zahlreiche Künstler angezogen: Impressionisten wie Pissarro und Delacroix verewigten das besondere Licht in der Region in ihren Bildern; aber auch den erholungssuchenden Städter zog es hierhin, Dieppe wurde im 19. Jahrhundert das erste Seebad Frankreichs.
Heute prägen eine belebte Einkaufsstraße mit Markt, mehrere Kirchen mit aufwendigen Sandsteinfassaden – die leider von den Einflüssen der Zeit und der Umweltverschmutzung zum Teil stark in Mitleidenschaft gezogen sind – und die vielen alten Häuser das Stadtbild. Anders als in Boulogne, wo die neuzeitliche Innenstadt separat vom historischen Stadtkern lag und dieser eher Museumscharakter hatte, ist hier alles noch ganz normal im Gebrauch; dadurch ist es hier lauter und auch durchaus etwas heruntergekommen, aber dafür auch authentischer.

Fécamp

Im Laufe der Nacht zieht der Regen durch, und der Mittwochmorgen erscheint erst mal freundlich; leider ist es aber nicht möglich, auch loszufahren bevor der nächste Regen droht, die Tide steht nämlich wie immer dagegen. Erst um 14:30, als der Himmel sich wieder zugezogen hat, können wir bei Hochwasser losfahren; Wind weht kaum noch, und so motoren wir – vom Tidenstrom angeschoben – gut 30 Seemeilen nach Fécamp, während es immer mal wieder regnet. Ensprechend kommen wir bei Niedrigwasser an, und es ist schon etwas unheimlich, mit wenig Wasser unterm Kiel in die Hafeneinfahrt zu steuern, während links und rechts dunkle, algenbewachsene Mauern fast auf Masthöhe aufragen …

In der Abteikirche Sainte-Trinité

Wieder ist es am nächsten Morgen freundlicher, und da sich der Abfahrtszeitpunkt tidenbedingt immer mehr nach hinten schiebt, bleibt viel Zeit für einen Stadtrundgang.
Fécamp ist nicht sehr groß, hat aber einiges zu bieten: seit dem 7. Jahrhundert Standort eines Klosters, erlangte dieses mehr und mehr an Bedeutung, besonders nachdem die Mönche Wilhelm den Eroberer bei der Schlacht von Hastings 1066 unterstützt hatten, die diesem die Krone von England brachte – und den Mönchen reiche Schenkungen. 

Das Palais Bénédictine

Auch auf die Mönche zurück geht das berühmteste Produkt Fécamps: der Bénédictine-Likör. Seinem Hersteller brachte er solchen Reichtum ein, dass er – als etwas abenteuerliche Mischung aus Produktionsstätte und Museum und unter ebenso abenteuerlicher Vermengung verschiedener Baustile – 1898 das Palais Bénédictine errichten lassen konnte, welches auch heute noch im Besitz der Brennerei ist und besichtigt werden kann.

Hafeneinfahrt, Seepromenade und (Kiesel-)Strand von Fécamp

Das Wetter macht einen prachtvollen Eindruck, als wir am späten Mittag wieder an Bord kommen, doch das täuscht: die Vorhersagen kündigen einen schweren Sturm am Freitag und Samstag an; wir verlassen also noch am Nachmittag Fécamp, um mit der Tide bis zur Seinemündung zu kommen und dort in Honfleur den Sturm abzuwettern.

Honfleur
Cap d’Antifer

Der Plan gelingt auch ganz gut; zunächst scheint noch die Sonne, während die Kalksteinküste vorbeizieht – so sieht sie doch gleich ganz anders aus als im einheitlichen Grau. Als wir uns aber der Seinemündung nähern, bauen sich im Südwesten bereits tiefschwarze Wolkentürme auf. Die Tidenberechnung passt, und die letzten 10 Meilen spült uns die Flut bis in die Schleuse von Honfleur, die wir um 23 Uhr passieren. Kurz danach beginnt es auch zu regnen, und der Wind legt die ganze Nacht beständig zu; den ganzen Freitag regnet und stürmt es, kein Wetter, um das Boot zu verlassen.

Anders aber am Samstag: der Wind hat nachgelassen, die Sonne schaut häufiger mal zwischen den Wolken hervor,  und wir können uns endlich Honfleur anschauen. Der kleine Ort hat rund 8000 Einwohner – und gefühlt doppelt so viele Touristen, die sich die Zeugnisse seiner tausendjährigen Geschichte anschauen wollen. Draußen auf der Seine gibt es einen eigenen Anleger für Kreuzfahrtschiffe, und die Straßen wimmeln vor – vor allem asiatischen – Gästen.
Der Ansturm ist aber durchaus nachvollziehbar: hier scheint die Zeit wirklich stehengeblieben zu sein, das alte Hafenbecken ist umgeben mit jahrhundertealten Häusern, die engen Gassen sind wirklich sehr malerisch, auch die unzähligen Restaurants und Läden fügen sich tatsächlich durchaus gut ein. Besonders außergewöhnlich ist die Kirche Sainte-Catherine: sie wurde im 15. Jahrhundert von Schiffszimmerleuten erbaut – ganz aus Holz. Uns erinnert sie ein wenig an die Stabkirchen in Norwegen …
Berühmte Söhne der Stadt sind Erik Satie und Eugène Boudin; letzterer und viele andere Maler haben in der Stadt gearbeitet, die als eine der Geburtsstätten des Impressionismus gilt.

Sonnenuntergang auf der Baie de Seine

Als wir am Pfingstsonntag Honfleur verlassen wollen, müssen wir eine ganze Weile vor der Schleuse warten; wie es sich für einen Ort mit maritimer Tradition gehört, findet die Pfingstprozession hier auf dem Wasser statt: sicher 100 Fischer und Freizeitboote kommen uns – mit zahlreichen Wimpeln geschmückt – entgegen.
Aufgrund der Tide ist mal wieder eine Nachtfahrt angesagt: da man Honfleur nur mit ablaufendem Wasser verlassen kann, kommen die nähergelegenen Häfen als Ziel nicht in Frage, da diese alle trockenfallen und somit nur bei Hochwasser anzusteuern sind. Nächster passender Hafen ist

Saint-Vaast-La-Hougue

auf der Halbinsel Cotenin, also einmal über die Bucht der Seine, gut 60 Seemeilen. Gleich nach dem Verlassen der Seinemündung queren wir dabei den Nullmeridian, die GPS-Anzeige springt von Ost auf West um – doch ein besonderer Moment, wenn es auch nicht der Äquator ist 🙂
Glücklicherweise hält der Wind auch mal über Nacht durch, so dass wir praktisch die ganze Strecke segeln können und gegen 7 Uhr am nächsten Morgen unser Ziel erreichen. 

Saint-Vaast-La-Hougue ist ein kleiner Fischerort mit einer großen Marina. Spektakuläres gibt es hier nicht, aber der Ort macht einen freundlichen Eindruck; auffällig sind die vielen Gebäude aus großen, kaum behauenen Natursteinen: geologisch unterscheidet sich die Küste hier stark von der restlichen Normandie und ähnelt eher schon der Bretagne, statt des ansonsten allgegenwärtigen Kalksteins gibt es hier ‘richtige’ Felsen.

Am nächsten Morgen geht es früh weiter – ganz langsam schiebt sich das Vormittagshochwasser weiter und lässt es weniger schlimm erscheinen, in aller Frühe aufzubrechen als mitten in der Nacht anzukommen. Es bleibt aber festzuhalten, dass man bei einer Kanalquerung von Osten nach Westen vorher auf die Tidenzeit achten sollte, denn da man mit dem Vorrücken nach Westen die tägliche Verschiebung der Tide in etwa kompensiert, kann man wochenlang vor dem Problem ungünstiger Tageszeiten stehen – so wie wir.

Es hat kaum 10 Grad so früh am Morgen; aber dafür ist der Wind mal günstig, es regnet nicht, und der Strom schiebt auch von Anfang an kräftig mit. Dies steigert sich immer mehr, bis wir an der Nordostspitze der Cotenin-Halbinsel mit dem ‘Raz de Barfleur’ dem ersten richtigen Race begegnen – Races sind die Meerengen, in denen die Gezeiten extreme Strom- und Seeverhältnisse erzeugen können. Da die Bedingungen ganz ruhig sind, trauen wir uns näher ran – und staunen nicht schlecht: quer vor der ‘Orion’ liegt auf einmal eine Wand weißer Brandung! Ein zweiter (und dritter ) Blick auf die Seekarte bestätigt es: nein, da sind keine Untiefen. Also müssen wir da durch … der Strom steigt auf über 4 Knoten, die Wellenhöhe auf locker 2 Meter (während es 5 Minuten vorher kaum 20 Zentimeter waren), und die 12 Tonnen der ‘Orion’ werden wie Spielzeug hin- und hergeworfen – unheimlich! Aber nach wenigen 100 Metern wird es schon deutlich besser, und ganz allmählich werden auch die Wellen wieder niedriger. Das Erlebnis genügt aber, unseren Respekt vor diesem Phänomen noch mehr zu erhöhen …

Cherbourg
Napoléon zu Pferde, im Hintergrund die Basilique Sainte-Trinité

Dank Strom und Wind erreichen wir noch vor 12 Uhr nach 29 Seemeilen das Tagesziel Cherbourg; auffällig ist schon bei der Annäherung die gewaltige Außenmole (tatsächlich die zweitgrößte der Welt), die sich kilometerlang in die See erstreckt. Dieses Mammutprojekt wurde schon 1783 unter Louis XVI. begonnen und erst 70 Jahre später unter Napoléon III. vollendet – und hat damit ein Königreich, zwei Kaiserreiche und zwei Republiken erlebt, eine zweifellos sehr abwechslungsreiche Episode der französischen Geschichte.

Die Marina Port Chantereyne

Der Hafen bestimmt auch die Stadt Cherbourg: es gibt eine große Marinebasis, ein Fährterminal und den mit 1560 (!) Liegeplätzen größten Yachthafen an der ganzen Kanalküste. Der Rest der 80.000-Einwohner-Stadt beeindruckt eher nicht so, es gibt die üblichen Einkaufsstraßen und ein paar schöne, alte Gebäude, aber kein durchgehend historisches Stadtbild – hier ist wohl zu viel im Krieg, als Cherbourg nach der Landung der Alliierten in der Normandie hart umkämpft war, zerstört worden.

Alderney
Alderney, Braye Harbour

Mittwoch geht es gleich weiter, mal wieder in aller Frühe: diesmal sind es das Cap de la Hague und das anschließende Alderney Race, die zur richtigen Zeit passiert werden wollen. Da Alderney – als britischer Kronbesitz – auch in der Zeitzone 0 liegt, kommen wir schon um 9 Uhr Ortszeit dort an, nachdem wir wieder im Bereich des Kaps durch recht rauhe See gefahren sind. 
Eine Marina mit Schwimmstegen sucht man hier vergeblich, der einzige Hafen verfügt nur über eine Schutzmole und eine Menge Muringbojen; beim Einlaufen kommt auch schon der freundliche Hafenmeister angefahren, überreicht die Einklarierungsformulare und kassiert das Liegegeld (20 Pfund pro Tag).

Da das Wetter erst mal recht unfreundlich bleibt und wir uns die Insel auch richtig anschauen wollen, bleiben wir vorerst hier; Donnerstag kommt die Sonne kaum heraus, aber es bleibt wenigstens halbwegs trocken, und am Freitag ist es sogar freundlicher, so dass wir zwei ausgedehnte Inselwanderungen machen – endlich mal wieder richtiger Landgang!

Was wir sehen gefällt uns richtig gut: Alderney hat einen kleinen Ort mit hübschen alten Häusern, in denen sich einladende Geschäfte und Tea Rooms verbergen, und eine dekorative Kirche inmitten eines Friedhofs mit beeindruckenden alten Grabsteinen aus den vergangenen Jahrhunderten. Die Küste rundum ist felsig und schließt viele kleine Buchten mit weiß leuchtenden Sandstränden ein; auf den Klippen stehen etliche große Befestigungsanlagen aus viktorianischer Zeit (mit einigen weniger dekorativen Ergänzungen aus der Zeit der deutschen Besatzung). Besonders erwähnenswert sind aber die bunt leuchtenden, ungewöhnlichen Blumen, die – geschützt zwischen den von der Sonne aufgewärmten Felsen – in unglaublicher Pracht gedeihen. Ein besonderer Ort!

Alderney-Panorama mit Leuchtturm
Weymouth

Obwohl uns Alderney so gut gefällt wollen wir nach drei Tagen dann auch mal weiter; beim anhaltenden Südwestwind bleibt kaum etwas anderes, als zur Südküste Englands überzusetzen. Die Wetteraussichten sind wenig erbaulich, es soll mit 5 bis 6 Beaufort wehen und dabei kräftig regnen.

Weymouth Beach

Tatsächlich wird es dann aber besser als erwartet: der Wind kommt sehr südlich und überschreitet selten die 25 Knoten, und es regnet auch nur ab und an mal; am Nachmittag kommt sogar die Sonne raus. Allein die Wellenhöhe ist – wohl bedingt durch die starken Gezeitenströme – ganz beachtlich, die ‘Orion’ wird mal wieder richtig durchgeschüttelt. Wir queren die Hauptschiffahrtslinie durch den Kanal, lassen die Insel Portland und das berüchtigte ‘Portland Race’ an Backbord liegen und erreichen schließlich – pünktlich zum Abendhochwasser –  Weymouth; wir melden uns über UKW beim Hafenmeister an und bekommen einen Liegeplatz im Stadthafen zugewiesen, mitten unter Cafés, Pubs und Fish&Chips-Buden.

Queen Victoria’s Jubilee Clock

Da am Sonntag der Südwestwind noch mehr zulegt, bleiben wir auch einen Tag und schauen uns die Stadt an; Weymouth ist eines der beliebtesten Seebäder Englands und verfügt über einen langgestreckten Strand vor der Stadt. Es stellt sich uns zunächst die Frage wer sich denn bei einladenden Lufttemperaturen von um die 15 Grad wohl in die erfrischenden Fluten stürzen mag … niemand, natürlich; aber es gibt reichlich Alternativprogramm: buchstäblich alle 20 Meter steht ein Kiosk an der Promenade, der Getränke, Fish&Chips und Eis anbietet, davor verlocken diverse Karussells die Kinder, und Eselreiten am Strand gibt es auch – ein englisches Seebad wie aus dem Bilderbuch der Klischees! Es ist alles nicht besonders schick, hier macht eher die working class Urlaub, aber wir finden es ganz sympathisch. 

Lyme Regis
Aufgewühlte See vor Portland Bill Lighthouse

Montag geht’s weiter, wir wollen nach Westen in die Lyme Bay, und dazu gilt es zunächst die Halbinsel Portland zu umrunden, die sich weit gen Süden in den Kanal erstreckt; Problem dabei ist mal wieder der extreme Gezeitenstrom, der vor der Landspitze als ‘Portland Race’ Angst und Schrecken verbreitet. Der Wind bläst gerade mal mit 4 Beaufort aus Südwest, und wir haben den Zeitpunkt so gewählt, dass wir gerade bei Stillwasser in den Bereich des Races kommen; aber das Stillwasser währt hier nur einen Augenblick, und 20 Minuten später sehen wir uns schon mit über 4 Knoten Strom um Portland gespült werden, während sich aus dem Nichts eine kurze, steile See aufbaut. Eine halbe Stunde später ist es auch wieder gut, aber mal wieder haben wir einen Eindruck davon bekommen, wie an solchen Orten bei Sturm gegen 10 Knoten Strom das Tor zur Hölle öffnen kann …

Die ‘Orion’ vor Lyme Regis

Einige Stunden später erreichen wir Lyme Regis ; der kleine Ort verfügt über keinen für die ‘Orion’ geeigneten Hafen, statt dessen gibt es einige Muringbojen für Gäste vor dem Strand, eine recht schaukelige Angelegenheit.

The Cobb, Lyme Regis

Der Ort ist freundlich, aber nicht unbedingt spektakulär, und weist die bereits bei Weymouth beschriebenen Charakteristika des englischen Seebads auf, nur alles ein wenig kleiner und beschaulicher; berühmt ist vor allem die alte Hafenmauer ‘The Cobb’, die in Jane Austens Roman ‘Überredung’ eine Rolle spielt, außerdem im Film ‘The French Lieutenant’s Woman’ mit Meryl Streep.

Versteinerter Ammonit

Von viel früher her rührt die eigentliche Attraktion der gesamten Gegend: an dem als ‘Jurassic Coast’ bekannten Küstenabschnitt wurden sowohl sehr viele als auch sehr spektakuläre Fossilienfunde gemacht. Wir suchen natürlich auch die Steilküste ab, finden zwar keinen Dinosaurier, freuen uns aber schon sehr über die unzähligen Ammonitenabdrücke, die stellenweise die Felsen geradzu überziehen!

Teignmouth

Mittwoch folgen wir dann weitere 25 Seemeilen der Lyme Bay Richtung Westen – leider unter Motor, Wind gibt es so gut wie keinen. Da die Maschine aber seit der Seine-Mündung kaum mehr gelaufen ist kann man eigentlich nicht klagen … eher schon über die anderen Aspekte des Wetters, es ist mal wieder grau und regnerisch, und die Mittagstemperaturen erreichen kaum 15 Grad. Gegen Abend, als wir mit dem Hochwasser unser Ziel erreichen, reißt der Himmel endlich mal auf, und bis zum Sonnenuntergang ist der Himmel blau; am nächsten Morgen aber ist es wie immer grau und regnerisch.

Teignmouth, Seepromenade

Der Hafen von Teignmouth liegt geschützt in der Mündung des Flusses Teign; hier gibt es nicht nur den Sportboothafen in Form eines Bojenfeldes und schwimmender Pontons, sondern auch noch Kaianlagen für den Frachtumschlag – beachtlich, wenn man sich die Dimensionen und Wassertiefen der Einfahrt anschaut. Ansonsten die üblichen Merkmale eines Badeortes (Fish&Chips-Buden, Spielhalle, Pier), aber auch viele wirklich einladend gestaltete kleine Geschäfte an der Einkaufsstraße.

Für Segler ist noch erwähnenswert, dass von hier 1968 Donald Crowhurst mit seinem Trimaran ‘Teignmouth Electron’ zur Teilnahme am ersten Golden-Globe-Rennen aufbrach – und bekanntlich nie wiederkehrte.

Dartmouth
Kingswear Castle

Am nächsten Morgen ist das Wetter unverändert veränderlich: wir unternehmen noch einen Rundgang durch Teignmouth, bei dem wir eine erfrischende Dusche abbekommen. Gegen Mittag stabilisiert es sich aber etwas, und wir machen uns wieder auf den Weg. Tagesziel ist Dartmouth, ein sehr traditionsreicher Hafen im River Dart. Von See kommend ist die Mündung kaum zu erkennen, zu beiden Seiten erstrecken sich dicht bewaldete Hügel; man passiert das um 1500 erbaute Kingswear Castle, welches die Flussmündung bewacht, folgt dem Fluss um eine Kurve, und sieht an den Ufern des Flusses und den Hügeln darüber die Stadt vor sich liegen.

Dartmouth

Der perfekten Lage verdankt der Ort seine lange Seefahrtstradition: von hier brachen die Ritter 1147 und 1190 zu den Kreuzzügen auf, die Pilgerväter machten 1620 mit der ‘Mayflower’ auf dem Weg nach Amerika Station, und seit dem 14. Jahrhundert ist Dartmouth Stützpunkt der Royal Navy. Heute gibt es noch die Marineoffiziersschule, ansonsten ist Dartmouth fest in der Hand der Freizeitkapitäne: zu beiden Seiten des Flusses und auch mitten darin erstrecken sich unzählige Steganlagen und Muringbojenfelder. Wir finden wieder Platz an einem frei schwimmenden Besucherponton direkt vor der Stadt, mit dem Dinghi ist man in einer Minute an der Kaimauer.

Am Freitag ist Mittsommer, und endlich scheint das Wetter das auch mal zu berücksichtigen: den ganzen Tag strahlt die Sonne am blauen Himmel. Wir beschließen, den Tag in Dartmouth zu bleiben und laufen den ganzen Tag durch die Stadt. Zu sehen gibt es genug: verwinkelte Gassen, unzählige schöne, historische Gebäude, viele einladende Geschäfte – Dartmouth ist der bislang schönste Stopp unserer Reise entlang der südenglischen Küste!

Salcombe
Start Point

Am Samstagnachmittag ziehen wir dann bei (noch) schönem Wetter weiter – es gibt ungewöhnlicherweise mal Ostwind, das muss man nutzen, und zwar zur Rundung den nächsten Kaps, Start Point. Seit alter Zeit ist diese markante Felsformation ein Orientierungspunkt für die Schiffahrt – und auch das Ende vieler Reisen, denn unzählige Wracks liegen hier auf dem Meeresgrund. Seit 1836 warnt das ‘Start Point Lighthouse’ vor der Gefahr.

Unter zunehmend bedecktem Himmel und mehr Wind erreichen wir Salcombe, ebenfalls in einer geschützten Bucht gelegen; hier ist es ganz schön voll, die Boote liegen teilweise zu zweit an den Murings. Der Ort ist recht klein, und im Vergleich zu Dartmouth verstehen wir nicht ganz, was die ganzen Leute hier wollen; es mag aber auch am inzwischen wieder vollständig grauen Himmel und dem kalten Wind liegen, dass wir nicht so recht warm mit Salcombe werden.

River Yealm
Muringfeld im River Yealm, im Hintergrund Newton Ferrers

Am nächsten Vormittag schüttet es wieder aus Kübeln – wir lassen das Regenwetter erst mal durchziehen, denn auch heute ist es nicht weit bis zum nächsten Ziel: in der Mündung des Flusses Yealm gibt es zahlreiche Murings für Besucher. Und Besucher gibt es auch viele: Plymouth ist nur 7 Seemeilen entfernt, und der landschaftlich äußerst reizvoll gelegene Fluss ist natürlich ein beliebtes Ziel bei den Seglern aus der Großstadt. Wir bekommen gerade noch einen Platz am (frei schwimmenden) Besucherponton und beschließen gleich, auch den nächsten Tag hier zu verbringen und die Gegend zu erkunden.

Auf dem Coastal Path

Die Umgebung ist wirklich schön: eingebettet in grün bewaldete Hügel windet sich der Fluss, mit dem kleinen Dorf Newton Ferrers am Hang; dort kann man mit dem Dinghi anlanden und über die Hügel zur Küste wandern, wo sich ein durchgehender Fernwanderweg, der Coastal Path, an der ganzen englischen Südwestküste entlangzieht. Die Ausblicke sind phantastisch (auch wenn das Wetter gerade mal soweit mitspielt dass es nicht regnet): grüne Hügel und schroffe, von der Brandung umspielte Klippen so weit das Auge reicht, eine Landschaft wie aus dem TV-Melodram.

Plymouth

Wie gesagt ist es nach Plymouth nicht weit, und so machen wir am Dienstag den 25. erst mal dort in einer der zahlreichen Marinas Station – nach 8 Tagen an Murings und Schwimmpontons braucht das Boot mal wieder einen Landstromanschluss und Frischwasser, und die Crew eine Dusche. Wir haben die billigste Marina ausgesucht, und selbst dort schlägt die ‘Orion’ mit gut 40 Pfund zu Buche – die Muringbojen kosten immer rund die Hälfte.

Die Stadt weist eine lange Seefahrttradition auf: von hier brachen Francis Drake und James Cook zu ihren Reisen auf, genauso wie Charles Darwin und Francis Chichester zu seiner Weltumsegelung. Auch die königlich-britische Marinewerft hat hier ihren Standort – gleich vor dem Hafen fahren wir erst mal an einem knapp 300 Meter langen Flugzeugträger vorbei.

Die nach dem Krieg neu aufgebaute Innenstadt ist eher unspektakulär – die übliche Fussgängerzone mit unzähligen Geschäften wie in jeder Großstadt; bemerkenswert ist lediglich die Breite der Hauptachse, die kleine Grünanlagen ermöglicht, welche die städtische Hektik wohltuend unterbrechen. Sehenswerter ist des Viertel um den alten Hafen, wo sich viele schöne, alte Häuser und enge Gassen finden, sowie die große Parkanlage zur Seefront – dort gibt es sogar ein 1935 im Art-déco-Stil erbautes Seewasser-Freibad.

Fowey

Für Mittwochmittag ist ein Wetterumschwung angesagt: ab Mittag soll immer stärker werdender Ostwind einsetzen und der Himmel aufreißen; wir verlassen gegen 12 Uhr Plymouth, und tatsächlich dauert es nicht mehr lange, und die Wolken verschwinden. Der frische Ostwind trägt uns gut 20 Seemeilen weiter nach Westen bis nach Fowey in Cornwall; der Ort liegt am steilen Hang über der Mündung des gleichnamigen Flusses und bietet einen tidenunabhängig anzulaufenden Hafen.

Mündung des Fowey River mit Fowey

Wir finden einen Platz am Schwimmponton gegenüber des Ortes und genießen den Sonnenuntergang – bei wolkenlos blauem Himmel fühlt es sich endlich mal richtig sommerlich an!

St. Fimbarrus Church, Fowey

Am Donnerstag bleibt es schön, aber der Ostwind bläst inzwischen mit 30 bis 40 Knoten – eine gute Gelegenheit, sich den Ort näher anzuschauen. Dieser wird bis heute – wie hier im englischen Südwesten am Kanal üblich – von seiner Seefahrtstradition bestimmt; diese umfasst allerdings auch weniger rühmliche Episoden: im 15. Jahrhundert war Fowey als das übelste Piratennest Europas verschrien.

Fowey, am Hafen

Zweifellos hat diese Tätigkeit Geld und Leben in die Stadt gebracht, so dass man noch heute viele urige Gebäude und Gassen bewundern kann.

Nicht nur der Ort, auch die Umgebung ist sehenswert: auf dem schon vom River Yealm bekannten Coastal Path kann man ausgehend vom Rande Foweys gen Südwesten an der Küste entlanglaufen und die – gerade beim starken Ostwind spektakuläre – Brandung auf der felsigen Küste bewundern.

Falmouth

Am Freitag bläst der Ostwind immer noch ganz beachtlich; ab Mittag lässt er auf handliche 20-25 Knoten nach, dafür zieht sich gleichzeitig aber auch der blaue Himmel zu – schade.  Wir segeln 24 Seemeilen weiter nach Südwesten bis Falmouth, wo wir am Abend ankommen und wieder an einer Besuchermuring übernachten.

Falmouth, Custom House Quay

Am nächsten Vormittag schauen wir uns die Stadt an; wir finden eine lebendige Innenstadt mit vielen kleinen Straßen und hübschen Häusern, Geschäften und Pubs. Als südwestlichste Hafenstadt Englands ist Falmouth natürlich eng mit der Seefahrtsgeschichte verknüpft: gleich am Hafen stolpern wir über eine Tafel, die an Aufbruch und Rückkehr Robin Knox-Johnstons 1968/69 erinnert, der als erster Mensch einhand und nonstop die Welt umsegelt hat. Hier muss man als Segler wohl mal gewesen sein!

Kurz nach Mittag geht es aber weiter, denn der Wind ist günstig, um mit einer Nachtfahrt den Kanal zurück nach Frankreich zu überqueren; da das Ziel schon an der Biscaya liegt, beschließen wir hier nach gut einem Monat unsere Fahrt durch den Ärmelkanal, denn der endet offiziell an der Ile d’Ouessant. Sowohl die englische wie auch die französische Seite haben uns gut gefallen; die Bretagne ist dabei leider zu kurz gekommen, aber es gibt ja auch noch einen Rückweg 🙂

 

 

.

Aufbruch: Holland und Belgien (11.05. – 27.05.)

Eigentlich sollte der lange Winter ja genügen, um im Frühjahr das Boot reisefertig zu haben, aber irgendwie klappt es doch nie … so auch zum Beginn dieser Saison: die ‘Orion’ hat eine feste  Scheibe für die Sprayhood, eine elektrische Ankerwinsch, einen neuen Decksanstrich und viele Kleinigkeiten mehr bekommen, die uns bis zur buchstäblich letzten Minute in Atem gehalten haben – fast hätten wir die Schleusung in Papenburg verpasst, und dann wollte uns der Schlamm in der Einfahrt nicht gehen lassen; beim Versuch das Boot daraus zu befreien hat sich dann auch noch das Relais des Bugstrahlruders verabschiedet. Aber mit PS-kräftiger Unterstützung der ‘Primavera’ (Danke!!!) haben wir es dann doch noch aus dem Hafen und nach kurzer Fahrt bis

Leer
Ansegeln nach Leer

geschafft. Hier nämlich soll an diesem Wochenende das diesjährige Ansegeln unseres Vereins stattfinden, und so können wir das erste Stück des Weges mit einigen anderen Vereinsbooten zurücklegen und weitere in Leer treffen, die aus Delfzijl angereist sind.

Es wird ein fröhlicher Abend im Clubheim des SV Leer, und am nächsten Vormittag gibt es ein großes Abschiednehmen von den Freunden vom YC Papenburg, die wir einige Zeit nicht wiedersehen werden. Das stimmt schon etwas wehmütig, aber es ist auch schön, vermisst zu werden und etwas zu haben, wohin man eines Tages zurückkehren kann. 

Montagmorgen geht es dann endgültig los,  wir schleusen um 8 Uhr auf die Leda aus und lassen uns vom ablaufenden Wasser Richtung Nordsee ziehen. Etwa bis Eemshaven läuft der Strom mit, dann setzt langsam die Flut ein; laut Wettervorhersage sollte eigentlich ein mäßiger Wind aus Nordnordost dabei helfen, dagegen anzusegeln, leider weiß der aber nichts davon und weht aus Nordwest, sodass noch lange Stunden der Motor laufen muss. Erst kurz vor 17 Uhr biegt das Westerems-Fahrwasser endlich nach Westen ab, und die langersehnte Stille setzt ein. Bei 10 bis 12 Knoten Wind gleitet die ‘Orion’ unter Vollzeug durch die kaum einen Meter hohe See – das hat den ganzen Winter gefehlt!

Sonnenuntergang vor Schiermonnikoog

Das Wetter bleibt freundlich und der Wind gleichmäßig, nun (wo es nichts mehr ausmacht) dreht er auch endlich auf Nordost. Der Abend schenkt uns einen großartigen Sonnenuntergang, und nach einer ruhigen Nacht (sogar ohne unzähligen Fischern ausweichen zu müssen) erreichen wir am Dienstagvormittag

Vlieland
Vlieland voraus!

Schon in der Ansteuerung begegnen wir etlichen Schiffen der ‘Braunen Flotte’, die hier ihre Gäste – meist Schulklassen – abladen. Entsprechend groß ist der Trubel rund um den Hafen und im Ort; mit dem Ablegen der Plattbodenschiffe kehrt aber Ruhe ein, und man sieht dass sich um diese Jahreszeit noch nicht viele Urlauber und Yachten auf die Insel verlaufen haben, die Marina ist praktisch leer.

Vlieland ist bekanntlich ein attraktives Ziel, und so bleiben wir gerne etwas länger, auch um den Zeitdruck der letzten Wochen langsam abzubauen. Das Wetter ist perfekt, strahlend stellt die Sonne Strand, Wald und Dorf in ihren schönsten Farben dar; nur recht kalt ist es, der Wind weht nach wie vor aus Nordost. Wir laufen lange am Strand entlang, lassen uns den ersten Kibbeling schmecken und decken uns mit holländischen Spezialitäten ein.

Harlingen

Am folgenden Donnerstag ist uns erst mal nicht klar, wie es weitergehen soll; eigentlich stünde eine Fahrt übers Wattenhoch nach Texel auf dem Programm, aber dafür ist die Tide einfach zu ungünstig: man müsste entweder mitten in der Nacht losfahren oder ankommen, beides nicht so attraktiv. Also entscheiden wir uns um und brechen am frühen Nachmittag, eine Stunde nach Niedrigwasser, mit Ziel Harlingen auf. Es weht ein frischer Wind, 5 bis 6 Beaufort aus Nordost sind vorhergesagt, 6 bis 7 messen wir dann. Im – eigentlich berüchtigten – Seegatt ‘Stortemelk’ läuft es noch ganz gut, später im ‘Blauwe Slenk’ wird es aber echt ungemütlich, als 30 Knoten Wind von vorne drücken und drei Knoten Strom von hinten schieben, die ‘Orion’ wird der Länge nach mit Wattenseewasser gespült.

Harlingen, altes Rathaus

Aber irgendwann ist auch das überstanden, und am frühen Abend laufen wir in Harlingen ein, wo sich auch gleich die Brücke öffnet, die uns in den Noorderhaven einfahren lässt. Hier liegt man mitten im Zentrum der alten und geschäftigen Hafenstadt, direkt vor dem barocken Rathaus aus dem 18. Jahrhundert. Duschen gibt es auch, und das ist gut so, denn auch der Steuermann hat eine Menge Salzwasser abbekommen.

Am nächsten Morgen laufen wir noch bis zum Fischereihafen, bestaunen die gewaltig großen Schäkel und Blöcke im Fischereiausrüstungsladen (CIV) und kaufen fangfrische Seezunge fürs Abendessen. Am späten Vormittag verlassen wir dann Harlingen und machen uns auf den Weg ins Ijsselmeer.

Medemblik
Medemblik: Windmühle am Stadtrand …

Erst geht es am Deich entlang bis zur Schleuse in Kornwerderzand, wo wir gegen Mittag zusammen mit zwei anderen Booten ins Ijsselmeer gehoben werden. Vor dort aus sind es noch 20 Seemeilen bis Medemblik, und obwohl der Himmel bedeckt ist und immer mal ein Schauer droht, segelt sich die Strecke sehr angenehm, mit halbem Wind der Stärke 4 ist die ‘Orion’ nämlich bestens zufrieden und läuft unter Vollzeug mit über 6 Knoten ihrem Ziel entgegen.

… und der perfekte Liegeplatz

In Medemblik entscheiden wir uns einen Tag zu verweilen, denn erstens ist das Wetter am Samstag sonnig und windstill, zweitens die Stadt bei Sonnenschein sehr attraktiv (erst recht, wenn man einen der Liegeplätze vor dem um 1288 erbauten ‘Kasteel Radboud’ ergattern kann), und drittens wartet beim Hafenmeister das Paket mit den Ersatzteilen fürs Bugstrahlruder, so dass auch endlich mal wieder repariert werden kann 🙂

Enkhuizen

Am Sonntag ziehen wir dann weiter, nach einem dem Tag angemessenen Frühstück versteht sich; besonders eilig haben wir es nicht, denn bis zum nächsten Ziel Enkhuizen sind es nur 11 Seemeilen. Erfreulicherweise hat sich der Wind wieder eingefunden und bläst nun aus Nord mit 4 bis 5 Beaufort – wieder halber Wind, und staunend sehen wir bis zu 7.5 Knoten auf dem GPS! Unter den geschützten Bedingungen des Ijsselmeers lernen wir ganz neue Geschwindigkeiten kennen … 

Enkhuizen: Einfahrt in den Oude Haven

So erreichen wir gegen Mittag Enkhuizen; schon bei der Einfahrt kann man einen Blick in den historischen Stadtkern werfen. Wir freuen uns einen Liegeplatz im Buitenhaven gleich am Rande des Zentrums zu bekommen; hier ist man mit wenigen Schritten mittendrin und liegt dennoch recht ruhig. Zum Stadtrundgang kommt auch noch ein wenig die Sonne heraus, was will man mehr!

Enkhuizen wirkt etwas städtischer als Medemblick, verfügt über unzählige tolle, alte Häuser aus dem 16. und 17. Jahrhundert mit prachtvollen Giebeln, und natürlich etliche über die ganze Stadt verteilte Häfen, vom Compagnieshaven mit Hunderten von Yachten im Nordosten bis zum Krabbershaven im Südwesten, wo zahlreiche Schiffe der Braunen Flotte liegen.

Hoorn

Montagmorgen ist es leider schon wieder trüb und bedeckt, als wir Enkhuizen verlassen; Tagesziel ist das nur 12 Seemeilen entfernte Hoorn. Auf dem Weg liegt aber zunächst mal das 2003 fertiggestellte Krabbergat-Naviduct, eine weltweite Besonderheit: hier wird der Schiffsverkehr in einer Art Betonwanne durch eine Schleuse und gleichzeitig über eine vielbefahrene Straße geführt, welche dem Deich zwischen Ijssel- und Markermeer folgt. Früher gab es nur eine normale Schleuse mit Klappbrücke, aber die zahlreichen Öffnungen stellten eine zu große Behinderung des Straßenverkehrs dar, sodass man sich zu diesem kostspieligen Bauwerk entschlossen hat.

Hoorn vom Wasser aus gesehen; markant der Hoofdtoren von 1532

In Hoorn angekommen, betreten wir mal wieder geschichtsträchtigen Boden: die Stadt war einer der Stützpunkte der 1602 gegründeten Vereenigde Oostindische Compagnie (VOC), der Handelsgesellschaft welche das Monopol auf den Handel mit den niederländischen Kolonien in Südostasien innehatte. Diese hatte im Laufe von zwei Jahrhunderten ca. 4700 Schiffe unter ihrer Flagge fahren und brachte den Niederlanden unermesslichen Reichtum – weniger Glück hatten selbstredend die Ureinwohner der Kolonien. 

Das Statencollege von 1632 beherbergt heute das Westfriesische Museum

Auch das berühmt-berüchtige Kap Hoorn verdankt seinen Namen der Stadt Hoorn: der niederländische Seefahrer Willem Cornelisz Schouten beschrieb am 29. Januar 1616 erstmals den südlichsten Punkt Südamerikas und benannte ihn nach seinem Geburtsort.

Heute ist Hoorn eine geschäftige Einkaufsstadt mit etwa 73.000 Einwohnern, in deren Stadtbild noch zahlreiche Gebäude von der großen Vergangenheit zeugen; die zahlreichen Hafenbecken dienen allerdings nur noch der Freizeitschiffahrt, einen Handelshafen mit Warenumschlag gibt es nicht mehr.

Marken
Im Hafen von Marken

Mit kräftigem Rückenwind geht es am Dienstag einen kleinen Schlag Richtung Süden nach Marken; die ehemalige Insel (seit 1957 durch einen Deich mit dem Festland verbunden) beherbergt ein sehr kleines – ebenfalls ehemaliges – Fischerdorf sowie unzählige Touristen. Zweifellos ist es am Hafen mit seinen alten Holzhäusern ganz nett, aber was eine Million Besucher im Jahr – wie es scheint hauptsächlich Südländer, die verfroren und verloren durch die Straßen ziehen – hier wollen bleibt uns etwas verborgen …

Amsterdam

Für die kommenden Tage steht nun Kontrastprogramm an: nach dem Dörfchen Marken führt uns der Weg in die Großstadt Amsterdam. Das allerdings zunächst mal unter Motor, denn der uns seit Tagen begleitende kräftige Wind hat sich ausgeweht. Ein Gutes bringt das aber mit sich: ab Mittag, als wir durch die Oranjesluizen ins IJ schleusen, kommt langsam aber sicher endlich mal wieder die Sonne heraus.

Wir steuern den Sixhaven an, der am Nordufer des IJ direkt gegenüber des Hauptbahnhofs liegt; unmittelbar östlich und westlich des Hafens pendeln kostenlose Fähren rund um die Uhr zum Hauptbahnhof. So liegt man recht günstig und ruhig und dennoch in perfekter Ausgangslage für einen Stadtbummel; wir freuen uns über den guten Tipp, der uns hierhin geführt hat! Noch bevor wir uns am nächsten Tag in die Stadt stürzen wartet aber auch am Mittwoch noch ein besonderes Erlebnis: Einkaufen im nahegelegenen Jumbo-Supermarkt, der eine ganze ehemalige Hafenhalle einnimmt und sowohl vom Ambiente wie auch vom Angebot keine Wünsche offen lässt.

Am Donnerstag nehmen wir dann die Fähre und setzen in die Innenstadt über. Die Sonne scheint, und Amsterdam zeigt sich von seiner besten Seite: sehr lebendig und vielfältig, aber dennoch nicht zu laut und stressig. Egal wohin man geht, überall laden Straßen und Grachten zum Schauen und Cafés zum Verweilen ein – hier gefällt es uns! Einzig den Tag zu überstehen ohne von einem der tausenden Radfahrer überfahren zu werden ist eine gewisse Herausforderung …

So laufen wir viele Stunden auf und ab durch die Stadt, stöbern auf dem Flohmarkt, amüsieren uns über den aus den zahllosen Coffeeshops auf die Straßen flutenden Duft, genießen perfekt zubereiteten Cappuccino mit Blick auf die Grachten und freuen uns endlich, erschöpft zurück zum Sixhaven auf die ‘Orion’ zu kommen.

Scheveningen
Scheveningen voraus!

Am Freitag geht es schon früh los, den heute stehen ein paar Meilen mehr auf dem Programm: zunächst 15 durch den Noordzeekanaal bis Ijmuiden, dort durch die Schleusen zurück auf die Nordsee und dann nochmal gut 25 Meilen immer am Strand lang bis Scheveningen.

Die Fahrt durch den Kanal ist eher ereignislos und die Umgebung doch recht industriell geprägt, durch die der zahlreichen Berufsschiffahrt ständig zu widmende Aufmerksamkeit vergeht die Zeit aber doch recht schnell; die Schleusung ist wie immer in Holland völlig problemlos, und wir freuen uns wieder auf der Nordsee zu sein.

Strandpromenade und Pier

Zunächst will der Wind noch nicht so recht und die Tide läuft noch entgegen, aber gegen Mittag ändert sich das, und bei 10 bis 12 Knoten Wind aus Nordwest und strahlendem Sonnenschein lassen wir die Küste vorbeiziehen, bis wir am frühen Nachmittag Scheveningen erreichen. Das inzwischen zu Den Haag gehörende ehemalige kleine Fischerdorf hat sich zum größten Seebad der Niederlande entwickelt – und so in etwas fühlt es sich auch an: um einen unscheinbaren Ortskern herum sind gigantische Hotel- und Gastronomiekomplexe entstanden; sogar eine Seebrücke mit Riesenrad gibt es, ganz im Stil der britischen Seebäder. Für uns ist der Ort nun keine rechte Attraktion, aber der Yachtclub Scheveningen hat einen sehr netten Hafenmeister und Gästeplätze für müde Segler, außerdem gibt’s am quirligen Hafen natürlich eine Kibbeling-Bude, was will man also nach einem langen Tag auf See mehr …

Zeebrugge / Brugge

Samstagmorgen geht es noch früher weiter als am Tag zuvor, es steht nämlich ein wirklich langer Schlag bevor: Zeebrugge in Belgien ist der Zielhafen. 66 Seemeilen sind zurückzulegen, und dazwischen gibt es auch nicht wirklich eine Möglichkeit, einen Zwischenstopp einzulegen. Ursache dafür sind die niederländischen Deltawerke, mit denen in den 70er und 80er Jahren das Rhein-Maas-Delta sowie die Oosterschelde durch Dämme vom Meer abgetrennt wurden; der Zugang zu allen Häfen innerhalb ist seitdem nur noch durch Schleusen möglich, was doch einen großen Aufwand und Zeitverlust mit sich bringt.

Blick über den Hafen von Zeebrugge

Wir legen also die Strecke in einem Stück zurück, und das auch noch unter Motor, auf Wind wartet man nämlich an diesem Tag vergeblich; entsprechend froh sind wir, am Abend Zeebrugge zu erreichen. Hier erwartet und ein sehr bemühter Hafenmeister – und sonst nicht viel. Zeebrugge wurde erst um 1900 als Hafenstandort gegründet, und entsprechend ist es hier auch: ein gigantischer Industriehafen, ein paar Häuser hinter der Schnellstraße und natürlich eine ‘Frituur’, damit hat es sich.

Am Sonntag gibt es kräftigen Gegenwind, also bleiben wir im Hafen und packen die Fahrräder aus, um ins knapp 20 Kilometer entfernte Brügge zu fahren; eigentlich wollten wir das per Boot über einen Verbindungskanal tun, doch dann sind wir per Zufall darüber gestolpert dass man zum Befahren der belgischen Binnengewässer eine 40 Euro teure Vignette braucht, was auch streng überprüft wird- für 12 Kanalkilometer etwas zu teuer.

Brugge – oder auf Deutsch Brügge – ist das genaue Gegenteil von Zeebrugge: eine Stadt, die eine reiche Geschichte vorzuweisen hat. Das Stadtrecht wurde 1128 verliehen, und im 13. bis 15. Jahrhundert blühte der Handel auf, auch die Hanse unterhielt ein Kontor in Brügge. Hilfreich dabei war, dass die Stadt damals noch über einen Meeresarm direkten Zugang zur Nordsee hatte; zum Ende des 15. Jahrhunderts versandete dieser, und die goldenen Zeiten waren vorbei. Erhalten sind aber zahllose steinerne Zeugen dieser Zeit: ein Spaziergang durch Brügge gleicht dem Besuch eines Freilichtmuseums. Begleitet wird man dabei von Zehntausenden von Touristen und abwechselnd – manchmal auch gleichzeitig – dem Duft von frisch gebackenen Waffeln und fachgerecht frittierten Pommes. 

Nieuwpoort

Am Montag weht der Wind wieder (etwas) günstiger, und wir verlassen Zeebrugge zum letzten Schlag in belgischen Gewässern; 34 Seemeilen kreuzen wir auf bis Nieuwpoort. Dabei ziehen Badeort um Badeort an uns vorbei, gehen von See aus betrachtet beinahe nahtlos ineinander über, zugebaut mit gigantischen Hotelklötzen; so erscheint die belgische Küste wie ein einziger langer Plattenbau.

Auch Nieuwpoort bietet wenig mehr als einen Platz zum Übernachten; nach einem kurzen Spaziergang durch die Stadt am nächsten Tag brechen wir in Richtung Frankreich auf!

Heimweg (15.09. – 29.09.)

Nachdem wir fast eine Woche auf Kvitsøy eingeweht waren, konnten wir ja kaum noch glauben, dass sich die Wettervorhersage für Samstag den 15. nicht im letzten Moment noch verschlechtern würde, doch sie blieb auch Samstagmorgen stabil, und so haben wir gegen 8 Uhr bei halbwegs aufgelockertem Himmel und frischem Wind den Hafen verlassen.

Sonne, Wolken und Wellen auf dem Weg nach Süden

Kaum hatten wir den Schutz der letzten Schären verlassen, haben wir Bekanntschaft mit den Wellen gemacht: zweieinhalb bis viereinhalb Meter waren angesagt, und direkt vor Kvitsøy kamen uns die erst mal schräg entgegen, zusammen mit 4 bis 5 Beaufort Wind. Glücklicherweise konnten wir aber schon nach kurzer Zeit auf Südkurs abfallen, so dass wir gute Fahrt gemacht und schon vor 12 Uhr Jærens Rev passiert haben; ab dort kamen die Wellen immer mehr aus Nordwest, unser Kurs war schon östlicher als Süd, so dass sie problemlos von achtern durchgelaufen sind. Beeindruckend war es aber schon, die Atlantikdünung nach mehreren Tagen Starkwind anzuschauen!

Der Wind hatte auch etwas zugelegt und blies den ganzen Tag mit 5 bis 6 Windstärken aus Westnordwest, lediglich beim Durchzug zweier Regenfronten haben wir mal 7 Beaufort gesehen, sonst schien aber auch häufiger mal die Sonne; bei halbem bis raumem Wind war die ‘Orion’ mit 6 bis 7 Knoten unterwegs, so dass wir schon gegen 16 Uhr nach 47 Seemeilen unser Tagesziel erreicht haben; wie letztes Jahr war dies

Gyarhavn

Längsseits am Felsen in Gyarhavn – am Badesteg links vom Boot war es zu flach

Dieser Naturhafen mit schöner Steganlage sowie Grillhütte mit Kaminofen war uns in bester Erinnerung geblieben; im Unterschied zum vergangenen Jahr waren wir nun aber an einem Wochenende hier, und die Stege waren bereits mit einem halben Dutzend Motorbooten aus Egersund belegt. Offenbar verbringt der halbe Egersunder Bootsverein hier seine Wochenenden – nun, das täten wir ja auch, wenn wir so ein Ziel um die Ecke liegen hätten 🙂

Wir haben aber noch gegenüber einen Liegeplatz längsseits der Felswand gefunden und auch ohne Kaminfeuer einen schönen Nachmittag und Abend verbracht.

Ausblick über die Küstenlandschaft von Gyarhavn Richtung Egersund

Egersund

Die Wettervorhersagen für den Sonntag waren wieder wie in letzter Zeit üblich: Regen und Sturm. 7 bis 8 Windstärken aus Süd sollen es heute sein, also brechen wir zeitig auf und fahren nur ein paar Seemeilen im Schutz von Eigerøya bis zum Gästehafen von Egersund, um dort den Sturm abzuwettern – und mit dem Luxus der Landstromversorgung das nasse Ölzeug zu trocknen.

In der Innenstadt von Egersund – überschaubar …

Am Montagmorgen ist es wieder trocken, und wir erledigen noch Einkäufe in Egersund und schauen uns dabei die Stadt an; wir finden die typischen weißen Holzhäuser vor, die vor allem die Städte Südnorwegens auszeichnen.

Danach verlassen wir den Gästehafen und machen uns wieder auf den Weg nach Südosten; knapp 30 Seemeilen entfernt liegt der nächste größere Einschnitt in der Küste, Flekkefjord mit den vorgelagerten Insel Hidra und Andabeløya. Bei erfreulich moderatem Südwestwind um 4 Beaufort erreichen wir unter vollen Segeln bald unser Ziel

Andabeløy

Der kleine Ort an der Nordspitze der gleichnamigen Insel hat um die 100 Einwohner, der ganze Rest der Insel ist unbewohnt. Da für die nächsten Tage wieder starker Südwind angesagt ist, suchen wir den hiesigen Gästesteg auf, um die Wartezeit bis zum nächsten brauchbaren Wind wenigstens zum Erkunden der Insel nutzen zu können.

Leuchtend grüne Wälder auf Andabeløy

Am Dienstag bietet sich dazu auch die Gelegenheit: bis zum Nachmittag ist noch wolkenloser Himmel angesagt, und so machen wir uns auf den Weg zu einer kleinen Wanderung auf Andabeløy; Brenøyknuten heißt die mit 206 Metern höchste Erhebung. Der Weg dorthin führt durch dichte, grüne Wälder und an mehreren Bergseen vorbei, und vom Gipfel bietet sich ein Ausblick in alle Richtungen, man sieht Flekkefjord, Hidra und den Sund, und im Südwesten Lista. Ein Ausflug, der sich auf jeden Fall gelohnt hat – und aller Wahrscheinlichkeit nach die letzte Wanderung dieses Törns, denn nun beginnt die Phase des Wartens auf besseres Wetter, und wenn das kommt geht es übers Skagerak gen Süden …

Ausblick vom Brenøyknuten (206 m) Richtung Fedafjord und Lista

Flekkefjord

Bis dahin gilt es aber wohl noch einige Tage zu warten; wir beschließen uns noch das eine oder andere Ziel im geschützten Fjordland anzuschauen und fahren dazu am Mittwoch knapp 4 Seemeilen in den Lafjord hinein Richtung Flekkefjord; kurz vor der Stadt gibt es mehrere Naherholungsgebiete, die auch Liegemögliichkeiten für Boote bieten, und wir suchen uns das mit dem stabilsten Pier aus, denn für die kommende Nacht sind die ersten Sturmböen aus Süd angesagt.

Der Donnerstag bringt wieder etwas ruhigeres und vor allem trockenes Wetter – es bläst nur mit 4 – 6 Windstärken aus Südsüdwest (tief im Land, wohlgemerkt). Wir laufen in den nur etwa einen Kilometer entfernten Stadtkern von Flekkefjord und schauen uns die Stadt an.

Die ‘Hollenderbyen’

Diese hat eine interessante Geschichte als Handelshafen im Holzexport in die Niederlande; es heißt, halb Amsterdam stehe auf Eichenstämmen aus Flekkefjord. Im 17. und 18. Jahrhundert besuchten unzählige Handelsschiffe Flekkefjord, um hauptsächlich Holz aufzukaufen; im Gegenzug brachte man westeuropäische Handelsgüter und die holländische Kultur mit. Das Viertel, in dem die Kaufleute ihre Stützpunkte unterhielten, ist gut erhalten, und die hübschen Holzhäuser weisen in der Tat einige Merkmale auf, die uns recht holländisch vorkommen.

Torsøyene

Unser ‘hurricane hole’ auf Lille Torsøy

Am Donnerstagnachmittag fahren wir noch ein kleines Stück den Fjord wieder herunter; schon auf dem Weg nach Flekkefjord haben wir uns die Liegeplätze auf Torsøyene angeschaut und für sturmtauglich befunden, also suchen wir uns eine gen Südwesten perfekt geschützte Ecke auf Lille Torsøy und bringen alles an Fendern und Festmachern aus, was wir zu bieten haben. Die Torsøy-Inseln sind mal wieder ein öffentliches Naherholungsgebiet – und haben an soliden Holzstegen Platz für etliche Boote zu bieten; eigentlich ein richtiger kleiner Hafen, es gibt sogar Toiletten, die übliche Grillhütte und Wasseranschlüsse –  nur eben kostenlos, und bei den angesagten Bedingungen natürlich völlig leer.

So ein Tief sieht man nicht alle Tage …

Das Wetterfax, welches wir per Kurzwelle vom DWD empfangen, ist schon beeindruckend – so viele Isobaren mit so wenig Abstand, und der Kern zieht genau über Südnorwegen hinweg. Gegen Abend sollen die stärksten Winde durchziehen, 65 Knoten sind angesagt – Windstärke 12, Orkan … wir ziehen den Kopf ein und warten ab!

Andabeløy

Nachdem wir die Nacht gut überstanden haben holen wir erst mal neue Wettervorhersagen ein – es zeichnet sich eine kleine Chance ab, am Sonntag aufbrechen zu können! Zwar soll es von Sonntag auf Montag immer noch mit 6 bis 7 Windstärken wehen, aber wenigstens aus Nordwest; Dienstag soll der Wind zwar abnehmen, aber dafür auch auf West und Südwest drehen – da nehmen wir doch lieber mehr Wind aus raumen Richtungen.

Um morgen aufbruchbereit zu sein verholen wir uns nochmal nach Andabeløy, wo wir Dienstag schon waren; dort gibt es nochmal Landstrom zum Durchtrocknen des Boots und einen überdachten Raum, in dem wir das Schlauchboot trocknen und einpacken können, und auch sonst alles für die Überfahrt vorbereiten.

Sonntag, 23. September: die Wettervorhersagen sind stabil, wir brechen auf! Nach viereinhalb Monaten verlassen wir Norwegen, genau zur Tag- und Nachtgleiche; unter dem Einfluss eines intensiven Hochs erwarten uns gutes Wetter und 6 bis 7 Windstärken aus Nordwest bei 3 bis 5 Meter Wellenhöhe. Die Fahrt nach Helgoland sollte unter diesen Bedingungen etwa 48 Stunden dauern – auf geht’s!

Überfahrt

Norwegen bleibt im Kielwasser zurück

Während hinter uns die waldigen Hügel um Hidra zurückbleiben, legt der Wind nach und nach immer mehr zu; die ersten 10 Seemeilen fahren wir noch am Wind, da wir den gefährlichen Flachwasserbereichen vor dem Kap Lista ausweichen wollen; dabei weht es mit um die 20 Knoten, und die Sonne scheint – kein Problem soweit. Gegen Abend legt der Wind aber immer mehr zu; statt 6 bis 7 Windstärken  sind es die ganze Zeit immer mindestens 7 Beaufort, und häufig ziehen kleine Unwetterfronten durch, die kurzzeitig Regen, Hagel und Wind um die 9 Beaufort mitbringen; einmal messen wir auch 50 Knoten, das ist Windstärke 10 …

So bleibt es für etwa 36 Stunden, und entsprechend baut sich auch die See auf; der über Kurzwelle empfangene Seewetterbericht des DWD spricht schon von 4 Metern signifikanter Wellenhöhe – bis 8 Meter sind also drin, und so sieht es auch aus (anfühlen tut es sich natürlich noch viel schlimmer).

Sonnenuntergang mit Regenwolken

Wir fahren nur mit dem Großsegel im dritten Reff noch mittlere Geschwindigkeiten von bis zu 7 Knoten, wenn wir gerade so ein Wellenmonster runterrutschen zeigt die Logge auch mal über 9 Knoten an. Beim Durchgang jeder Welle neigt das Boot sich bis zu 60 Grad nach Lee, dann 30 Grad nach Luv – und das wiederholt sich ungefähr alle 5 Sekunden – für 36 Stunden! Unheimlich, das alles, besonders bei Nacht … aber wir überlassen das Steuern der Aries und ziehen das Luk hinter uns zu – was auch gut so ist, etwa einmal pro Stunde kommt uns auch eine Welle im Cockpit besuchen.

Helgoland voraus!

Erst am frühen Dienstagmorgen flaut es endlich ab, und wir sind heilfroh, als wir nach genau 48 Stunden und 277 Seemeilen auf Helgoland festmachen; positiv bleibt festzuhalten, dass die ‘Orion’ offenbar mit solchen Bedingungen keine Probleme hat – wie man allerdings dabei schlafen soll, ist uns ein Rätsel, und so wollen wir jetzt erst mal nur ausruhen …

Helgoland

Am Mittwoch hat der Wind auf Südwest gedreht und fast zu alter Stärke zurückgefunden; wir werden also in jedem Fall noch etwas bleiben. Der Hafen ist ungewöhnlich leer  – ein Nachbar (mit einem wesentlich größeren Boot) erzählt uns, dass sie am Sonntag von Esbjerg herübergekommen sind – 80 Seemeilen, sie werden also am späten Abend auf Helgoland angekommen sein; die Fahrt sei der absolute Horror gewesen, so ein Sturm. Wir fühlen uns auf einmal gar nicht mehr so schlecht, dass uns die dreieinhalbfache Zeit und Strecke im gleichen Gebiet keinen großen Spaß gemacht hat …

Auch der Hafenmeister ist etwas erstaunt, dass wir Dienstagmorgen reingekommen sind – da war doch seit Tagen niemand unterwegs … nun ja, so schlimm war es nun auch wieder nicht; schon seltsam, dass die vielen 18-Meter-25-Tonnen-Yachten offenbar auch nur bis Windstärke 6 gesegelt werden. Wir zahlen jedenfalls das Liegegeld und die Kurtaxe (und haben damit so viel Hafengeld ausgegeben wie in Norwegen in drei Wochen) und beginnen mit der Erholung – Kur ist angesagt!

Starkwind auf Helgoland

Nach der kurzen Entspannung am Dienstag findet der Wind am Mittwoch wieder fast zu gewohnter Stärke zurück – mit 6 bis 7 Beaufort fegt es über Helgoland, nur jetzt aus Südwest. Das hatten die Wettermodelle auch schon am vergangenen Wochenende so vorhergesagt – so gesehen hat es sich als richtig erwiesen, am Sonntag aufzubrechen, später wäre nur Gegenwind gekommen. Aber als wir auf dem Oberland fast wegfliegen wird uns doch nachträglich noch etwas mulmig, dass wir bei noch etwas mehr Wind unterwegs waren – gut, dass der Vorwindkurs den scheinbaren Wind um eine Windstärke verringert.

Am Donnerstag weht es immer noch aus Südwest, aber etwas schwächer; wir erledigen die einschlägigen Einkäufe und gönnen uns zum Törnabschluss noch ein leckeres Abendessen – denn morgen soll der Wind auf Nordnordwest drehen – ideal für die 80 Seemeilen entlang der ostfriesischen Küste bis Borkum.

Borkum

Der Windpark vor Borkum Riff begrüßt uns

So kommt es dann auch – mal wieder mit etwas mehr Wind als erwartet, aber die Richtung passt, mit 5 bis 6 Beaufort weht es aus Nordnordwest, so dass wir mit einem gemäßigten Amwindkurs zum Teil beachtliche Geschwindigkeiten um siebeneinhalb Knoten herausfahren können; um Punkt 22 Uhr machen wir nach gut 14 Stunden Fahrt im Schutzhafen Borkum fest. Nun fehlen quasi nur noch die letzten Meter … die kommen morgen, gleich um 8 Uhr geht es weiter!

Papenburg

Die ‘Picard’ begrüßt uns vor Emden

Am Samstagmorgen zeigt sich das Wetter von seiner besten Seite: aufgelockerter Himmel und ein angenehmer Westwind um 4 Windstärken erwarten uns auf der Ems, es gibt kaum Welle; wir können endlich mal wieder Vollzeug setzen und gleiten mit einsetzendem Flutstrom auf Emden zu.

Dort erwartet uns die erste Überraschung: die ‘Picard’ begrüßt uns mit voller Festbeflaggung! Weiter vor Jemgum können wir den J24 des Vereins zuwinken, und vor der Seeschleuse gibt es die erste Kaffee- und Kuchen-Runde … so kommt man doch gerne zurück in die Heimat!

Knapp 3000 Seemeilen in fast 5 Monaten liegen hinter uns; Wetter und Wind waren häufiger widrig als freundlich, aber die sonnigen Tage haben uns dafür entschädigt: Nordnorwegen ist ein unglaublich schönes Stück der Welt!

Westküste (16.08. – 14.09.)

Am Donnerstag den 16. soll es laut Wettervorhersage etwas besser sein – weniger Regen, weniger Gegenwind. Davon ermutigt laufen wir nach dem Frühstück aus und setzen Kurs Süd auf die Sula-Inselgruppe vor der Sognefjordmündung; doch die Realität sieht anders aus: im strömenden Regen kämpfen wir genau gegen 6 – 7 Beaufort und 2 Meter Welle an. Nach 19 Seemeilen haben wir die Nase gestrichen voll davon und laufen

Nåra

Das gastfreundliche Dorf Nåra

auf Ytre Sula an. Der gut geschützt in einem kleinen Sund gelegene Ort besteht aus einer Handvoll Wohnhäusern und einem kleinen Laden; letzterer bietet einen Gästesteg an, der sogar kostenlos ist, wenn man keinen Landstrom braucht.

Hier bleiben wir gerne länger: am Freitag ist immer noch kräftiger Gegenwind, aber etwas trockener, und wir machen einen Landgang und sammeln viele Blaubeeren; am Samstag regnet es wieder anhaltend. Die freundliche Dame von Laden zeigt uns auch noch, wo wir kostenlos eine Dusche benutzen können – in einer kleinen Ferienwohnung in einem Nebengebäude, die bei Nichtvermietung einfach offensteht … hier ist die Welt noch in Ordnung!

Leuchtfeuer Sogneoksen vor Kvernøyna mit meterhoher Brandung

Sonntag geht es endlich weiter: nach tagelangem Starkwind ist es nun zwar etwas flautig, es läuft aber noch eine beachtliche alte Dünung vom Atlantik herein, die sich spektakulär an den vorbeiziehenden Felseninselchen bricht. Mit viel Geduld erreichen wir nach 16 Seemeilen unter Segeln die Naturbucht auf der Insel

Børilden

Freundlicherweise hat der norwegische Seglerverband KNBF hier eine (mal wieder: kostenlose) Muringboje ausgelegt, das Anlegemanöver dauert also keine Minute. Die Umgebung ist völlig unbebaut und recht hübsch, und im Wasser schwimmen etliche Makrelen; nicht lange dauert es, bis 6 davon gefangen sind und ein köstliches Abendessen vom Grill abgeben!

Uttoskevågen

Uttoskevågen / Toska

Montag hält das bessere Wetter an, nun gibt es sogar etwas mehr Wind dazu: 4 Windstärken aus Nordwest, perfekt um weiter nach Süden zu fahren. Eigentlich guter Wind für eine größere Tagesdistanz, aber nach 18 Seemeilen kommen wir an der Insel Toska vorbei, die eine sehr verwinkelte und reizvolle Ankerbucht für uns bereit hält, in der auch wieder eine KNBF-Muringboje ausliegt – da können wir nicht vorbeisegeln und verbringen eine Nacht in dieser – ebenfalls völlig unbebauten – Bucht.

Kollevåg

Kollevåg / Askøyna

Für Dienstagabend ist eine neue Starkwind- und Regenfront angesagt, daher suchen wir einen möglichst geschützten Ort für die kommende Nacht und den Mittwoch; außerdem wäre mal wieder ein Supermarkt von Nutzen. Wind gibt es keinen mehr, und so motoren wir in aller Ruhe weitere 18 Meilen bis Kollevåg; hier gibt es ein Steinpier in einem Naherholungsgebiet direkt vor den Toren Bergens, und gemessen an der geringen Distanz zur zweitgrößten Stadt Norwegens ist es erstaunlich naturnah: die Villen auf der einen Seite verschwinden hinter einer Felswand, die Industrieanlagen auf der anderen Seite hinter einem Hügel.

Ein kleiner Supermarkt ist in einer dreiviertelstündigen Wanderung zu erreichen und versorgt uns Dienstagnachmittag noch mit frischem Brot, bevor es am Mittwoch ausgiebig und in erstaunlichen Mengen regnet – das Dinghi wird zur Badewanne …

Skorpo

Ankerbucht vor Skorpo

Donnerstag ist das Wetter immer noch nicht besonders stabil, und der Wind weht immer noch aus Süd, also kein Tag zum Segeln. Ein kleines Stück verholen wir uns aber, wir wollen wieder in eine Naturbucht, und da bietet sich das Inselchen Skorpo zwei Seemeilen südlich an; auch hier gibt es wieder eine Muringboje von der KNBF.

Unglaublich, welch wildromantische Natur wir hier einen Steinwurf von Bergen entfernt vorfinden; allein die gut ausgelaufenen Trampelpfade auf der Insel zeugen davon, dass hier während der Saison einiges los ist. Zwischen zwei Regengüssen sammeln wir noch Pilze – wenn die sich als essbar erweisen, geht es hier demnächst weiter mit dem Blog …

Lysøya

Ole Bulls Villa auf Lysøya

Am Freitag geht es uns gut, und wir fahren weiter gen Süden; brauchbaren Wind gibt es zwar keinen, aber wenigstens regnet es nicht mehr ununterbrochen. Wir halten unterwegs nochmal zum Einkaufen in Brattholmen (Schwimmsteg direkt am Supermarkt, sehr praktisch) und erreichen nach vierstündiger Motorfahrt die Insel Lysøya; hier gibt es eine sehr geschützte Bucht, die nur über eine schmale Durchfahrt zu erreichen ist – und wieder eine KNBF-Muringboje. Die Insel hat in ihrem Inneren zwei Seen, jede Menge wildromantischer Natur und ein gutes Netz aus Spazierwegen zu bieten – und die Villa des norwegischen Violinisten und Komponisten Ole Bull, der nämlich das alles im 19. Jahrhundert hat anlegen lassen.

Solstraløya

Samstagmorgen das gleiche Bild: Regen und leichter Gegenwind. Wie immer unter Motor laufen wir also unser nächstes Ziel an, das kleine Inselchen Solstraløya. Wir dachten, bei dem Namen (Sonnenstrahlinsel) muss sich doch das Wetter mal bessern … und tatsächlich, kurz nach dem Anlegen (im Regen) lässt sich die Sonne blicken – nicht für lange Zeit, aber genug, um die (recht übersichtliche) Insel zu erkunden.

Solstraløya wird für eine Stunde ihrem Namen gerecht

Hier gibt es mal wieder ein Naherholungsgebiet, welches sich vor allem an Schulklassen zu richten scheint: es gibt eine kleine Freilichtbühne für Aufführungen, die Kinder haben Infotafeln zu allen möglichen Tieren und Pflanzen erstellt, und einen Hühnerstall gebaut – weswegen es auf der Insel freilaufende Hühner gibt. Außerdem gibt es Pilze in Hülle und Fülle – nun, irgendwer muss ja auch die feuchte Witterung mögen … wir sammeln also fleißig um unseren Selbstversuch beim nächsten Abendessen wiederholen zu können.

Am nächsten Tag  laufen wir

Kalsundholmen

an der Südspitze von Huftarøy an – unter Motor, natürlich; der wenige Wind kommt wie immer von vorne. Wenigstens ist es trockener, und die Sonne scheint ab und an – man wird bescheiden …

Die Ankerbucht bei Kalsundholmen

Auch in dieser Bucht hat der KNBF eine Muringboje ausgelegt; wir nutzen das Angebot gerne, ist doch in der Nacht auch noch ein Frontendurchzug angekündigt – schon praktisch, wenn man nicht immer mit einem Ohr wach bleiben und auf die Ankerkette hören muss.

Die Sonne bequemt sich auch noch etwas zu verweilen, und so können wir noch einen Landgang unternehmen, bevor es sich gegen Abend immer mehr zuzieht.

Smedaholmen

Smedaholmen

Der Montag bringt wieder das gewohnte Wetter: Gegenwind und Regen. Wir motoren gegen 5-6 Beaufort aus Südsüdost bis Fitjar auf Stord, wo wir – wie so häufig – direkt am Sparmarkt anlegen, Einkäufe erledigen und sogar duschen können. Bleiben wollen wir in dieser Großstadt (fast 2000 Einwohner …) aber nicht, wir ziehen noch ein kleines Stück weiter und finden bei Smedaholmen wieder einen kosenlosen Schwimmsteg mitten in der Natur.  Die Insel ist recht grün und bewaldet, wieder gibt es unzählige Pilze zu entdecken.

Langøya

Langøya

Für Dienstag ist endlich besseres Wetter angesagt; so recht will sich aber die versprochene Sonne nicht zeigen, doch immerhin bleibt es trocken. Wind gibt es auch keinen, wir ziehen also nur ein kleines Stück weiter und finden mit Langøya ein weiteres, hübsches Inselchen mit öffentlichem Schwimmsteg. Wie immer sind wir das einzige Boot, die Saison ist hier definitiv vorüber …

Die Insel ist deutlich karger als Smedaholmen, es gibt kaum Bäume; in einer geschützen Senke jedoch finden wir einige alte Apfelbäume, offenbar muss es hier mal eine Besiedlung gegeben haben. Da am Mittwoch wieder ausgesprochenes Mistwetter angesagt ist (Starkwind aus Südsüdost und Regen), können wir hier wenigstens mit frischem Apfelkuchen auf bessere Zeiten warten …

Røvær

Leuchtfeuer Ringholmen

Donnerstag soll dann endlich Nordwind aufkommen – und auch noch die Sonne scheinen! Hochmotiviert fahren wir also los, um mal etwas mehr Strecke zurückzulegen, aber in den ersten Stunden, die wir den Stokksund zwischen den großen Inseln Bømlo und Stord hinunterfahren, ist von Wind nicht viel zu spüren … erst als wir den offeneren Bømlafjord (quasi die Mündung des Hardangerfjordes) erreichen, setzt sich der Wind durch, und bei um die 15 Knoten aus Nordnordwest gleiten wir auf die sonnige See hinaus.

Der Hafen von Røvær

Tagesziel ist nach 33 Seemeilen Røvær, eine Inselgruppe direkt vor der Einfahrt nach Haugesund. Hier waren wir letztes Jahr schon einmal, und wie wir beim Blick ins Logbuch feststellen, sogar zum gleichen Datum, dem 30. August. Wie vor einem Jahr gefällt es uns gut hier; neu hinzugekommen ist ein interessantes Informationszentrum über das Meer und seine Nutzung durch den Menschen, welches wir uns noch anschauen können.

Am nächsten Morgen verlassen wir Røvær, diesmal durch die extrem schmale südliche Ausfahrt, die auch noch von einer 16-Meter-Brücke überspannt wird – aber wir haben ja Niedrigwasser, alles geht gut. Wir steuern – wie üblich – Haugesund wegen seiner guten Versorgungsmöglichkeiten an, bleiben dort über Mittag und kaufen einen Berg Obst und Gemüse, und fahren zum Abend noch weiter bis

Dragøya

Dies war im vergangenen Jahr unser erster Naturhafen – und dieses Jahr ist das Wetter sogar noch besser, wir genießen das saftige Grün im Inneren der Insel, wandern durch knietiefes Moos und lassen den Abend bei einem Lagerfeuer am Anleger ausklingen.

Auf Dragøya

Samstag geht es weiter, wir kreuzen gegen den Wind den Karmsund hinunter, was bei schönem Wetter und einer nicht allzu großen Tagesdistanz ja auch Spaß macht; nach nur 10 Seemeilen machen wir an der KNBF-Muringboje auf

Vesterøy

fest.  Diese Insel ist größer als Dragøya, bietet sogar richtige Wanderwege durch eine abwechslungsreiche Landschaft – sumpfige Täler, Wälder und Hochebenen wechseln sich ab – und mal wieder etliche Pilze.

Am Sonntag den 2. September hat der Südwind Stärke 5 bis 6 erreicht, und die Sonne scheint auch nicht mehr; wir beschließen einen Ruhetag an der Muringboje einzulegen und auf besseren Wind zu warten.

Toftøy

Montag gibt es wieder Sonne – nur keinen Wind. Erst geben wir uns noch sportlich und kreuzen gegen 2 bis 3 Windstärken auf, dann verlässt und genau in der kaum 60 Meter breiten Durchfahrt unter der Brücke zwischen Ognøya und Austre Bokn der (Gegen-) Wind und wir parken zwischen den Brückenpfeilern ein … den Rest der bescheidenen 11 Seemeilen muss also mal wieder der Motor ran.

Die Ankerbucht auf Toftøy

Auf Toftøy erwartet uns wieder eine Muringboje der KNBF in einer malerischen Bucht mit einer steilen Felsenwand auf der einen Seite, und im Inneren der Insel saftige, grüne Wiesen mit zahlreichen Schafen. Wirklich schön hier – bei dem Namen hatten wir ja auch einiges erwartet 😉

Dennoch ziehen wir am nächsten Tag weiter, diesmal eine noch kürzere Distanz von nur gut 5 Seemeilen bis

Talgjeholmen

Bei Sonnenschein und wenig Wind erscheinen uns diese kleinen Inselsprünge genau richtig: selbst mit kaum einem Knoten Fahrt kann man noch auskommen wenn das Ziel so nah ist, und gegen Mittag schon da zu sein eröffnet viele Möglichkeiten, den Nachmittag zu gestalten: Inselwanderungen, Angeltouren oder Schlauchbootausflüge.

Auf Talgjeholmen nutzen wir wieder eine Muringboje des KNBF (ja, es gibt eine Menge davon!) und tun all dies: wir fahren mit dem Schlauchboot zum Einkaufen zweieinhalb Seemeilen weiter,  erkunden die kleine Insel zu Fuß und fangen ein paar Makrelen zum Abendessen vom Grill. Ein malerischer Sonnenuntergang rundet den Tag ab – was will man mehr?

Blick von Talgjeholmen über Talgje

Sauøya

Der Name der nächsten Insel erscheint nicht so verlockend, auf Norwegisch bedeutet er aber ‘Schafsinsel’ – als ob das nicht auf so ziemlich jedes Fleckchen Land hier zutreffen würde …

Sauøya mit Steganlage

Wir fahren wieder nur kurz, nach 7 Seemeilen sind wir am Ziel; ausnahmsweise erwartet uns mal statt einer Muringboje eine solide Steganlage aus Holz mit Grillplatz und Picknicktischen, die norwegische Version des Naherholungsgebiets – kostenlos natürlich, und um diese Jahreszeit völlig menschenleer.

Das Wetter am Mittwoch gibt sich zunächst recht bedeckt, später am Tag kommt aber nochmal die Sonne richtig durch – perfekt um die Cockpitpolster auf dem warmen Holz auszubreiten und den Nachmittag über nochmal Sonne zu tanken, bevor sich diese für längere Zeit verabschiedet.

Fister

Der Wetterbericht sieht nämlich bedrohlich aus: nichts als Regen auf 10 Tage voraus. Aber glücklicherweise ist auf die Wettervorhersage für nächste Woche ja nicht allzuviel zu geben …

Zunächst aber trifft die Prognose zu: in der Nacht beginnt es zu regnen und hört auch nicht mehr auf. Gegen Mittag motoren wir ein kleines Stück herüber zur Festlandsküste, um im Ort Fister einen ‘richtigen’  Hafen mit Stromanschluss aufzusuchen (wichtig für den Luftentfeuchter, um nicht bei lebendigem Leib zu verschimmeln). Nun ja, allzuviel hat Fister nicht zu bieten – das kleine Pier sieht reichlich baufällig aus, und die Vereinsgebäude mit den Duschen sind abgeschlossen – die Saison ist eben vorbei … aber aus den Anschlüssen kommt Strom, und wir können uns trocknen und dem fallenden Regen zuhören …

Rossøysundet

Am Freitag regnet es nur leicht, und der Wind soll schwach aus Ost kommen; wir verlassen also den Hafen und nehmen Kurs Südwest zur Insel Rossøya. Als wir den Schutz der Bucht von Fister verlassen haben staunen wir nicht schlecht: von wegen wenig Wind, mit 5 bis 6 weht es aus Nordost, und als wir die Einmündung des Årdalsfjords passieren, der in dieser Richtung verläuft, können wir kurz auch mal Windstärke 8 vom Windmesser ablesen. So legen wir die kurze Strecke nur mit Vorsegel in erstaunlicher Zeit zurück und haben einen langen Nachmittag zur Erkundung der Insel.

Felsformation an der Küste von Rossøya

Diese ist ein Naherholungsgebiet und mit einem großzügigen, stabilen Holzpier zur freien Nutzung versehen; im vergangenen Jahr waren wir schon einmal hier und wissen daher, was uns erwartet. Als wir ankommen sind wir noch allein und die Insel gehört uns, während wir einen Spaziergang rund um die Insel unternehmen; am Abend treffen dann noch mehrere Motor- und Segelboote ein – ach ja, Freitagabend!

Tau

Auch am Samstag besuchen wir ein bekanntes Ziel: Tau, eine kleine Stadt am südöstlichen Ende der großen Bucht hinter Stavanger; letztes Jahr haben wir hier etliche Tage auf passendes Wetter für einen Ausflug zum Preikestolen am Lysefjord gewartet. Diesmal wollen wir nur einkaufen und – duschen! Der Ort selbst gibt auch nicht viel mehr her, aber die Einrichtungen des (enorm großen!) Sportboothafens sind sehr gut gepflegt und einladend.

Lineholmen

Küstenlandschaft auf Line

Sonntag geht es bei kräftigem Südwind und häufigen Regenschauern weiter Richtung Stavanger; in Lineholmen finden wir ein Naherholungsgebiet mit KNBF-Muring, wo wir die Nacht verbringen. Eine Regenpause am Nachmittag nutzen wir aber auch, um mit dem Dinghi zum Steg überzusetzen und die Insel zu erkunden. Mal wieder können wir nur staunen, dass es solche Angebote in unmittelbarer Nähe der – für norwegische Verhältnisse – Großstadt Stavanger gibt; von der Südseite der Insel scheinen die großen Industriehafenanlagen gegenüber so nah, und hier findet man malerische Natur …

Kvitsøy

Ydstebøhamn / Kvitsøy

Am folgenden Montagmorgen verlassen wir die Bucht von Stavanger und begeben uns nach Kvitsøy – wie schon im letzten Jahr wollen wir von hier den Absprung Richtung Süden wagen. Bis Egersund folgt ein 45 Seemeilen langer Küstenabschnitt vor Jærens Rev und Obrestad, der keinerlei vorgelagerte Inseln oder schützende Häfen zu bieten hat und dem vorherrschenden Südwestwind voll ausgesetzt ist – da soll das Wetter wenigstens halbwegs passen. Ursprünglich hatten wir mal den Mittwoch im Visier, aber nun hat sich der angesagte Westwind schon auf 6 bis 7 Beaufort erhöht (was allein uns ja noch nicht völlig abschrecken würde), und die Wellenhöhe auf 4 bis 8 Meter – und da hört es wirklich auf. Sieht also so aus, als könnten wir längere Zeit hier verbringen ..

Tag 2 (Dienstag): Regen, Hagel, Gewitter und Südsüdwest um 6, Böen bis 8 – kein Tag um das Boot weiter als bis zum Supermarkt zu verlassen.

Tag 3 (Mittwoch): wie befürchtet ist es noch schlimmer als gestern, die signifikante Wellenhöhe hat sich auf knapp 5 Meter erhöht (d.h. bis 9 Meter sind drin), und es bläst mit 7 bis 9 Beaufort in Böen aus Südwest – wir bleiben.

Tag 4 (Donnerstag): gutes Wetter heute, zwischen den Regenschauern kommt immer mal die Sonne durch (gerne auch gleichzeitig mit dem Regen), und es hat nur noch 6 Windstärken, aber wieder aus Südwest … noch ein Hafentag, aber wenigstens hat’s heute für einen Inselspaziergang gereicht!

Tag 5 (Freitag): heute wieder weniger Sonne und immer noch viel Wind aus der falschen Richtung … aber: für morgen zeichnet sich ein brauchbareres Wetterfenster ab! ‘Nur’ noch 2 bis 4 Meter Welle und 5 bis 6 Windstärken – aus West statt Südwest! Keine Traumbedingungen, aber die besten seit einer Woche … hoffen wir mal, morgen Kvitsøy und damit die norwegische Westküste verlassen zu können!

Rund Stadlandet (01.08. – 15.08.)

Prächtiges Segeln gen Südwest

Der August beginnt mit viel Sonne und auch noch brauchbarem Wind; wir verlassen Grip und segeln an Kristiansund vorbei Richtung Südwest – von nun an nähern wir uns langsam aber sicher Stadlandet, welches wir im Mai bei Starkwind überwunden haben. Wie wird es dort wohl auf dem Rückweg sein?

Nächstes richtiges Ziel ist die Insel Ona, welche wir schon auf dem Hinweg besucht haben; für heute ist uns das aber zu weit, wir wollen lieber früh ankommen und legen nach nur 17 Seemeilen am Gästesteg in

Kråkholmen

an. Den sonnigen Nachmittag nutzen wir für eine Fahrradtour in den nahegelegenen Ort Vevang, wo es auch einen Supermarkt gibt. Der Hafen gehört einem Sportbootverein und ist recht klein und verschlafen, aber auch ganz sympathisch.

Donnerstagmorgen brechen wir auf und fahren an der – etwas berüchtigten weil ungeschützten – Küste vor Bud entlang; bei fast gänzlicher Abwesenheit von Wind stellt sich dieser Abschnitt aber recht harmlos dar und wird von uns unter Motor abgefahren. Nach 23 Seemeilen erreichen wir wieder

Ona

wo es uns auf dem Hinweg gut gefallen hat; nun zieht sich aber pünktlich mit unserer Ankunft der Himmel zu, und es beginnt zu regnen – kein Ausflugswetter. Wenigstens gibt es zur Abwechslung mal wieder eine heiße Dusche …

Austnes / Haramsøya

Der Freitag bringt Westwind um 4 Beaufort und damit endlich wieder Segelwind für uns; wir legen unter Segeln ab, fahren aber genau in der engen Hafeneinfahrt der Schnellfähre direkt vor den Bug – da muss doch mal kurz der Motor ran. Dennoch kommen wir nach knapp 20 Seemeilen auf Haramsøya mit deutlich unter einer Stunde Motorbetrieb an – so muss das!

Hier gibt es mal wieder eine Einkaufsmöglichkeit, sonst ist es aber recht unspektakulär. So verlassen wir Austnes am nächsten Morgen wieder und nehmen Kurs Richtung Süden.

Borgarøya / Ulsteinfjorden

Gegen Mittag fahren wir an Ålesund vorbei, und der (Gegen-)Wind frischt immer mehr auf; das letzte Stück durch den Breidsund bis Flø wird ganz schön mühsam, 20 Knoten Wind und 2 Meter hohe, kurze Wellen bremsen uns ganz schön aus, wir brauchen 2 Stunden für 6 Seemeilen.

Entsprechend froh sind wir, als wir Richtung Ulstein abbiegen und nach kurzer Zeit am Schwimmsteg vor Borgarøya festmachen können. Dieser bietet nicht nur kostenloses und sicheres Liegen vor der Kulisse einer historischen Ansiedlung, sondern auch noch – ebenso kostenlosen! – Landstrom. Da das Wetter am folgenden Sonntag noch schlechter werden soll, beschließen wir gleich zwei Nächte hier zu bleiben – und so hören wir den größten Teil des Sonntags den Wind um den Mast heulen und den Regen aufs Deck prasseln.

Volda

Montagmorgen ist es wieder halbwegs trocken, brauchbaren Wind gibt es aber wieder keinen, als wir den Ulsteinfjord Richtung Süden durch ein Gewirr von Inseln und Passagen verlassen. Auf Einladung von Jonny von der ‘Fri’, den wir in Mausundvær kennengelernt haben, besuchen wir Volda und verbringen einen sehr schönen Tag mit ihm und seiner Freundin Guro; wir machen zusammen einen Autoausflug ins Hinterland – welches man ja sonst als Segler nie zu sehen bekommt. Dabei besichtigen wir das Union Hotel in Øye, ein prächtiger Holzbau von 1891, dessen Gästeliste sich wie das Who’s Who des frühen 20. Jahrhunderts liest; obwohl das Hotel nach wie vor in Betrieb ist, kann man die nicht vermieteten Zimmer anschauen, und jedes davon ist eine Sehenswürdigkeit für sich!

Gerne würden wir noch bleiben, aber es zeichnet sich ein gutes Wetterfenster für die Rundung von Stadlandet ab; so verlassen wir am frühen Dienstagnachmittag Volda wieder und fahren 20 Seemeilen bis

Bringsinghaug / Kvamsøya

einem der letzen Häfen vor dem Kap. Damit erschöpft sich auch die Bedeutung des Ortes – falls von einem solchen überhaupt die Rede sein kann.

Am Mittwochmorgen brechen wir also auf; Wind ist nur wenig angesagt, aber die Wellenhöhe soll immer noch bis zu drei Metern betragen. Das mag auch zutreffen, es handelt sich jedoch nur um die lange Dünung, die vom Atlantik auf das Kap rollt, und bereitet uns nicht die geringsten Schwierigkeiten. Was für ein Unterschied zur Umrundung im Mai …

Zielhafen hinter dem Kap ist

Klostervågen / Selja

Die Klosterruine auf Selja

welches wir am frühen Nachmittag erreichen. Hier befinden sich die Ruinen eines ab etwa 1100 erbauten Benediktinerklosters; in alten Zeiten bedeutende Pilgerstätte zu Ehren der heiligen Sunniva, die hier der Legende nach Zuflucht in einer Höhle suchte (und darin umkam).

Rugsund Handelsstad

Der alte Handelsplatz Rugsund

Am Donnerstag machen wir uns wieder auf dem Weg gen Süden; wir fahren nun in den geschützten Fahrwassern zwischen zahlreichen, großen Inseln, die der eigentlichen Fjordküste vorgelagert sind bzw. in diese übergehen – ohne einen Blick in die Karte ist nämlich selten klar, was hier Festland und was Insel ist.

Wir machen einen Einkaufsstop in Måløy und erreichen am Nachmittag Rugsund, wo wir am Gästesteg der alten Handelsstation festmachen. Dazu kommt sogar kurz die Sonne heraus; für den kommenden Tag ist aber Sturm und Dauerregen angesagt, so dass wir beschließen, hier gleich bis Samstag zu bleiben.

Auch am Samstag brechen wir erst spät auf, nach einer guten Seemeile liegt nämlich ein Hindernis im Weg: die Rugsund-Brücke, laut Karte 15 Meter über Hochwasser – etwa anderthalb Meter zu wenig für die ‘Orion’. Also warten wir aufs Niedrigwasser, ehe wir aufbrechen – nur um dann feststellen zu müssen, dass dies nicht nötig gewesen wäre, die Brücke erweist sich nämlich als deutlich höher (wir schätzen etwa 17 Meter über Hochwasser). Die Einheimischen behaupten das auch, nur wäre es schön, wenn das nach etlichen Jahren mal in der Karte korrigiert worden wäre …

Direkt nach dieser spannenden Passage passieren wir den Hornelen, mit 860 Metern die höchste Seeklippe Europas; unmittelbar darunter fühlt man sich sehr, sehr klein, und selbst ein passierendes Seeschiff von 100 Metern Länge wird zu einer Spielzeugausgabe seiner selbst …

Ansonsten bietet der restliche Tag hauptsächlich Gegenwind und bedeckten Himmel, so dass wir ganz froh sind, nach 19 Uhr endlich das Tagesziel zu erreichen: einen kleinen Naturhafen auf der Insel Hovden, den der Bootsclub Florø mit einem soliden Schwimmsteg und einer kleinen, liebevoll eingerichteten  Schutzhütte versehen hat – zur freien Benutzung durch jeden Reisenden!

Svanøybukta

Am Sonntag geht es weiter, und endlich scheint mal wieder die Sonne – dafür gibt es nur äußerst schwachen Wind, ein bis zwei Windstärken aus Südwest. Viel ist das für die schwere ‘Orion’ nicht gerade, aber dafür ist die Tagesdistanz mit 16 Seemeilen auch gering, und wir haben den ganzen Tag Zeit … also dümpeln wir 7 Stunden unter Gennaker an Florø vorbei bis Svanøya. Die Insel erweist sich als nur mäßig hügelig, aber dafür mit ungewöhnlich dichtem Wald bedeckt – als sattgrüner Flecken erscheint sie am Horizont.

Der Gästeanleger in Svanøybukta gehört zum Landhandel und bietet allerlei Annehmlichleiten: Einkaufsmöglichkeit, Strom, Dusche und Benutzung von Waschmaschine und Wäschetrockner. Unbezahlbar allerdings ist der vom Liegeplatz aus gebotene Abendhimmel …

Bulandet

Dennoch verlassen wir die schöne Insel gleich am nächsten Morgen wieder, denn für den Montag ist endlich mal wieder brauchbarer Segelwind angesagt: mit gut 10 Knoten aus Nordost soll es wehen … wieder raus auf die kleinen, vorgelagerten Inseln soll unser Weg führen, gut 23 Seemeilen, da kann man schon wenigstens etwas Wind gebrauchen. Die Realität sieht leider anders aus: Windstärke 1 wird nicht überschritten, und die Richtung ist eher Nordwest … mal wieder muss also der Motor ran. Zwischendurch gönnen wir uns zwar drei Stunden lang die Ruhe unter Segeln, schaffen in dieser Zeit aber nur 5 Seemeilen … so wird das nichts.

Etwas frustriert über das ewige Motoren erreichen wir schließlich Bulandet, die westlichste, dauerhaft bewohnte Inselgruppe des Landes, welche sich selbst gerne als ‘Venedig Norwegens’ bezeichnet – wegen der vielen Brücken, die die unzähligen Inselchen verbinden. Ansonsten hält sich die Ähnlichkeit aber in Grenzen: das Wasser ist kristallklar und stinkt nicht, überall unberührte Natur, keine Touristen, und statt Tauben gibt es Möwen und Seeadler … hier bietet es sich an, am nächsten Tag die Fahrräder auszupacken und eine ausgedehnte Radtour zu unternehmen. Wir können die ganze Inselgruppe entlang bis Værlandet im Osten fahren, und das lohnt sich: tolle Ausblicke alle paar Meter, durchweg hübsche und gepflegte Häuser und vielerlei liebevolle Dekoration in Vorgärten und an Wegkreuzungen … schön hier!

Bulandet, Inselreich weit draußen im Meer

Der anhaltende Sonnenschein trägt dazu natürlich viel bei – und am Mittwoch ist es vorbei damit. In der Nacht beginnt es zu regnen und mit 20 bis 25 Knoten aus Süd zu wehen, und den Wettervorhersagen nach wird sich daran auch in den nächsten Tagen nichts ändern; wir verkriechen uns also unter Deck, trinken Tee und warten auf besseres Wetter …

Rørvik bis Kristiansund (22.07. – 31.07.)

Valøy

Endlich – ein Papageientaucher!

Weiter geht’s Richtung Süden, wir passieren Rørvik und verlassen damit das Helgeland. Anders als die meisten Boote (und wir auf dem Hinweg) tun wir das aber nicht durch den schmalen Sund von Rørvik, sondern 10 – 12 Seemeilen weiter westlich durch die vorgelagerten Inseln. Das Wetter am Sonntag ist halbwegs freundlich, nur Wind gibt es kaum, wir motoren 38 Seemeilen; Höhepunkt des Tages ist ein einzelner Papageientaucher, der seelenruhig mitten auf dem Meer schwimmt – und dafür haben wir uns auf diversen Inseln schon zu Klettertouren verleiten lassen!

Zielhafen am Abend ist Valøy, ein verschlafener, aber netter Ort mit einer Handvoll Häusern; es gibt noch nicht mal einen Aushang, wieviel Liegegeld man entrichten soll – was für ein Kontrast zur gar nicht so weit entfernten Hauptroute der Freizeitschifffahrt! Der nächste Supermarkt ist eine Dreiviertelstunde mit dem Fahrrad entfernt – eine schöne Tour am Montagvormittag.

Nordøyan

Am frühen Nachmittag brechen wir dann wieder auf; da die Flaute inzwischen in Gegenwind übergegangen ist, legen wir nur ein kurzes Stück von 10 Seemeilen bis Nordøyan zurück.

Die Insel beherbergt ein Leuchtfeuer und ist seit dessen Automatisierung nicht mehr permanent bewohnt. Einige der Nachfahren der früher hier lebenden Fischer bemühen sich um den Erhalt der historischen Gebäude, diese treffen wir zufällig an und bekommen viel von der Geschichte des Ortes erzählt, unter anderem vom Schiffbruch der Hurtigrutendampfers St. Swithin am 21. Oktober 1962, der zahlreiche Opfer forderte.

Der Himmel ist inzwischen wolkenlos, wir haben die Insel für uns allein und genießen die besondere Atmosphäre dieses abgelegenen Ortes!

Sørgjæslingan

Nach dem Regen in Sørgjæslingan

Am nächsten Morgen ist der Gegenwind kräftiger geworden, wir warten erst mal ab bis der Südwest wieder etwas nachlässt und fahren dann kaum 10 Seemeilen weiter nach Sørgjæslingan; auch diese Insel ist ein alter Fischerort, vor 100 Jahren sollen hier während der Saison mehrere Tausend Menschen gelebt haben – heute unvorstellbar, wenn man die kleine Insel mit ihren wenigen Häusern sieht. Dennoch ist hier mehr los, etliche Sommerhäuser sind bewohnt, und der historische Laden öffnet zweimal täglich für eine Stunde (verkauft aber heutzutage eher Andenken als Lebensmittel).  Ein paar Regenfelder ziehen auf, am Abend setzt sich aber die Sonne nochmal durch und schenkt uns einen Regenbogen.

Villa Hamn

Wieder können wir erst spät aufbrechen, nur 13 Seemeilen liegen vor uns, und bei schwachem Westwind erreichen wir in Richtung Südosten die Festlandküste bei Flatanger bzw. die ihr vorgelagerte Insel Villa. Für die Nacht machen wir fest an einem kleinen Anlegesteg, der für Besucher des Leuchtfeuers Villa gedacht ist; dieses war 1839 als kohlenbefeuerter Leuchtturm erbaut worden und das erste Leuchtfeuer überhaupt in Norwegen nördlich Trondheims.

Am nächsten Morgen scheint auch mal wieder die Sonne, so dass es lohnend erscheint, den gut 100 Meter hohen Berg auf Villa zu besteigen; die Aussicht ist mal wieder toll …

Aussicht vom Villafjellet über die Küstenlandschaft vor Flatanger

Was für ein Unterschied zum Hinweg, als wir uns tagelang bei grauem Himmel und Gegenwind im Schutz der 1000 Inselchen nach Rørvik vorgekämpft haben … so ist es deutlich besser!

Halten

Gegen Mittag legt auch der Wind zu, und so brechen wir auf zur langen Überfahrt nach Halten, einer kleinen Insel, welche das Ende der sich von Frøya im Südwesten herauf erstreckenden Inselkette markiert. 43 Seemeilen lang ist die Überfahrt, und ein zunehmend kräftiger Nordostwind (zum Abend  5 bis 6 Beaufort) schiebt uns herüber – endlich mal wieder machen wir ordentlich Strecke unter Segeln!

Halten empfängt uns mit einer besonderen Atmosphäre der Abgeschiedenheit – hier ist man wirklich weit draußen. Dennoch ist die Insel, wenigstens in den Sommermonaten, bewohnt; der Leuchtturm ist natürlich – wie überall – längst automatisiert.

Überall sehen wir unzählige Seevögel, und auch ein paar Papageientaucher – nach denen wir doch so lange gesucht haben – spazieren einfach so auf der Hafenmole herum …

Mausundvær

Auch der Freitagnachmittag hält noch etwas Nordostwind für uns bereit, so dass wir 27 Seemeilen die Inselkette entlang bis Mausundvær segeln können. Es ist auch den ganzen Tag sonnig, dennoch ist es im Wind kalt, und die vorm Wind weit offen stehenden Segel werfen auch noch Schatten aufs Boot. Erst in der Windabdeckung des alten Fischereihafens ändert sich das schlagartig, und wir verbringen einen schönen, langen Abend bei sommerlichen Temperaturen und Rosé im Cockpit unseres norwegischen Nachbarn von der ‘Fri’.

Sula

Leuchtfeuer Sula

Samstag dreht der Wind zunehmend auf Ost und wird wieder stärker; wir erledigen noch Einkäufe und fahren dann noch ein kleines Stück weiter nach Sula, wo wir den für den kommenden Tag angesagten Frontendurchzug abwarten wollen.

Erst mal aber scheint noch prächtig die Sonne, es wird annähernd 30 Grad warm, und das an einem Haus gesehene Schild ‘Costa del Sula’ bestimmt das Motto des Abends.

Am Sonntag ist es dann tatsächlich regnerisch und der Wind dreht auf Südwest – ein Hafentag, der es auch erlaubt endlich mal den Reisebericht weiterzuschreiben 🙂

Veiholmen

Im inneren Hafen von Veiholmen

Am nächsten Tag ist das schöne Wetter zurück, wir verlassen Sula und fahren bei wenig Wind auf die Insel Veiholmen, nördlich Smøla; noch ein kleiner Fischerort mit einem äußerst verwinkelten Hafen – mehrmals denkt man, es ginge nicht mehr weiter, um dann unmittelbar vor einem Felsen rechtwinklig abzubiegen. Gutes Angelglück unterwegs beschert uns ein Abendessen frisch vom Grill, und der Ort mit all seinen gepflegten Holzhäusern ist hübsch anzusehen.

Grip

Grip – wenn der tägliche Ausflugsdampfer abgelegt hat herrscht hier Ruhe …

Am letzten Tag des Monats geht es schließlich (mit ebenso wenig Wind wie am Vortag) nach Grip – wieder eine alte Fischersiedlung auf den Außenschären vor Kristiansund. Hier ist allerdings deutlich weniger los als auf Veiholmen – kein Geschäft und keine permanente Besiedlung, aber auch hier sind die alten Häuser als Sommerhäuser liebevoll restauriert.

Helgeland (10.07. – 21.07.)

Selvågen / Fleina

Der Küstenabschnitt, der nun vor uns liegt, gehört zum Helgeland, dem südlichen Teil der norwegischen Provinz Nordland; vor der Christianisierung Norwegens war dies mal ein eigenes Königreich, welches in vielen der alten nordischen Sagas eine Rolle spielt.

Blick von Selvågen auf Fugløya

Über 30 Seemeilen fahren wir bei wenig Wind und ruhigem Wasser durch diese von unzähligen Inseln vorm Panorama der Gebirge auf dem Festland geprägte Landschaft; am Abend ankern wir wieder, diesmal in der Bucht Selvågen auf der Insel Fleina. Die Ankerbucht ist nicht ganz so spektakulär wie die letzte, bietet aber dafür einen schönen Blick auf die Nordseite der Insel Fugløy – diejenige, von der aus wir vor genau einem Monat die Überfahrt auf die Lofoten unternommen haben; hier schließt sich somit der Kreis …

Bolga

Kurz nach dem Aufbruch am nächsten Tag kreuzen wir also unser Fahrwasser vom Hinweg; ansonsten führt uns der Weg wie am Vortag weiter Richtung Süden, diesmal sogar mit raumem Wind unter Segeln. Am Horizont zeichnet sich bereits der Svartisen-Gletscher ab, welchen wir am nächsten Tag besuchen wollen.

Engen / Holandsfjord

Es sind von Bolga aus nur 15 Seemeilen in den Holandsfjord hinein bis Engen, wo der Engabreen, einer der vielen Ausläufer des Svartisen-Gletschers, fast bis an den Meeresspiegel heranreicht. Seit Tagen versprechen die Meteorologen vom norwegischen Wetterdienst für den Donnerstag blendendes Wetter: wolkenlose Sonne rund um die Uhr. Entsprechend erstaunt sind wir, als wir nach dem Aufstehen nur eine einzige, durchgängige Wolkendecke sehen … schnell nochmal die Vorhersagen aktualisiert, aber es bleibt dabei: während draußen alles grau ist, behaupten die Wettertrolle unverändert, dass zur jetzigen Zeit an ebendiesem Ort die Sonne strahlt … na, dann kann es sich ja nur um ein lokales Phänomen handeln, denken wir, und fahren die 15 Seemeilen in den Fjord. Dabei ändert sich aber nichts: den gesamten Tag sehen wir kein noch so kleines Stückchen Himmel und keinen Sonnenstrahl, während die laufend aktualisierten Wetterberichte im Internet unverändert von strahlendem Sonnenschein künden. Offenbar muss es ein zweites Norwegen in einem Paralleluniversum geben, für das der Wetterbericht gemacht ist …

Am kommenden Morgen ist das Wetter zwar alles andere als schön, aber wenigstens hängen die Wolken etwas höher, so dass man wenigstens die Gletscherzunge erkennen kann.

Wir verabschieden uns mit diesem Anblick und fahren zurück Richtung Meer, an Bolga vorbei und weit hinaus bis zur kleinen Insel

Myken

Myken: klein, aber fein

Früher ein Zufluchtsort für die Fischer, zählt die Insel heute noch 9 feste Einwohner – und zahlreiche Sommerhäuser. Immerhin befindet sich hier auch die nördlichste Whiskybrennerei der Welt, und die einzige oberhalb des Polarkreises …

Am Samstag setzen wir unseren Weg gen Süden fort, weiter entlang der äußersten Kette vorgelagerter Inseln; nächstes Ziel ist

Træna

Die markanten Gipfel von Sanna / Træna

eine weitaus bevölkerungsreichere Inselgruppe mit immerhin 456 Einwohnern – verteilt auf die 5 bewohnten von insgesamt über 1000 Inseln und Inselchen … dafür wurden auf Træna aber schon 9000 Jahre alte Besiedelungsspuren gefunden, mit die ältesten in ganz Norwegen.

Damit überschreiten wir auch wieder den Polarkreis – und auf dem Weg nach Süden werden nun die Nächte auch wieder spürbar länger, aktuell geht die Sonne schon für gut zwei Stunden unter. Dies sind aber eher theoretische Werte, denn das Wetter ist anhaltend schlecht, die Sonne lässt sich eh nicht blicken; am Sonntag bläst es dann auch noch mit über 20 Knoten aus Südsüdwest, so dass wir den Tag im Hafen verbringen.

Am Montag den 16. scheint erfreulicherweise endlich mal wieder die Sonne, so dass sich Træna zum Abschied nochmal in seiner ganzen Pracht zeigt. Den ganzen Tag sieht man am Horizont die drei Gipfel immer kleiner werden, bis sie sich schließlich wie ein Scherenschnitt vom Horizont abheben. Wir setzen über nach

Lovund

ein weiteres kleines Inselchen mit einem beeindruckend großen Berg darauf. Hier soll es mal wieder eine große Population an Papageientauchern geben: 40.000 Brutpaare, von denen wir – wie immer – keine Feder zu sehen bekommen. Dafür bietet Lovund aber schöne Wanderwege – und einen tollen Sonnenuntergang!

Skagavågen / Dønna

Dønnmannen (858 m)

Nächste Station ist die Ankerbucht Skagavågen auf der Insel Dønna; es ist zunächst nur schwach windig, und wir fahren erst gegen Mittag in Lovund los, aber dann weht für den Rest des Tages ein beständiger Wind aus Nordnordost mit 8 bis 10 Knoten – genug, um die gut 20 Seemeilen unter ausgebaumtem Gennaker zurücklegen zu können, bei fast glatter See im Schutz der zahlreichen Schären und strahlender Sonne – so macht das Spaß! Von der Ankerbucht aus haben wir einen Auslick auf den größten Berg der Insel Dønna, den Dønnmannen.

Brasøy

Am folgenden Tag geht es weiter nach Brasøy, eine kleine Ansiedlung verteilt über ein paar Inseln südlich von Dønna, die immerhin über einen Bootsverein und einen Gästesteg verfügt – für den Abend ist nämlich ein Kaltfrontdurchzug angesagt, und den wollen wir lieber fest am Steg erleben. Es weht und regnet dann auch ergiebig, aber am nächsten Vormittag ist es wieder trocken, und nachdem wir uns noch im Miniladen versorgt haben, fahren wir weiter gen Südwesten bis

Hamnøya / Vega

einer Ankerbucht im Südwesten der Insel Vega. Im weiten Umkreis finden sich keine Spuren menschlicher Aktivität – keine Sommerhäuser, Stromleitungen, noch nicht mal Pfade an Land. Pünktlich zur Ankunft ist auch der Himmel endlich aufgerissen, und so genießen wir die Abgeschiedenheit und den nächsten Sonnenuntergang …

Die wildromantische Ankerbucht Hamnøya auf Vega

Am folgenden Tag steht Kontrastprogramm an: wir fahren nach

Brønnøysund

Vollbesetzter Gästehafen von Brønnøysund

obwohl wir schon auf dem Hinweg hier waren; aber die Einkaufsmöglichkeiten und vor allem die im Liegegeld eingeschlossene Benutzung von Waschmaschine und Trockner sind verlockend. Aber was für eine Überraschung: während im Juni der Gästehafen ruhig und überschaubar war, platzt er jetzt aus allen Nähten; unzählige Boote kommen und gehen und konkurrieren um zu wenige Liegeplätze. So eine Unruhe sind wir nicht mehr gewohnt …

Aber wir decken uns mit Frischwaren ein und lassen die Waschmaschine mehrmals für uns arbeiten, tanken am nächsten Tag noch etwas Diesel und fahren dann weiter bis

Vågøya / Lyngværet

Ein Schwimmsteg in doppelter Hinsicht …

Unser ‘Cruising Guide’ verspricht hier eine gute Ankerbucht; umso erstaunter sind wir, als wir – gut geschützt im Sund zwischen zwei Schären – einen frei schwimmenden Steg mit Picknicktisch und Grill finden! Kurz nach uns trifft noch ein norwegischer Katamaran ein und macht an der anderen Seite der Plattform fest; so genießen wir den letzten Abend im schönen Helgeland, bevor es am nächsten Tag weiter gen Süden geht.